WEIMAR. Hauptstadt von Sachsen-Weimar.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
Themenbereiche
WEIMAR. Hauptstadt von Sachsen-Weimar.

Haupt- und Stadt-K. Spgot. Halle. Beg. 1498, umgebaut 1735. — Großer Reichtum an Grabmälern (im Inv. werden ihrer 49 beschrieben). Darunter 6 große Wandgräber: 1) für Herzog Joh. Wilhelm † 1573; Triumphbogen in den Formen italienischer Hochrenss. mit einzelnen nordisch-barocken Zügen; — 2) für Herzog Johann III. † 1605 und Gemahlin von L. Tüttich und H. Hünefeld aus Leipzig; die Triumphbogenform klar durchgeführt, die Einzelheiten sehr barock; in der Hauptnische die Ölbergsgruppe; — 3) für die Kurfürstin Agnes † 1555, reliefierte Wandtafel auf hohem Fuß; — 4) für Friedrich Wilhelm I. † 1602; der Herzog und die Herzogin Freifiguren, kniend vor dem Kruzifix; dieses Hauptfeld flankiert von gekuppelten korinth. Sll. mit verkröpftem Gebälk; an dem hohen Sockel und der Attika Relieftafeln; — 5) für Johann Friedrich III. † 1565; das Motiv ähnlich dem Epitaph der Kurfürstin Agnes; — 6) für die Herzogin Dorothea Susanna, Witwe Joh. Wilhelms, † 1592; geteilt durch 4 jonische Pilaster, vor welchen 4 jonische Freisäulen; die Verstorbene dreimal, als Kind, Braut und Witwe (oder mit zwei Töchtern?); Alabaster, roter Marmor und Schiefer. Unter den Grabplatten am meisten bmkw.: 7) Kurfürstin Margarethe † 1521; Bronzeguß aus der Werkstatt P. Vischers, flaches Bildnisrelief, Umrahmung durch einen Kleeblattbg. mit leichter Andeutung von Maßwerk; am Rande der Platte die Umschrift in got. Minuskeln mit einer schmalen Bordüre von renss. Ornament; — 8) Lucas Cranach »pictor celerrimus [pg 420] et consul Witebergensis« † 1553; Sandstein; die Porträtfigur künstlerisch von mäßigem Wert; — 9) Herzog Wilhelm d. Tapfere † 1482; Bronze; die Zeichnung in kühnen derben Umrissen vertieft geschnitten; der Herzog im freien Raume stehend, halb links gewendet; — 10) Joh. Friedrich d. Großmütige und Gemahlin, beide † 1554; zwei Tafeln aus Bronze auf steinernem Sockel; nur mit Wappen und Inschriften; Umschließung durch ein schönes eisernes Gitter; Entwurf des Ganzen vom Maler Peter [Gothland], die Bronzeplatten vom Bildhauer Hermann in Erfurt und dem Büchsengießer Jacob Schlaf in Eisleben; — 11) Kurfürstin Agnes † 1555 (zusammengehörig mit dem Epitaph No. 3); Bronzeplatte, bloß ornamental behandelt, in der Mitte das große Wappen in stärkerem Relief. — Altartriptychon von L. Cranach; des Meisters letztes Werk, in dem seine lange verwahrloste Kunst sich noch einmal hebt; bez. 1552, ein Jahr vor seinem Tode, vollendet von seinem Sohn 1555; auf dem Hauptbilde in der Mitte Christus am Kreuz; links der Auferstandene als Sieger über Tod und Teufel; rechts die Porträtgestalten Luthers und Cranachs, von Johannes dem Täufer auf das Kreuz hingewiesen; auf den Flügeln Porträts der kurfürstlichen Familie; auf den Außenseiten Christi Taufe und Himmelfahrt. — Drei Lutherbildnisse zu einem Triptychon zusammengestellt, das linke bmkw. Original von Veit Thim, die beiden anderen Kopien nach Cranach.

Residenzschloß. Die seit 1651 von Moritz Richter erbaute Wilhelmsburg hatte einen ähnlich unbewegt mäßigen und düsteren Charakter wie der Friedenstein in Gotha. Nach Brand 1774 unter Goethes Leitung Um- und Neubau (bis 1803). Architekten: Steiner, Ahrens, Thouret, Genz. Drei Flügel umgeben einen rck. Hof, der an der vierten Seite frei bleibt; mäßig gegliedert; Formen nüchtern neuklassisch. Vor der SWEcke einige von dem älteren Schloß gerettete Baulichkeiten: der Schloßturm, im Unterbau von 1439, in den Obergeschossen E. 18. Jh.; die »Bastille« mit großem renss. Tor um 1550, Säulenhalle an der Parkseite aus 17. Jh.

Rotes Schloß, 1574 als Witwensitz der Herzogin Susanna erbaut; der Erker beraubt und sonst einfach.

Gelbes Schloß, im selben Gebäudekomplex wie das vorige; 1702.

Grünes Schloß (jetzt Bibliothek), in ursp. reicher, an den Schauseiten durchaus bemalter Renss.; 1760 und 1803 das Äußere vereinfachend umgebaut, das Innere rok.

Wittumspalais, erb. nach 1750 in bescheidenen Formen.

Stadthaus 1526-1547. — Haus der Familie v. Lützelburg [pg 421] (jetzt Staatsanwaltschaft) 1568. — Cranachhaus am Markt (von C. bewohnt 1552-53), wesentlich E. 16. Jh. — Haus Herderplatz No. 16, ehemals dem Deutschorden gehörig, 1566, Renss. strengerer Richtung. — Das Goethe- und das Schillerhaus; neben ihrem Erinnerungswert als Typen des vornehmeren und des bescheideneren mitteldeutschen Bürgerhauses am E. 18. Jh. nicht uninteressant. — Ein ähnliches Doppelinteresse bietet der Park mit seinen Ziergebäuden aus Goethes Zeit.