Volksspiele in Tirol.
Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 6. 1888
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Sitten, Bräuche, Fingerhakeln, Gebirgsgegenden, Kirchweih, Wettkampf, Kämpfer, Tradition, Brauchtum
Alte Sitten und Gebräuche erhalten sich nirgends so rein in ihrer ursprünglichen Form, wie in Gebirgsländern, wo die Bevölkerung vom großen Strom des modernen Lebens, welcher die nationalen und Stammesunterschiede fortdauernd mehr und mehr verwischt, nur wenig berührt wird. In hervorragender Weise gilt dies von den Tirolern, welche ihre Stammeseigentümlichkeiten so treu zu bewahren gewusst haben, dass ihr Volksleben für den Beobachter einen ganz eigenen Reiz hat. Besonders gewähren die Volksspiele in Tirol, deren unsere Illustration auf S. 149 verschiedene darstellt, einen anziehenden Anblick. Dieselben zielen vorzugsweise darauf ab, im friedlichen Wettkampf eine möglichst große körperliche Kraft und Gewandtheit an den Tag zu legen.
****************************************************
****************************************************
Unsere Skizze 1 veranschaulicht das auch im bayrischen Hochgebirge übliche Fingerhakeln, welches besonders Sonntags oder bei der Kirchweih stattfindet. Nachdem, wie Sitte und Brauch in den Bergen es verlangen, eine förmliche Herausforderung vorangegangen ist, sucht jeder der beiden Gegner, welche sich gegenseitig mit dem Mittelfinger zusammenhaken, den Anderen zum Wanken zu bringen oder zu Boden zu reißen, indem er sich aus Leibeskräften anstrengt, ihn zu sich herüberzuziehen, wobei besonders viel darauf ankommt, durch kräftiges Auftreten auf den Boden einen möglichst festen Stützpunkt zu gewinnen. Um in der Bewegung weniger behindert zu sein, haben die beiden Kämpfenden Jacke und Hut abgeworfen. Nicht selten kommt es beim Fingerhakeln vor, dass ein danebenstehender Tisch mit Allem was darauf steht und liegt, mit in den Sturz gerissen wird. Auch gibt es mitunter stämmige Burschen, welche es mit zwei Gegnern zugleich aufnehmen und beide mit einem Finger herüberziehen. Am beliebtesten ist dieses Spiel in den Tälern zwischen Inn und Isar. Da treiben es schon die kleinen Jungen miteinander, und wenn der Gaisbub oben keinen Kameraden findet, da fordert er wohl die Gaisen heraus und hakelt mit den Hörnern des Gaisbocks.
— Ein höchst eigenartiges Volksspiel ist ferner das auf Skizze 2 dargestellte Hosenlaufen, das besonders gern bei Kirchweihen und ähnlichen ländlichen Festlichkeiten im Zillertal und an anderen Orten Tirols veranstaltet wird. Dasselbe besteht in einem Wettlaufen, wobei immer je zwei der Wettläufer über ihre Hosen noch zusammen eine zweite Hose angezogen haben, und zwar so, dass der Eine im linken und der Andere im rechten Hosenbeine steckt. Diese gemeinschaftlich angezogene Hose wird oben an den Gürteln befestigt. So müssen nun die Paare nach einem bestimmten Ziel laufen; die, welche während des Laufes stürzen, dürfen nicht mehr mitkonkurrieren, die zuerst am Ziele anlangenden beiden Glücklichen aber erhalten den Preis.
— Noch aufregender wie die zuvor geschilderten Volksspiele ist das auf Skizze 3 dargestellte Hosenrecken, wobei vor einem größeren Kreis von Zuschauern im Freien mehrere Paare von Kämpfern gleichzeitig auftreten. Hier ist eine möglichst freie Bewegung des Körpers noch wichtiger, als bei dem Fingerhakeln, so dass alle Kleidungsstücke bis auf Hose und Hemd abgeworfen werden. Jeder sucht nun seinen Gegner an der Hose zu packen und in die Höhe zu schwingen, um ihn dann zu Boden zu werfen. Der Sieger wird mit ungeheurem Jubel begrüßt. Bei diesem Spiel ziehen die kraftstrotzenden Gestalten der ans ihren Alpenhütten zusammengeströmten Burschen gar manchen bewundernden Blick aus der Menge auf sich, und zwar nicht an: wenigsten von Seiten der in ihrer schmucken Tracht recht malerisch sich ausnehmenden ländlichen Schönen, deren Anwesenheit in nicht geringem Maße dazu beiträgt, den Ehrgeiz der rüstigen Kämpfer zur äußersten Anstrengung ihrer Kräfte anzustacheln.
— Ein höchst eigenartiges Volksspiel ist ferner das auf Skizze 2 dargestellte Hosenlaufen, das besonders gern bei Kirchweihen und ähnlichen ländlichen Festlichkeiten im Zillertal und an anderen Orten Tirols veranstaltet wird. Dasselbe besteht in einem Wettlaufen, wobei immer je zwei der Wettläufer über ihre Hosen noch zusammen eine zweite Hose angezogen haben, und zwar so, dass der Eine im linken und der Andere im rechten Hosenbeine steckt. Diese gemeinschaftlich angezogene Hose wird oben an den Gürteln befestigt. So müssen nun die Paare nach einem bestimmten Ziel laufen; die, welche während des Laufes stürzen, dürfen nicht mehr mitkonkurrieren, die zuerst am Ziele anlangenden beiden Glücklichen aber erhalten den Preis.
— Noch aufregender wie die zuvor geschilderten Volksspiele ist das auf Skizze 3 dargestellte Hosenrecken, wobei vor einem größeren Kreis von Zuschauern im Freien mehrere Paare von Kämpfern gleichzeitig auftreten. Hier ist eine möglichst freie Bewegung des Körpers noch wichtiger, als bei dem Fingerhakeln, so dass alle Kleidungsstücke bis auf Hose und Hemd abgeworfen werden. Jeder sucht nun seinen Gegner an der Hose zu packen und in die Höhe zu schwingen, um ihn dann zu Boden zu werfen. Der Sieger wird mit ungeheurem Jubel begrüßt. Bei diesem Spiel ziehen die kraftstrotzenden Gestalten der ans ihren Alpenhütten zusammengeströmten Burschen gar manchen bewundernden Blick aus der Menge auf sich, und zwar nicht an: wenigsten von Seiten der in ihrer schmucken Tracht recht malerisch sich ausnehmenden ländlichen Schönen, deren Anwesenheit in nicht geringem Maße dazu beiträgt, den Ehrgeiz der rüstigen Kämpfer zur äußersten Anstrengung ihrer Kräfte anzustacheln.