Die Nacht der Ruhe *

Die Nacht nach der Hennanacht heißt Nacht der Ruhe. Man erneuert in derselben die Hennafärbung der Braut, doch ohne Musik. Gegen Abend kommen die Trommelschläger ** in das Haus des Bräutigams. Wenn die Trommeln aufhören, legt man auf einen großen messingenen Teller eine Jacke *** mit Silberbesatz, einen Fußring **** und zwei Paar goldener (oder neusilberner) Armbänder ******, und man geht damit, begleitet von den Trommelschlägern, zum Hause der Braut.

*) Der Name kommt davon, dass es bei dieser Gelegenheit weder Lobgesänge im Sinne des bereits Erwähnten noch bnâder gibt.


**) bedeutet hier eine kleine Musikbande, welche meist aus drei Männern besteht, von denen zwei die große Trommel — die eben tbél heißt — mit je zwei Schlägeln schlagen, während der dritte eine Art Flöte spielt. Das Spiel ist sehr lärmend und monoton.

***) Ärmellose, westenartige Jacke meist aus Seidenstoff, die vorne zugeknöpft wird und bei Hochzeiten reich mit Silberstickerei besetzt ist.

*****) Die großen Ringe, welche die Frauen um die Knöchel tragen. Sie sind meist aus Silber und hohl, um nicht durch ihr Gewicht die Trägerin zu ermüden.

******) Die Armbänder der hiesigen Frauen. Sie sind meist aus Silber und nicht selten vergoldet.

Wenn sie angekommen sind, gehen sie hinein, und die Trommel ertönt, und der Warräsch * sammelt Geld von den Leuten ein, wie er es bereits im Hause des Bräutigams getan hat, — das heißt, er nimmt einen oder zwei Sous von einem der Hochzeitsgäste, und zeigt das den Anwesenden und spricht: „Dies ist von Dem und Dem! So Gott will, feiern wir ein ähnliches Fest bei seiner Rückkehr von der Pilgerreise **!“ oder „bei der Hochzeit seines Sohnes!“ *** oder „So Gott will, feiern wir ein ähnliches Fest bei seiner Hochzeit und bei seiner Rückkehr von der Pilgerreise!“ ****

Und jeder der Anwesenden spendet ***** zwei-, drei-; ja vier- und fünfmal.

Und die Trommelschläger pflegen bis zur Zeit des Nachmittagsgebetes ****** zu spielen, solange eben noch Leute Münzen spenden; doch wenn niemand mehr etwas gibt, gehen die Leute alle weg, und jeder begibt sich nach seiner Wohnung.

Ein Mann, dessen Aufgabe es ist, die Schüssel mit den Schmuckgegenständen zum Hause der Braut zu tragen und dort Geld von den Hochzeitsgästen zu erheben. Vom eingegangenen Gelde wird ein Teil als Abgabe dem immer anwesenden jüdischen Angestellten des Bureaus für Erhebung der staatlichen „Ontributions diverses“ (in diesem Falle also „Vergnügungssteuern“) übergeben, — das Übrige bleibt für die Musiker. Die Hochzeitsgäste sitzen dabei längs der Wände, die Spielleute und der Warrâsch samt dem Juden der Contributions diverses befinden sich in der Mitte.

*) Wörtl.: „hoffentlich beim Besuche beim Propheten“.

**) „bei der Hochzeit (s)eines Sohnes“. Der Werrâsch sagt diese Worte immer nur zu Verheirateten, während er den Junggesellen das Folgende zuruft.

***) Das soll heißen: „Hoffentlich geht's so hoch her bei deiner Hochzeit und bei deiner Rückkunft von der Pilgerfahrt!“.

****) „er spendet“. Das Verbum heißt eigentlich „Etwas irgendwoher pflanzen, aufstellen oder werfen". Hier bedeutet es: „einige Sous dem Werräsch geben“.

*****) Das Nachmittagsgebet fällt etwa zwischen 2 und 3 Uhr.