Umriss der mecklenburgischen Verfassung
Aus: Das Landvolk im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
Autor: Bollbrügge, Carl Friedrich Wilhelm Dr. (1798-1846), Erscheinungsjahr: 1835
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Mecklenburg-Schwerin, Landvolk, Verfassung, Bauern, Handwerker, Büdner, Justiz, Polizei, Armenpflege, Verwaltung, Güter
Mecklenburg gehört zu den wenigen Staaten, welche in den Stürmen des neunzehnten Jahrhunderts mit unveränderten Grenzen und unversehrter Verfassung stehen geblieben. — Man zählt im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin auf einen Flächenraum von 228 Quadratmeilen zur Zeit 560.500 Einwohner. Die Mehrzahl dieser Bevölkerung lebt auf dem Lande, und findet ihren Erwerb in Ackerbau und Viehzucht; selbst in den meisten Städten ist der Ackerbau mehr oder weniger ein nicht unbedeutender Erwerbszweig der Bürgerschaft.
Die einzelnen Teile des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin sind:
1) der Mecklenburgische Kreis oder das Herzogtum Schwerin.
2) Der wendische Kreis des Herzogtums Güstrow.
3) Der Rostocker Distrikt und die Stadt Rostock.
4) Die drei Jungfrauen-Klöster mit ihren Besitzungen.
5) Das Fürstentum Schwerin.
6) Die Herrschaft Wismar.
Das flache Land ist in allen Teilen des Großherzogtums in Ämter geteilt. Von dieser Einteilung werden jedoch die meisten ländlichen Besitzungen der Städte nicht ergriffen.
Das Staatsrecht des Großherzogtums ist auf uraltes Herkommen und auf die von dem Fürsten mit den Landständen ständen abgeschlossenen Verträge basiert. Die wichtigsten dieser Verträge sind
1) die sogenannten Sternberg’schen Reversalen von 1572;
2) die Güstrow’schen Reversalen von 1621;
3) der landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755.
Die Landstände des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, nämlich die sogenannte Ritterschaft, bestehend aus den Inhabern fast sämtlicher Landgüter, die nicht zum Domanium gehören, und die sogenannte Landschaft, bestehend aus den von ihren Obrigkeiten repräsentierten städtischen Gemeinden, mit Ausnahme der Städte des Fürstentums Schwerin und der Stadt Wismar, sind mit den Landständen des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz vereinigt. 1) Die gesamte Ritter- und Landschaft teilt sich in drei Kreise, nämlich: den Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardischen; letzterer umfasst das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz (mit Ausnahme des Fürstentums Ratzeburg).
Die Stadt Rostock, welche überhaupt viele bedeutende Privilegien hat und auch in Beziehung auf die ständischen Verhältnisse mehrfache Auszeichnungen genießt, gehört zu keinem Kreis. Ebenso werden auch die drei Klöster zu keinem Kreise gerechnet. — An der Spitze der ständischen Korporationen stehen acht Landräte und drei Erb-Landmarschälle. Die Landräte 2) sind durch ihren Eid dem Landesfürsten verpflichtet, und somit zugleich fürstliche Diener und Organe der Ritter, und Landschaft; sie stehen mit den großherzoglichen Geheim-Räten in gleichem Range und werden in allen wichtigen Landesangelegenheiten von der Landesherrschaft zu Rate gezogen. — Die Landstände beider Großherzogtümer werden alljährlich zu einem Landtage, der abwechselnd in den Mecklenburg-Schwerin’schen Städten Sternberg und Malchin gehalten wird, berufen. Außerhalb Landtags besorgt ein Engerer Ausschuss der Ritter- und Landschaft zu Rostock, bestehend aus zwei Landräten und einigen Deputierten der Ritter- und Landschaft, die ständischen Angelegenheiten. In Rostock befindet sich auch der sogenannte Landkasten, die gemeinschaftliche Kasse für die von der Ritterschaft aufzubringende Kontribution 3) und für die sogenannten Landes-Anlagen und Landes-Nezessarien. — Das wichtigste Recht der Landstände ist die Teilnahme an der Gesetzgebung, besonders in Beziehung auf die auszuschreibenden Steuern. 4) Diese Teilnahme an der Gesetzgebung erstreckt sich jedoch nicht auf das Großherzogliche Domanium und auf die Verhältnisse der Großherzoglichen Dienerschaft.
