Aus früherer Zeit. Band 1 - Kindheit. 22. Sitten.
Schwedisch-pommersche Zustände auf der Insel Rügen
Autor: Ruge, Arnold (1802 in Bergen auf Rügen-1880 in Brighton) Schriftsteller. 1848/1849 Angehöriger der Frankfurter Nationalversammlung, Vertreter der demokratischen Linken, Erscheinungsjahr: 1862
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Insel Rügen, Tromper Wiek, Heimat, Ostsee, Heimatinsel, Strand, Meer, Fischer, Bauern, Landleben, Franzosenzeit, Sitten und Bräuche, Jugenderinnerungen, Schwedenzeit
Für die Franzosen waren solche Familiensachen nicht so leicht zu entdecken. Selbst die Preußen kamen ihnen erst nach und nach auf die Spur; mit höchst abgeschmackter Romantik haben sie sogar schreiende Missbräuche, z. B. die Selbstergänzung des Stralsunder Rates und die Aneignung der öffentlichen Angelegenheiten dieser Stadt zum Nutzen einiger Familien bestehen lassen, anstatt die Städteordnung der Monarchie einzuführen. Sie hatten die alten Missbräuche auf zwanzig Jahre gewährleistet, haben sie aber weit länger geduldet.
2. Wie der Stralsunder Rat und die Herrn mit dem Depositenkasten ohne Boden die Schwedische Anarchie ausbeuteten, so muss man auf der andern Seite, auf der des Volkes, anerkennen, dass es sich musterhaft selbst in Ordnung hielt. Bei uns zu Hause wurden die Türen nie verschlossen, ja sie waren nicht einmal zum Verschließen eingerichtet, und doch hatte mein Vater manchmal große Summen, die Pacht der Brahe’schen Güter, in seinem Hause. Von Diebstahl, Raub und Mord hörte man für gewöhnlich auf der Insel nichts, und als doch einmal der Schäfer die Zahl seiner Schafe unrechtmäßig vermehrt hatte, machte dies großes Aufsehen und wurde allgemein als eine Ausnahme angesehen. — Nach der Ernte ließ man die Pferde frei auf dem Felde, sie verliefen sich selten, wenn es aber einmal geschah, so beklagte sich kein Nachbar, und um sie wiederzuholen, ging man dem Winde entgegen; so war man sicher, sie anzutreffen.
3. Dem Handel und der Schifffahrt war die milde Schwedische Regierung und alle Abwesenheit von Zöllen und sonstigen Scherereien sehr günstig, und die Seestädte Stralsund, Greifswald, Wolgast und Barth waren reich, obwohl der unentwickelte Zustand des Landes, das sie hinter sich hatten, ihre Unternehmungen in der Hauptsache auf den Kornhandel nach England beschränkte. Dieser war aber damals, wegen der englischen Korngesetze ein wahres Glücksspiel und die Kornhändler wurden ebenso oft arm als reich.
2. Wie der Stralsunder Rat und die Herrn mit dem Depositenkasten ohne Boden die Schwedische Anarchie ausbeuteten, so muss man auf der andern Seite, auf der des Volkes, anerkennen, dass es sich musterhaft selbst in Ordnung hielt. Bei uns zu Hause wurden die Türen nie verschlossen, ja sie waren nicht einmal zum Verschließen eingerichtet, und doch hatte mein Vater manchmal große Summen, die Pacht der Brahe’schen Güter, in seinem Hause. Von Diebstahl, Raub und Mord hörte man für gewöhnlich auf der Insel nichts, und als doch einmal der Schäfer die Zahl seiner Schafe unrechtmäßig vermehrt hatte, machte dies großes Aufsehen und wurde allgemein als eine Ausnahme angesehen. — Nach der Ernte ließ man die Pferde frei auf dem Felde, sie verliefen sich selten, wenn es aber einmal geschah, so beklagte sich kein Nachbar, und um sie wiederzuholen, ging man dem Winde entgegen; so war man sicher, sie anzutreffen.
3. Dem Handel und der Schifffahrt war die milde Schwedische Regierung und alle Abwesenheit von Zöllen und sonstigen Scherereien sehr günstig, und die Seestädte Stralsund, Greifswald, Wolgast und Barth waren reich, obwohl der unentwickelte Zustand des Landes, das sie hinter sich hatten, ihre Unternehmungen in der Hauptsache auf den Kornhandel nach England beschränkte. Dieser war aber damals, wegen der englischen Korngesetze ein wahres Glücksspiel und die Kornhändler wurden ebenso oft arm als reich.