Ueber die notwendige Verbesserung der Straßen in Rostock
Autor: Redaktion - Freimütiges Abendblatt, Erscheinungsjahr: 1826
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Rostock, Straßenbau, Verbesserung der Straßen, Fußband, Bürgersteig, Dammbefestigung
Aus: Freimütiges Abendblatt. Achter Jahrgang. Schwerin, den 20ten Februar 1826. 01.
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Inhaltsverzeichnis
- Korrespondenz - Nachrichten.
- Rostock, den 19. Januar 1826
- Wismar, den 12. Februar 1826 - Marktbericht.
- Penzlin, den 14. Februar 1826. - Unglück
- Vermischte Nachrichten
Die Nachricht, welche Sie mir über die intendierte Verbesserung der Straßen in Rostock erteilen, habe ich mit großem Vergnügen gelesen. Es tut aber auch wahrlich Not, dass man ernstlich daran denkt, die gefährlichen Sperrungen längst den Häusern aufzuheben, um den Fußgängern mehr Bequemlichkeit und Sicherheit auf den Straßen zu verschaffen. Unser Freund L.... klagte mir, er sei kürzlich bei der Rückkehr vom Schauspielhause in großer Gefahr gewesen. Ein Wagen ereilt ihn, er will sich nach der Seite des großen Wirtshauses retirieren, bemerkt aber bei dem dämmernden Licht nicht, dass eine Stange davor gezogen ist, rennt dagegen, wird zurückgeschleudert und entgeht kaum der Gefahr, von den Pferden zertreten zu werden. Steht man auf dem Markte, so sollte man glauben, man sei in einer großen Stadt, geht man aber in den Straßen umher, so findet man vor den Häusern die deutlichsten Spuren einer kleinstädtischen Bauart. Ich befand mich einst in der Gesellschaft des berühmten Baumeisters S..., der vor einigen Jahren in Rostock war. Dieser äußerte Nachstehendes:
„Wenn man aus der Bauart auf die Denkart der Einwohner schließen darf, so müssen hier sehr egoistische Menschen wohnen; denn aus der Sperrung der Straßen längst den Häusern durch hölzerne, steinerne und eiserne Barrieren ersieht man deutlich, dass jeder für sich und niemand fürs Publikum sorgt.“
— Ein Rostocker erwiderte:
„Jeder ist sich auch selbst der Nächste. Wenn ich keine Barriere vor meinem Hause hätte, so könnte ich mir alle 3 Jahre eine neue Kellerluke machen lassen; und wer will sich auch ins Fenster sehen lassen, wenn man eine junge Frau oder erwachsene Töchter hat?"
— Ein Gelächter unterbrach diese patriotischen Äußerungen. Die Sache ernsthaft betrachtet, muss man sich wundern, wenn man die oft mit Wagen und Pferden vollgepropften Gassen, das Jagen der Schlitten und Wagen sieht, und bemerkt, wie die Fußgänger von einem Hause zum andern durch die Barrieren in die Fahrgasse gewiesen werden, dass nicht mehr Unglücksfalle statt finden; aber die Rostocker sind schon darauf geübt, sich um die Barrieren herum zu winden. In einer Stadt, die so lebhaften Handel treibt, worin die Häuser mit Speichern abwechseln, ja oft selbst Speicher sind; in einer Stadt, worin eine Akademie [Universität] ist, worin die Vornehmsten des Landes ihre Zusammenkünfte halten und worin die Dienstmädchen schon anfangen, mit Schleppkleidern zu gehen, sollte doch wohl, bei der sonst guten Polizei, etwas mehr für die Fußgänger gesorgt werden.
