ARNOUD VAN DER NEER, Sonnenuntergang

ARNOUD VAN DER NEER
(1603 — 1677)
Sonnenuntergang
Eichenholz: h. 0,30, br. 0,49 m

Der Amsterdamer Landschafter Arnoud van der Neer malt meist in kleinem Format das wirkliche Holland ohne fremde Verschönerungen, keine Berge, nichts Italienisches, alles einfach und schlicht, wie er es mit seinen natürlichen Augen sah. Das Wasser fehlt bei ihm niemals. Über sein Leben wissen wir so gut wie nichts. Er kam spät zum Malen, war in seiner Jugend herrschaftlicher Diener, dann Gastwirt und starb in Dürftigkeit, als Künstler wenig geschätzt. Er war zu einfach, zu heimatlich. Heute stellen wir ihn im Range gleich nach dem fünfundzwanzig Jahre jüngeren Jakob van Ruisdael. Er ist poetisch wie dieser und ebenso charaktervoll. Die feste Zeichnung und der an einem Feinmaler, denn das ist er doch, auffallende breite Pinselstrich mögen auf Averkamp, dessen Schüler er war, hinweisen, aber das meiste verdankt er doch seiner eigenen, echten Begabung. Während Averkamp kühl und nüchtern ist, ganz ohne Farbenstimmung, wird bei Van der Neer beinahe alles Tönung und Duft und Schimmer, sogar das Mondlicht wird bei ihm, der ja in der Nähe des großen Braunmalers Rembrandt lebte, verschleiert und bräunlich. Seine gutgezeichnete Figurenstaffage hat dieser tüchtige Künstler selbst in seine Bilder gesetzt, was ja bei den holländischen Landschaftern nicht das Gewöhnliche ist. Seine Bilder sind ungleich, die früheren sorgfältig, die späteren flüchtig ausgeführt. Am bekanntesten sind die Mondscheinlandschaften, manche mit dem Kontrast des glühenden Abendrots oder eines Feuers, aber reizvoller sind seine selteneren Tages- und Abendbilder. Von dieser Art ist unser vorzüglicher Sonnenuntergang aus der Kasseler Galerie (mit dem Monogramm bezeichnet, aber nicht datiert, wie meistens bei ihm). Friedliche Abendstimmung über dem seichten Wasser; die Melkerin geht heimwärts. Durch die spärlichen Bäume schimmern zerstreute Häuser. Alles lebendig empfundene, sprechende Natur, die keiner Erklärung mehr bedarf. A. P.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie