Alliance israélite universelle

Die Judennot, besonders der orientalischen Juden, war der Anlass zur Gründung der Alliance, die im Jahre 1860 in Paris erfolgte. Ein feuriger Aufruf begleitete die Statuten, deren Artikel I den Zweck der Vereinigung kennzeichnete. Danach war das Ziel der Alliance:

1. Überall die Emanzipation und den moralischen Fort schritt der Israeliten anzustreben.
2. Denen eingehende Hilfe leisten, die in ihrer Eigenschaft als Israeliten zw leiden haben,
3. Alle Publikationen zu unterstützen, die zu diesem Er gebnis führen können.


Als Wahlspruch erkor man sich:

„Alle Juden bürgen füreinander.“

An die Spitze der Alliance wurde ein Zentralkomitee mit dem Sitze in Paris gestellt (erster Präsident: der Minister A. Crémieux). Die gemeinsame Wahl aller Mitglieder konnte auch Auswärtswohnende in diesen Vorstand entsenden. Die Einrichtung von Landeskomitees mit eigener Wahlberechtigung für das Zentralkomitee (also zur Wahl eines Vorstandes zusammengesetzt nach Landsmannschaften), und anderen Rechten wurde immer abgelehnt. Die bekannte Marokkoangelegenheit förderte die einseitige Betonung und Verbreitung der französischen Kultur so offen zutage, daß sich die deutschen Mitglieder der A. I. U. zwecks energischer Berücksichtigung deutscher Interessen eigens in der sogenannten Deutschen Konferenzgemeinschaft zusammenschlossen, um so mehr als auch die Abnahme der Mitglieder zu einer Reform drängte. —

Die Tätigkeit der Alliance besteht hauptsächlich in der Begründung und Subventionierung von Schulen. Die Unterrichtssprache ist allerorts Französisch, auch den Landessprachen ist Raum gewährt. Die jüdische Ausbildung der Schüler ist jedoch unzureichend, auf die Umgangssprache der Schüler (auf Spanisch, Jüdisch-Deutsch) wird gar keine Rücksicht geübt. Den Forderungen der deutschen Konferenzgemeinschaft wurde durch nachhaltige Verbreitung der deutschen Sprache Rechnung getragen. Die 134 subventionierten Schulen sind fast nur Schulen für die jüngsten Altersklassen (den Gemeindeschulen entsprechend) und verteilen sich auf Nordafrika (37), auf die Türkei (42), auf Persien (14); 10 liegen in Bulgarien. Daneben gab es (1906) noch 32 Lehrlingswerkstätten und 2 Ackerbau schulen (Marokko und Palästina). Im übrigen hat die Alliance in einer Reihe von Fällen zugunsten der bedrängten Juden des Ostens mit Erfolg die Intervention europäischer Mächte an gerufen.

Die Einnahmen der Alliance betragen 1 ½ Millionen Frcs. (nach dem letzten Jahresbericht von 1906), wovon 180.000 Frcs auf Jahresbeiträge der Mitglieder und 263.000 Frcs. auf die Subvention der eng liierten Jewish Colonisation Assoziation entfallen. Die Ausgaben, die fast in der Höhe der Einnahmen sich bewegen, werden zum Teil (1.300.000 Frcs.) für das Schulwerk verwandt. Das Berliner Bureau verursachte 44.730 Frcs. Kosten.

Die Mitgliederzahl der A. I. U. ist durch die tatkräftige Arbeit der deutschen Konferenzgemeinschaft (Vorsitzender: Geh. Kom. Rat Goldberger, weitere Mitglieder des Vorstandes: Charles Hallgarten, Sally Flörsheim, Rabb. Dr. Frank, Justizrat Behrendt, Theod. Oschinsky) in neuerer Zeit gestiegen, in Deutschland verfügen die Lokalkomitees insgesamt über ca. 18.000 Mitglieder. Die gesamte A. I. U. hat nicht viel mehr als das doppelte dieser Zahl. Präsident ist derzeit Narcisse Leven, Vizepräsidenten: S. Reinach und Dr. Netter.

Die deutsche Konferenzgemeinschaft besitzt für ihre Mitglieder seit Ende 1906 die Zeitschrift „Ost und West“.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionistisches Abc-Buch