Über die alljährlich zu erhebende ordentliche Landeskontribution enthält der Landesvergleich von 1755 und einige spätere Gesetze die normierenden Bestimmungen. Die vorkommenden außerordentlichen öffentlichen Abgaben sollen verfassungsmäßig in der Art verteilt werden, dass ein Drittel derselben auf das Domanium berechnet, ein Drittel aber von der Ritterschaft und ein Drittel von den Städten getragen wird. 5)
Das großherzogliche Domanium umfasst beinahe die Hälfte des sämtlichen Grundbesitzes. Ein Teil der Domänen, die seit 1748 erworbenen sogenannten inkamerierten Güter, werden rücksichtlich ihrer Real-Rechte und Pflichten den Ritterschaftlichen Gütern beigezählt und stehen mit diesem in manchen Beziehungen im Verbände.
Die Güter der Ritterschaft sind größtenteils großherzogliche Lehen. Nach dem mecklenburgischen Lehnrechte ist der lehnbare Grundbesitz aber im wesentlichen sehr wenig vom freien Eigentum verschieden. 6)
Die oberste Administration des Großherzogtums ist dem geheimen Staats- und Finanz-Ministerium, welches auch die auswärtigen Angelegenheiten besorgt, und der Regierung und Lehnkammer anvertrauet. Die obere Verwaltung der Domänen und die meisten Regalien hat das Kammerkollegium, und im Betreff der Forsten das mit demselben kombinierte Forstkollegium. 7) — Die Steuer- und Zollangelegenheiten sind der Oberaufsicht der Regierung unterstellt und stehen größtenteils unter Leitung des Steuer- und Zollkollegiums zu Güstrow. Alle Polizeianstalten, namentlich auch die Medizinal-Angelegenheiten, zu deren Betrieb die Medizinal-Kommission in Rostock und mehrere Kreisphysikate angeordnet sind, stehen ebenfalls unter Ober-Aussicht der Regierung.
Als höchster Gerichtshof für Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz besteht das Ober-Appellationsgericht zu Parchim. Ober-Gerichte — Tribunale zweiter Instanz und Gerichtsstellen für die von der Niedergerichtsbarkeit eximierten Landeseinwohner — sind die Justizkanzleien zu Schwerin, Güstrow und Rostock. Die geistliche Gerichtsbarkeit wird teils von dem Konsistorium zu Rostock, teils von den Justizkanzleien, und in Rostock und Wismar von den städtischen Ehegerichten verwaltet. Die Inquisitionen in allen wichtigen Kriminalfällen führt das Kriminal-Kollegium zu Bützow.
