Wie man aus Barmherzigkeit rasiert wird.

In eine Barbierstube kommt ein armer Mann mit einem starken, schwarzen Bart, und statt eines Stücklein Brotes bittet er, der Meister soll so gut sein und ihm den Bart abnehmen um Gottes willen, dass er doch auch wieder aussehe wie ein Christ. Der Meister nimmt das schlechteste Messer, wo er hat, denn er dachte: Was soll ich ein gutes daran stumpfhacken für nichts und wieder nichts? Während er an dem armen Teufel hackt und schabt, und er darf nichts sagen, weil’s ihm der Schinder umsonst tut, heult der Hund auf dem Hof. Der Meister sagt: „Was fehlt dem Mopper, dass er so winselt und heult?“ Der Christoph sagt: „Ich weiss nicht.“ Der Hans Frieder sagt: „Ich weiss auch nicht.“ Der arme Teufel unter dem Messer aber sagt: „Er wird vermutlich auch um Gottes willen balbiert wie ich.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Bd 4