Kuh, Emil (1828-1876) österreichischer Literaturkritiker, Schriftsteller und Journalist

Durch Eigentümlichkeit der Empfindung und Reiz des Ausdrucks zeichnen sich die lyrischen Poesien von Emil Kuh — geboren 13. Dezember 1828 zu Wien und gestorben 30. Dezember 1876 in Meran — vorteilhaft vor der Masse landläufiger Lyrik aus. Seine „Gedichte“ enthalten eine Fülle sangbarer und tiefempfundener Lyrik und sind von zahlreichen Komponisten in Musik gesetzt worden. Auch hat er manche dem Judentum gewidmete, warm empfundene Elegie geschrieben. Als Novellist trat er mit „Drei Erzählungen“ hervor, welche von der frischen Fabulierungskunst und der feinen psychologischen Charakterzeichnung des Verfassers Zeugniss ablegen. Nicht minder bedeutend ist er als Literarhistoriker und nimmt er in dieser Beziehung unter den österreichischen Literarhistorikern eine besonders hervorragende Stelle ein. Seine kritischen Scliriften enthalten eine Fülle neuen Materials und zugleich auch zutreffende Urtheile und maßgebende ästhetische Gesichtspunkte. Ich nenne hier nur seine Werke über „Friedrich Hebbel“, „Adalbert Stifter“ und „Franz Grillparzer“. In Gemeinschaft mit Julius Glaser gab er die „Gesammelten Werke Hebbels“ und mit F. Pachler „Friedrich Halms Nachlass“ heraus. Noch ist seiner vorzüglichen Schrift „lieber neue Lyrik“ und der geschmackvollen Anthologie „Dichterbuch aus Österreich“ zu gedenken. Er stand mit hervorragenden dichterischen Zeitgenossen, wie Friedrich Hebbel, Adalbert Stifter, Franz Grillparzer, Friedrich Halm, L. A, Frankl, Theodor Storm u. a. in anregendem brieflichen Verkehr.

Emil Kuh studierte in Wien Philosophie und Geschichte, trat 1847 in das Geschäft seines Vaters in Triest ein, widmete sich aber schon nach Jahresfrist ganz dem literarischen Beruf. Viele Jahre hindurch war er in Wien als geistvoller und angesehener Literatur-Kritiker an den hervorragendsten Zeitungen und Journalen tätig und erhielt 1864 die Professur der deutschen Sprache und Literatur an der Wiener Handelsakademie. Aus Gesundheitsrücksichten verlegte er einige Jahre später seinen Wohnsitz nach Meran.