Doch zur Hauptsache. Sie wünschen zu wissen, wie die Fußbänke oder Trottoirs angelegt werden müssen und welche Materialien man dazu nimmt? Ich erwidere: Die Fußbank muss zwischen dem Hause und der Gosse, oder dem Rinnsteine, etwas höher liegen, als die Gasse selbst, damit es vermieden werde, dass, wenn die Gasse durch Schnee und Eis erhöht wird, beim Thauwetter oder bei starken Regengüssen das Wasser nicht gegen die Häuser drängt. Ich würde sie einen guten Fuß höher legen; denn da die Fußbänke von Schnee und Eis rein gehalten werden müssen, so werden sie in dem Maaße niedriger, als die Gasse durch Schnee erhöht wird. Die Breite lässt sich nicht genau bestimmen, sie richtet sich nach dem Lokale, gewöhnlich macht man sie so breit, dass 3 bis 4 Personen nebeneinander gehen können; oft muß man aber auch mit geringerer Breite vorlieb nehmen. Allein in jeder Straße muss die Breite sich gleich bleiben und nicht, wie jetzt die Fliesengänge, bald schmal und bald breit sein. Das beste Material dazu sind Fliesen, es müssen solche aber nicht geschliffen sein, weil diese zu schlüpfrig sind. Man kann die geschliffenen Fließen auch gebrauchen, nur muss man sie durch Rinnen rauh machen und dies von Zeit zu Zeit, wie sie sich glätten, wiederholen. Ein andres Material sind Klinker, die man auf der hohen Kante einmauert. Wohlfeiler ist das Abdämmen mit kleinen Steinen, zwischen welche man dünnen Erdkalk gießt, hierauf sogleich Kies streut und diesen gut einfegt. Auch kann man diese Fußbänke macadamisieren, es müssen aber dabei die klein geschlagenen Felssteine so stark in einander gerammt werden, dass sie gleichsam einen Stein bilden. Will man diese kleinen Steinstücke, die nicht über ein loch schwer sein dürfen, fest treten lassen, so zerreißt man sich die Schuhe und martert die Füße. Durch einen Überguss von Kalk oder Gips lassen sich diese möglichst klein geschlagenen Stücke nicht befestigen, er muss gänzlich vermieden werden; dagegen dringen diese Stückchen durch das Rammen in einander und befestigen sich ohne allen Mörtel. Eine Reihe größerer Steine längst der Rinne gibt dem Damme die Festigkeit.
Der Idee, dass jeder vor seinem Hause seine Fußbank selbst legen lassen soll, kann ich meinen Beifall nicht schenken; denn soll die Arbeit gut werden, so muss ein Baumeister das Ganze leiten und ordnen. Die Kosten kann man verhältnismäßig verteilen, wenn man nicht etwa das ganze Publikum — da jeder doch davon Gebrauch macht — mit zuziehen will. Ich würde raten, alle Einwohner der ganzen Stadt beitragen zu lassen, und alsdann nach und nach die Arbeit erst in den Hauptstraßen, alsdann in den Nebenstraßen vorzunehmen, damit der jedesmalige Beitrag nicht so bedeutend werde. Wenn die Rostocker so vielen Patriotismus besitzen, um diese Verbesserung gehörig auszuführen, so werde ich meinen Hut abnehmen, wenn ich vor dem Rathaus vorbei gehe; ich zweifle aber sehr daran, denn ich habe nur zu oft bemerkt, dass sie sich von dem Grundsatze nicht überzeugen können: man müsse einer Stadt die möglichsten Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten verschaffen, wenn man wolle, dass reiche Leute sich darin niederlassen und Wohlstand um sich verbreiten sollen.
„Wenn man aus der Bauart auf die Denkart der Einwohner schließen darf, so müssen hier sehr egoistische Menschen wohnen; denn aus der Sperrung der Straßen längst den Häusern durch hölzerne, steinerne und eiserne Barrieren ersieht man deutlich, dass jeder für sich und niemand fürs Publikum sorgt.“
— Ein Rostocker erwiderte:
„Jeder ist sich auch selbst der Nächste. Wenn ich keine Barriere vor meinem Hause hätte, so könnte ich mir alle 3 Jahre eine neue Kellerluke machen lassen; und wer will sich auch ins Fenster sehen lassen, wenn man eine junge Frau oder erwachsene Töchter hat?"
