Nachschrift

Zur Entschuldigung des verspäteten Druckes dieses Schriftchens, dessen Erscheinen einen Monat, nachdem die Meyersche Flugschrift gedruckt und vergessen worden, Manchem eine Heldentat in Falstaff’s Manier scheinen möchte, sehe ich mich genötigt, den Umstand geltend zu machen, dass mir in Altona, wo jene gedruckt ist, das Imprimatur für die meinige verweigert worden. Weil es befremden könnte, dass man der Verteidigung den Mund schloss, nachdem man der Beleidigung freien Lauf gelassen, und damit es Keinem einfalle, der Altonaer Zensurbehörde, die ihr Amt mit so viel Verstand und Gerechtigkeitsliebe, wie irgend eine Zensurbehörde in der Welt, verwaltet, die geringste Schuld bei diesem Verfahren beizumessen, will ich mich bemühen, in wenigen Worten die Konsequenz und die innere Richtigkeit desselben darzutun. Die Zensur ist bekanntlich ihrem Begriff und Wesen nach der absolute Gegensatz der Justiz; sie ist dazu bestimmt, die s. g. Gerechtigkeit von dem Reiche des Gedankens gänzlich auszuschließen, und dasselbe einem höheren, freieren Prinzip, dem der Willkür unterzuordnen. Darum muss sie im geraden Gegensatze eines rechtlichen Verfahrens ohne Berufung, ohne schützende Formen, ohne Verteidigung des Angeklagten, ohne die Zulässigkeit weiterer Prüfung und Erörterung, ohne Entscheidungsgründe mit einem bloßen „nicht zu gestatten“ verdämmen; darum darf der freie Wille eines Zensors an kein Gesetz, an keine Regel, an keine andere Norm, als sein Gefühl, gebunden sein; darum dürfen die Gedanken, die zu einem Buche gehören, in Masse, die unschuldigen mit den schuldigen verdammt werden; darum macht man einen kürzeren Prozess mit dem geistigen Eigentume eines Schriftstellers, als man ihn irgendwo in Deutschland auch nur eines Hellers wegen führen könnte; darum gilt Ansehen der Person bei den Gerichten nichts, und bei der Zensur Alles. Nun ist es bekanntlich der heiligste Grundsatz der Gerechtigkeit, der Verteidigung einen weiteren Spielraum, als der Anklage, der Notwehr als dem Angriff, der zurückgegebenen, als der ohne Anlass zugefügten Beleidigung zu gestatten. Wie ganz und gar dem Geiste und dem Wesen der Zensur gemäß handelt also der Zensor, wenn er auch hier für die Zensur den entgegengesetzten Grundsatz festhält, wenn er der Anklage, dem Angriff, der mutwilligen Beleidigung den freiesten Lauf lässt, die Verteidigung, die Notwehr, die Rettung der gekränkten Ehre hingegen in die engsten Schranken schließt!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Börne und die Juden