Die Kirchen- und Schulsachen leiten unter Ober-Aufsicht der Regierung fünf Superintendenten in den verschiedenen Kirchenkreisen, und in Rostock der Direktor des dortigen geistlichen Ministeriums. 8)
Für die Lokal-Administration der Domainen bestehen Amtsbehörden für die einzelnen oder auch für mehrere kombinierte Ämter, welche auch die Nieder-Gerichtsbarkeit verwalten. — Die ritterschaftlichen Güter haben sämtlich Patrimonialgerichtsbarkeit, und sind auch die Gutsherren zur Polizeiverwaltung in ihren Guter n berechtigt. — Die unmittelbaren obrigkeitlichen Behörden der Städte sind die Magistrate, welche jedoch bei ihren Verfügungen mehr oder weniger an die Zustimmung der Bürgerrepräsentanten gebunden sind. Überdies steht die städtische Administration unter Ober-Aufsicht der Regierung. Die Nieder-Gerichtsbarkeit in den Städten wird in der Regel von großherzoglichen Stadtrichtern verwaltet. Einzelne Zweige der Jurisdiktion gehören jedoch zur Kompetenz des Magistrats, welcher selbst in einigen Städten konkurrierende Jurisdiktionen neben den Stadtgerichten, und in einigen anderen ausschließliche Gerichtsbarkeit hat. 9) Das mecklenburgische Bundeskontingent beträgt 3.580 Mann. Zur Zeit besteht das Militär aus einer Infanterie-Brigade von vier Bataillonen mit einer Batterie Artillerie von acht Kanonen, einem Regiment Chevauxlegers und einer Garnisons-Compagnie in der Festung Dömitz. Hierzu kommt noch ein Corps von fünfzig berittenen Gendarmen, zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes und zur schnelleren Ausübung der Polizeigesetze. — Alle Mecklenburger männlichen Geschlechts, ohne Unterschied des Standes, sind zu einem sechsjährigen Militärdienst verpflichtet, wenn sie das vorgeschriebene Militärmaß haben und ihrer körperlichen Beschaffenheit nach dienstfähig sind. Da aber nicht die sämtliche militärpflichtige junge Mannschaft zur Ergänzung des Militärs erforderlich ist, so wird bei der jährlichen Rekrutierung der wirkliche Eintritt ins Militär durch das Los bestimmt. Die Militärpflicht kann auch durch einen Stellvertreter erfüllt werden.
1) Vor der Reformation gab es auch einen Prälatenstand. Ein Bauernstand — eine Vertretung des Landvolks, wie man z. B. in Schweden findet und wie auch früher in einigen deutschen Staaten z. B. in Württemberg und Ostfriesland vorkam — hat in Mecklenburg nie existiert und auch, den vorliegenden Verhältnissen nach, nicht existieren können. Die zuweilen in offiziellen Schriften vorkommende Floskel: die Ritterschaft vertrete auf Landtagen ihre Bauern und Hintersassen, — hat nur dann einigen Sinn, wenn man dabei lediglich die Verteilung der Steuererlegnisse und ein Beschützungsrecht gegen etwanige willkürliche Eingriffe und Einschreitungen der höchsten Staatsgewalt vor Augen hat. Am übrigen lässt sich historisch nachweisen, dass die Hintersassen der Ritterschaft in früheren Jahrhunderten oftmals eine Vertretung gegen ihre angeblichen Vertreter bedurften und solche bei den gerechtigkeitsliebenden Landesfürsten suchten und fanden. Gleichwohl ist ein großer Teil derselben dem Schicksal, von Bauern in Tagelöhner verwandelt zu werden, nicht entgangen. — Die mecklenburgische Verfassung ist überhaupt keine Repräsentativ-Verfassung im modernen Sinn des Worts. Eine solche ist in einem Staate, in welchem die bei weitem größere Mehrzahl der selbstständigen Landeseinwohner, selbst nach Abrechnung der so überaus zahlreichen Tagelöhner, keinen Grundbesitz hat, auch kaum denkbar. Die Abgeordneten der städtischen Obrigkeiten repräsentieren zwar ihre Gemeinden, und werden auch die drei Kloster von der Ritterschaft und die Grundbesitzer im sogenannten Rostocker Distrikt von der Stadt Rostock vertreten; die Mehrzahl der ständischen Mitglieder — die Rittergutsbesitzer — erscheinen dagegen nicht als Repräsentanten auf dem Landtage, sondern vermöge einer durch ihren Grundbesitz ihnen zustehenden Berechtigung, und zwar zu dem Zwecke, um in Gesetzgebungs- und sonstigen wichtigen Landesangelegenheiten von dem Landesherrn oder dessen Stellvertretern zur Beratung gezogen zu werden, um die von ihnen und ihren Hintersassen zu erlegenden Steuern zu bewilligen und um ihre etwanigen Beschwerden wegen Beeinträchtigung ihrer Privilegien vorzutragen. Dass übrigens die mecklenburgischen Landstände in neuerer Zeit bei ihren Verhandlungen meistenteils das Wohl und Weh des ganzen Landes und nicht bloß ihr eigenes Privatinteresse vor Augen gehabt haben, wird kein Unparteiischer in Abrede nehmen.
