GABRIEL METSU, Der Geflügelverkäufer

Metsu ist in seiner Heimat Leyden aller Wahrscheinlichkeit nach Dous Schüler gewesen, begibt sich aber bald nach Amsterdam, wo er unter den Einfluss Rembrandts und der Haarlemer Figurenmaler Frans Hals und Adriaen van Ostade gerät; außer diesen haben auch noch andere auf ihn eingewirkt, z. B. Terborch, dem er in seinem Genrebild aus dem Leben der besseren Stände sehr nahe kommt, obwohl man nicht sagen kann, wo die beiden miteinander zusammengetroffen sein könnten. Er ist Kabinettsmaler, aber nicht gerade Feinmaler wie Dou, dem er übrigens im Malerischen und auch im geistigen Gehalt seiner Bilder überlegen ist. Obwohl er sich niemals in die Kunststücke der Douschen Kleinmalerei verliert, führt er doch alle Einzelheiten, Stoffe und Pelzwerk und alles Stilleben an Früchten, Blumen und Geflügel bewundernswert aus. Manchmal wendet er die Tonmalerei Rembrandts mit einem vortrefflich durchgeführten Helldunkel an, öfter aber und namentlich in seinen Interieurs mit musizierenden Personen, Familienszenen, Toiletten, ärztlichen Besuchen und einzelnen Figuren oder Halbfiguren in allerlei Beschäftigungen, Briefschreibern, handarbeitenden Frauen u. s. w. — gibt er Lokalfarben, die dann mit großem Geschmack zu einer vorwiegend kühlen Harmonie zusammengestellt zu sein pflegen. Außer diesem feineren „Sittenbilde“ und einigen Bildnissen finden wir bei ihm Marktszenen im Freien mit Personen niederer Stände, die aber niemals derb und burlesk wie bei den Bauernmalern, sondern immer zurückhaltend und sachlich dargestellt sind; diese vorzugsweise haben eine warme, bräunliche Tönung. — Dieser zweiten Gattung gehört unser Bild an, das sich mit seinem Gegenstück, einer „Geflügelverkäuferin“, die stehend einer Alten ein gerupftes Huhn anbietet, während der Händler rauchend daneben sitzt, mindestens seit 1722 in der Dresdener Galerie befindet. Beide sind 1662 datiert, also aus seiner besten Amsterdamer Zeit. Die junge Frau hier mit dem etwas gattungsmäßigen Metsuschen Gesicht zieht unsre Aufmerksamkeit an durch eine ausnehmende Stoffmalerei, das Atlaskleid und den Pelzbesatz und die durch Brusttuch und Schürze scheinenden Farbenreflexe. Der Alte ist vortrefflich, sein Kopf von einer Ausführung wie bei Gerard Dou. Die Tiere und das Stilleben sind vollendet gemalt. Der schattige Winkel mit dem Durchblick auf eine Amsterdamer Gracht gibt dazu einen eindrucksvollen Hintergrund.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Dresdner Galerie