9. Schluss

Fassen wir alles zusammen, was in den Abschnitten in möglichst gedrängter Form als das Ergebnis wissenschaftlicher Forschungen und praktischer Erfahrungen festgestellt wurde, so ergeben sich folgende Sätze.

1) Der Mensch bedarf zu seiner Ernährung einer gewissen Menge von Nährstoffen in bestimmten Gewichtsverhältnissen.


2) Daneben muss er, zur Verdauung dieser Nährstoffe und zur Anregung des Nervensystems, noch andre Stoffe aufnehmen, welche an sich zwar nicht nahrhaft sind, aber die Ernährung unterstützen und unter Umständen die Leistung größerer Arbeit erleichtern.

3) Solche Gewürze und Genussmittel können, in mäßigen Mengen genossen, nützlich oder notwendig sein, aber nur unter der Voraussetzung einer gleichzeitigen vollkommnen Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses durch wirklich nahrhafte Kost.

4) Das verbreitetste Genussmittel dieser Art, der Alkohol, wirkt nur in ganz kleinen Portionen und auch so nur vorübergehend im eben bezeichneten Sinne nützlich. Bei größeren Dosen und bei wiederholtem Genuss bleibt die günstige Wirkung aus.

5) Der gewohnheitsmäßige Genuss von Alkohol ist von den schlimmsten Folgen für die Gesundheit begleitet, ganz abgesehen von dem moralischen und wirtschaftlichen Schaden, den er nach sich zieht.

6) Diese schädlichen Folgen sind beim Schnaps viel erheblicher als beim Bier. Der Schnapsgenuss hat vermöge seiner physiologischen Eigenschaften von selbst die Folge einer stetigen Steigerung, was beim Biergenuss nicht der Fall ist.

7) Das Bier enthält nahrhafte Stoffe, doch sind diese so gering, ihm einen merklichen Wert als Nahrungsmittel zu verleiben. Dagegen ist es ein nützliches Gewürz und Genussmittel und sein nicht übertriebener Gebrauch in vielen Beziehungen zu empfehlen.

8) Der Missbrauch des Alkohols wird veranlasst durch das in unsren sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen begründete Bedürfnis nach Genussmitteln, hauptsächlich durch die ungenügende Ernährung eines großen Teils unsrer Bevölkerung.

9) Die Bekämpfung der Trunksucht muss in erster Linie geschehen durch Hebung der wirtschaftlichen Lage der untern Volksklassen. Alles, was die Ernährung erschwert, Steuern auf notwendige Lebensbedürfnisse wie Brot, Fleisch, Beleuchtungsmittel u. s. w. treibt eine große Zahl von Menschen zum Alkoholgenuss und befordert damit seinen Missbrauch.

10) So lange es nicht möglich ist, das Bedürfnis nach Alkohol ganz zu beseitigen, ist es im Interesse des Volkswohls durchaus nötig, den Biergenuss zu begünstigen, welcher überall, wo das Bier leicht zugänglich ist, dem Schnaps erfolgreich Feld abgewinnt.

11) Namentlich der Genuss billigen, nicht zu alkoholreichen Bieres, wie es nur von kleineren, überall zerstreuten Brauereien in genügender Menge geliefert werden kann, ist zu begünstigen. Wird solchen kleineren Gewerbebetrieben durch Verschärfung der Steuern die Möglichkeit, mit Nutzen zu arbeiten, verkümmert, so leidet am meisten der kleine Mann und der Schnapskonsum nimmt gerade in diesen Kreisen am meisten zu.

12) Auch die Begünstigung der nicht alkoholischen Genussmittel verspricht der Trunksucht mit Erfolg entgegenzuarbeiten. Kaffee, Thee und Kakao sind in ihrer Bedeutung als Volksgetränke noch nicht genügend gewürdigt und verdienen als mächtigste Gegenmittel gegen die Verbreitung der Alkoholika auf alle Weise unterstützt und befördert zu werden.