— Ein Gelächter unterbrach diese patriotischen Äußerungen. Die Sache ernsthaft betrachtet, muss man sich wundern, wenn man die oft mit Wagen und Pferden vollgepropften Gassen, das Jagen der Schlitten und Wagen sieht, und bemerkt, wie die Fußgänger von einem Hause zum andern durch die Barrieren in die Fahrgasse gewiesen werden, dass nicht mehr Unglücksfalle statt finden; aber die Rostocker sind schon darauf geübt, sich um die Barrieren herum zu winden. In einer Stadt, die so lebhaften Handel treibt, worin die Häuser mit Speichern abwechseln, ja oft selbst Speicher sind; in einer Stadt, worin eine Akademie [Universität] ist, worin die Vornehmsten des Landes ihre Zusammenkünfte halten und worin die Dienstmädchen schon anfangen, mit Schleppkleidern zu gehen, sollte doch wohl, bei der sonst guten Polizei, etwas mehr für die Fußgänger gesorgt werden.
Doch zur Hauptsache. Sie wünschen zu wissen, wie die Fußbänke oder Trottoirs angelegt werden müssen und welche Materialien man dazu nimmt? Ich erwidere: Die Fußbank muss zwischen dem Hause und der Gosse, oder dem Rinnsteine, etwas höher liegen, als die Gasse selbst, damit es vermieden werde, dass, wenn die Gasse durch Schnee und Eis erhöht wird, beim Thauwetter oder bei starken Regengüssen das Wasser nicht gegen die Häuser drängt. Ich würde sie einen guten Fuß höher legen; denn da die Fußbänke von Schnee und Eis rein gehalten werden müssen, so werden sie in dem Maaße niedriger, als die Gasse durch Schnee erhöht wird. Die Breite lässt sich nicht genau bestimmen, sie richtet sich nach dem Lokale, gewöhnlich macht man sie so breit, dass 3 bis 4 Personen nebeneinander gehen können; oft muß man aber auch mit geringerer Breite vorlieb nehmen. Allein in jeder Straße muss die Breite sich gleich bleiben und nicht, wie jetzt die Fliesengänge, bald schmal und bald breit sein. Das beste Material dazu sind Fliesen, es müssen solche aber nicht geschliffen sein, weil diese zu schlüpfrig sind. Man kann die geschliffenen Fließen auch gebrauchen, nur muss man sie durch Rinnen rauh machen und dies von Zeit zu Zeit, wie sie sich glätten, wiederholen. Ein andres Material sind Klinker, die man auf der hohen Kante einmauert. Wohlfeiler ist das Abdämmen mit kleinen Steinen, zwischen welche man dünnen Erdkalk gießt, hierauf sogleich Kies streut und diesen gut einfegt. Auch kann man diese Fußbänke macadamisieren, es müssen aber dabei die klein geschlagenen Felssteine so stark in einander gerammt werden, dass sie gleichsam einen Stein bilden. Will man diese kleinen Steinstücke, die nicht über ein loch schwer sein dürfen, fest treten lassen, so zerreißt man sich die Schuhe und martert die Füße. Durch einen Überguss von Kalk oder Gips lassen sich diese möglichst klein geschlagenen Stücke nicht befestigen, er muss gänzlich vermieden werden; dagegen dringen diese Stückchen durch das Rammen in einander und befestigen sich ohne allen Mörtel. Eine Reihe größerer Steine längst der Rinne gibt dem Damme die Festigkeit.
Der Idee, dass jeder vor seinem Hause seine Fußbank selbst legen lassen soll, kann ich meinen Beifall nicht schenken; denn soll die Arbeit gut werden, so muss ein Baumeister das Ganze leiten und ordnen. Die Kosten kann man verhältnismäßig verteilen, wenn man nicht etwa das ganze Publikum — da jeder doch davon Gebrauch macht — mit zuziehen will. Ich würde raten, alle Einwohner der ganzen Stadt beitragen zu lassen, und alsdann nach und nach die Arbeit erst in den Hauptstraßen, alsdann in den Nebenstraßen vorzunehmen, damit der jedesmalige Beitrag nicht so bedeutend werde. Wenn die Rostocker so vielen Patriotismus besitzen, um diese Verbesserung gehörig auszuführen, so werde ich meinen Hut abnehmen, wenn ich vor dem Rathaus vorbei gehe; ich zweifle aber sehr daran, denn ich habe nur zu oft bemerkt, dass sie sich von dem Grundsatze nicht überzeugen können: man müsse einer Stadt die möglichsten Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten verschaffen, wenn man wolle, dass reiche Leute sich darin niederlassen und Wohlstand um sich verbreiten sollen.