87. Bestrafter Geizhals.

In früheren Zeiten war die ganze Umgegend von Mursewiek bei Gingst mit Wald bestanden, und mitten in demselben befand sich ein Moor, welches das Kramtsmoor hieß. In dem Moor lebte eine Nixe, welche alle Geizhälse in der ganzen Umgegend mit dem Tode bestrafte, indem sie dieselben in das Moor hinabzog und darin ertränkte.

Einstmals begab sich ein reicher Hofbesitzer aus Mursewiek, welcher sehr geizig war, des Morgens in aller Frühe, als es noch ganz dunkel war, von Mursewiek nach Kubitz, um von dort mit dem Schiffer nach Stralsund zu segeln. Wie gewöhnlich, so hatte er auch diesmal ein großes Paket mit Geld bei sich, welches er in Stralsund auf Hypotheken geben wollte. Als er in die Nähe des Moores kam, hörte er, obgleich er noch eine ziemliche Strecke davon entfernt war, ein klägliches Wimmern, wie von einem ganz kleinen Kinde, sodass er meinte, die Nixe habe soeben ein kleines Kind in das Moor hinabgezogen. Je näher er kam, desto deutlicher und lauter wurde das Wehklagen. Als er aber unmittelbar bei dem Moore war, konnte er plötzlich nicht weiter, und es war ihm, als ob jemand versuchte, ihm das Paket mit aller Gewalt vom Rücken zu reißen. Als er sich eine ganze Zeitlang bemüht hatte, vorwärts zu kommen, versuchte er endlich zurückzukehren. Anfangs wollte ihm auch das nicht gelingen; aber nach vielen Anstrengungen ging es endlich rückwärts, und es gelang ihm, sich in das nächste Gehöft zu retten, wo er ganz ermattet und in Schweiß gebadet ankam. Und doch war das Gehöft nur drei Minuten von dem Moore entfernt.


Mündlich aus Gingst. — Der Name des Moores ist wahrscheinlich aus „Krammets(beer)moor“ entstanden; in der Nähe von Carnitz bei Garz liegt ein Torfmoor, welches bald Kramtsmoor, bald Kramtsbeermoor heißt.