2. An Landratsstellen werden von der Ritter- und Landschaft dem Landeiherrn drei Eingesessene vom eingeborenen Adel zur Wahl präsentiert.
Die einzelnen Teile des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin sind:
1) der Mecklenburgische Kreis oder das Herzogtum Schwerin.
2) Der wendische Kreis des Herzogtums Güstrow.
3) Der Rostocker Distrikt und die Stadt Rostock.
4) Die drei Jungfrauen-Klöster mit ihren Besitzungen.
5) Das Fürstentum Schwerin.
6) Die Herrschaft Wismar.
Das flache Land ist in allen Teilen des Großherzogtums in Ämter geteilt. Von dieser Einteilung werden jedoch die meisten ländlichen Besitzungen der Städte nicht ergriffen.
Das Staatsrecht des Großherzogtums ist auf uraltes Herkommen und auf die von dem Fürsten mit den Landständen ständen abgeschlossenen Verträge basiert. Die wichtigsten dieser Verträge sind
1) die sogenannten Sternberg’schen Reversalen von 1572;
2) die Güstrow’schen Reversalen von 1621;
3) der landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1755.
Die Landstände des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, nämlich die sogenannte Ritterschaft, bestehend aus den Inhabern fast sämtlicher Landgüter, die nicht zum Domanium gehören, und die sogenannte Landschaft, bestehend aus den von ihren Obrigkeiten repräsentierten städtischen Gemeinden, mit Ausnahme der Städte des Fürstentums Schwerin und der Stadt Wismar, sind mit den Landständen des Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz vereinigt. 1) Die gesamte Ritter- und Landschaft teilt sich in drei Kreise, nämlich: den Mecklenburgischen, Wendischen und Stargardischen; letzterer umfasst das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz (mit Ausnahme des Fürstentums Ratzeburg).
Die Stadt Rostock, welche überhaupt viele bedeutende Privilegien hat und auch in Beziehung auf die ständischen Verhältnisse mehrfache Auszeichnungen genießt, gehört zu keinem Kreis. Ebenso werden auch die drei Klöster zu keinem Kreise gerechnet. — An der Spitze der ständischen Korporationen stehen acht Landräte und drei Erb-Landmarschälle. Die Landräte 2) sind durch ihren Eid dem Landesfürsten verpflichtet, und somit zugleich fürstliche Diener und Organe der Ritter, und Landschaft; sie stehen mit den großherzoglichen Geheim-Räten in gleichem Range und werden in allen wichtigen Landesangelegenheiten von der Landesherrschaft zu Rate gezogen. — Die Landstände beider Großherzogtümer werden alljährlich zu einem Landtage, der abwechselnd in den Mecklenburg-Schwerin’schen Städten Sternberg und Malchin gehalten wird, berufen. Außerhalb Landtags besorgt ein Engerer Ausschuss der Ritter- und Landschaft zu Rostock, bestehend aus zwei Landräten und einigen Deputierten der Ritter- und Landschaft, die ständischen Angelegenheiten. In Rostock befindet sich auch der sogenannte Landkasten, die gemeinschaftliche Kasse für die von der Ritterschaft aufzubringende Kontribution 3) und für die sogenannten Landes-Anlagen und Landes-Nezessarien. — Das wichtigste Recht der Landstände ist die Teilnahme an der Gesetzgebung, besonders in Beziehung auf die auszuschreibenden Steuern. 4) Diese Teilnahme an der Gesetzgebung erstreckt sich jedoch nicht auf das Großherzogliche Domanium und auf die Verhältnisse der Großherzoglichen Dienerschaft.
