Brüder Grimm - Sage vom Schüler Hildebrand.

Als Kaiser Heinrich III. zu Rom war, wo er drei Päpste entsetzt und ins Elend geschickt hatte, wohnte ein Zimmermann in der Stadt, der hatte ein kleines Kind. Das Kind spielte auf dem Zimmerplatz mit den Spänen und legte sie in Buchstabenweise zusammen. Da kam ein Priester hinzu und las das. Das Kind hatte mit den Spänen in lateinischer Sprache einen Spruch gelegt, der zu deutsch heißt: »Ich werde Herr vom Meer bis zu Meer.« Der Priester wußte wohl, daß dies Kind Papst werden sollte und sagte es seinem Vater. Der Vater ließ das Kind lehren. Da es Schüler war, kam es an des Kaisers Hof und ward den Schreibern viel lieb. Aber des Kaisers Sohn Heinrich, der nachher auch Kaiser ward, tat dem Schüler viel Leides und spielte ihm ungefüge mit; denn es ahnte ihm in seinem Herzen wohl, was ihm von dem Schüler aufstehen sollte. Der Kaiser spottete des Spiels seines Sohns und des Schülers. Der Kaiserin aber war es leid, und sie schalt ihren Sohn darum. Dem Kaiser träumte eines Nachts, wie sein Sohn zu Tisch gesessen wäre und wie dem Schüler Hildebrand zwei Hörner bis in den Himmel wüchsen und wie er mit diesen Hörnern seinen Sohn aufhübe und ihn in den Kot würfe. Diesen Traum sagte der Kaiser der Kaiserin, die deutete ihn also, daß der Schüler Papst werden und ihren Sohn von dem Reiche werfen würde. Da hieß der Kaiser den Hildebrand fangen und ihn zu Hammerstein in einen Turm werfen und wähnte, daß er Gottes Willen wenden möchte. Die Kaiserin verwies ihm oft, daß er eines bloßen Traumes willen an dem armen Schüler so schändlich täte; und über ein Jahr ließ er ihn wieder ledig. Er ward ein Mönch, fuhr mit seinem Abt nach Rom hin, ward zu Hof lieb und zuletzt Papst.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Sagen und Geschichten aus deutschen Gauen