Über die alljährlich zu erhebende ordentliche Landeskontribution enthält der Landesvergleich von 1755 und einige spätere Gesetze die normierenden Bestimmungen. Die vorkommenden außerordentlichen öffentlichen Abgaben sollen verfassungsmäßig in der Art verteilt werden, dass ein Drittel derselben auf das Domanium berechnet, ein Drittel aber von der Ritterschaft und ein Drittel von den Städten getragen wird. 5)
Das großherzogliche Domanium umfasst beinahe die Hälfte des sämtlichen Grundbesitzes. Ein Teil der Domänen, die seit 1748 erworbenen sogenannten inkamerierten Güter, werden rücksichtlich ihrer Real-Rechte und Pflichten den Ritterschaftlichen Gütern beigezählt und stehen mit diesem in manchen Beziehungen im Verbände.
Die Güter der Ritterschaft sind größtenteils großherzogliche Lehen. Nach dem mecklenburgischen Lehnrechte ist der lehnbare Grundbesitz aber im wesentlichen sehr wenig vom freien Eigentum verschieden. 6)
Die oberste Administration des Großherzogtums ist dem geheimen Staats- und Finanz-Ministerium, welches auch die auswärtigen Angelegenheiten besorgt, und der Regierung und Lehnkammer anvertrauet. Die obere Verwaltung der Domänen und die meisten Regalien hat das Kammerkollegium, und im Betreff der Forsten das mit demselben kombinierte Forstkollegium. 7) — Die Steuer- und Zollangelegenheiten sind der Oberaufsicht der Regierung unterstellt und stehen größtenteils unter Leitung des Steuer- und Zollkollegiums zu Güstrow. Alle Polizeianstalten, namentlich auch die Medizinal-Angelegenheiten, zu deren Betrieb die Medizinal-Kommission in Rostock und mehrere Kreisphysikate angeordnet sind, stehen ebenfalls unter Ober-Aussicht der Regierung.
Als höchster Gerichtshof für Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz besteht das Ober-Appellationsgericht zu Parchim. Ober-Gerichte — Tribunale zweiter Instanz und Gerichtsstellen für die von der Niedergerichtsbarkeit eximierten Landeseinwohner — sind die Justizkanzleien zu Schwerin, Güstrow und Rostock. Die geistliche Gerichtsbarkeit wird teils von dem Konsistorium zu Rostock, teils von den Justizkanzleien, und in Rostock und Wismar von den städtischen Ehegerichten verwaltet. Die Inquisitionen in allen wichtigen Kriminalfällen führt das Kriminal-Kollegium zu Bützow.
Die Kirchen- und Schulsachen leiten unter Ober-Aufsicht der Regierung fünf Superintendenten in den verschiedenen Kirchenkreisen, und in Rostock der Direktor des dortigen geistlichen Ministeriums. 8)
Für die Lokal-Administration der Domainen bestehen Amtsbehörden für die einzelnen oder auch für mehrere kombinierte Ämter, welche auch die Nieder-Gerichtsbarkeit verwalten. — Die ritterschaftlichen Güter haben sämtlich Patrimonialgerichtsbarkeit, und sind auch die Gutsherren zur Polizeiverwaltung in ihren Guter n berechtigt. — Die unmittelbaren obrigkeitlichen Behörden der Städte sind die Magistrate, welche jedoch bei ihren Verfügungen mehr oder weniger an die Zustimmung der Bürgerrepräsentanten gebunden sind. Überdies steht die städtische Administration unter Ober-Aufsicht der Regierung. Die Nieder-Gerichtsbarkeit in den Städten wird in der Regel von großherzoglichen Stadtrichtern verwaltet. Einzelne Zweige der Jurisdiktion gehören jedoch zur Kompetenz des Magistrats, welcher selbst in einigen Städten konkurrierende Jurisdiktionen neben den Stadtgerichten, und in einigen anderen ausschließliche Gerichtsbarkeit hat. 9) Das mecklenburgische Bundeskontingent beträgt 3.580 Mann. Zur Zeit besteht das Militär aus einer Infanterie-Brigade von vier Bataillonen mit einer Batterie Artillerie von acht Kanonen, einem Regiment Chevauxlegers und einer Garnisons-Compagnie in der Festung Dömitz. Hierzu kommt noch ein Corps von fünfzig berittenen Gendarmen, zur Aufrechthaltung der Ordnung im Innern des Landes und zur schnelleren Ausübung der Polizeigesetze. — Alle Mecklenburger männlichen Geschlechts, ohne Unterschied des Standes, sind zu einem sechsjährigen Militärdienst verpflichtet, wenn sie das vorgeschriebene Militärmaß haben und ihrer körperlichen Beschaffenheit nach dienstfähig sind. Da aber nicht die sämtliche militärpflichtige junge Mannschaft zur Ergänzung des Militärs erforderlich ist, so wird bei der jährlichen Rekrutierung der wirkliche Eintritt ins Militär durch das Los bestimmt. Die Militärpflicht kann auch durch einen Stellvertreter erfüllt werden.
1) Vor der Reformation gab es auch einen Prälatenstand. Ein Bauernstand — eine Vertretung des Landvolks, wie man z. B. in Schweden findet und wie auch früher in einigen deutschen Staaten z. B. in Württemberg und Ostfriesland vorkam — hat in Mecklenburg nie existiert und auch, den vorliegenden Verhältnissen nach, nicht existieren können. Die zuweilen in offiziellen Schriften vorkommende Floskel: die Ritterschaft vertrete auf Landtagen ihre Bauern und Hintersassen, — hat nur dann einigen Sinn, wenn man dabei lediglich die Verteilung der Steuererlegnisse und ein Beschützungsrecht gegen etwanige willkürliche Eingriffe und Einschreitungen der höchsten Staatsgewalt vor Augen hat. Am übrigen lässt sich historisch nachweisen, dass die Hintersassen der Ritterschaft in früheren Jahrhunderten oftmals eine Vertretung gegen ihre angeblichen Vertreter bedurften und solche bei den gerechtigkeitsliebenden Landesfürsten suchten und fanden. Gleichwohl ist ein großer Teil derselben dem Schicksal, von Bauern in Tagelöhner verwandelt zu werden, nicht entgangen. — Die mecklenburgische Verfassung ist überhaupt keine Repräsentativ-Verfassung im modernen Sinn des Worts. Eine solche ist in einem Staate, in welchem die bei weitem größere Mehrzahl der selbstständigen Landeseinwohner, selbst nach Abrechnung der so überaus zahlreichen Tagelöhner, keinen Grundbesitz hat, auch kaum denkbar. Die Abgeordneten der städtischen Obrigkeiten repräsentieren zwar ihre Gemeinden, und werden auch die drei Kloster von der Ritterschaft und die Grundbesitzer im sogenannten Rostocker Distrikt von der Stadt Rostock vertreten; die Mehrzahl der ständischen Mitglieder — die Rittergutsbesitzer — erscheinen dagegen nicht als Repräsentanten auf dem Landtage, sondern vermöge einer durch ihren Grundbesitz ihnen zustehenden Berechtigung, und zwar zu dem Zwecke, um in Gesetzgebungs- und sonstigen wichtigen Landesangelegenheiten von dem Landesherrn oder dessen Stellvertretern zur Beratung gezogen zu werden, um die von ihnen und ihren Hintersassen zu erlegenden Steuern zu bewilligen und um ihre etwanigen Beschwerden wegen Beeinträchtigung ihrer Privilegien vorzutragen. Dass übrigens die mecklenburgischen Landstände in neuerer Zeit bei ihren Verhandlungen meistenteils das Wohl und Weh des ganzen Landes und nicht bloß ihr eigenes Privatinteresse vor Augen gehabt haben, wird kein Unparteiischer in Abrede nehmen.
2. An Landratsstellen werden von der Ritter- und Landschaft dem Landeiherrn drei Eingesessene vom eingeborenen Adel zur Wahl präsentiert.