Rostock, den 11. März 1825 – Bau eines allgemeinen Kirchhofs auf dem Gelände des vormalig genannten Hinrichschen-Kampes vor dem Steintor
Aus: Freimütiges Abendblatt, Band 8 (1826)
Autor: Redaktion - Freimütiges Abendblatt, Erscheinungsjahr: 1826
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg, Hansestadt Rostock, Kirchhof, Leichenschauhaus
Endlich ist es durch Rat, und Bürgerschluss bestimmt: das die gesamten vor dem hiesigen Steintor gelegenen Garten-Parzellen des vormaligen sogenannten Hinrichschen Kampes zu einem allgemeinen Kirchhofe eingerichtet werden sollen. Ja! sogar der Riss zu einem öffentlichen Leichenschauhaus, um das Lebendigbegraben zu verhüten, liegt bereits fertig; und die Verteidiger der alten Unvernunft und Barbarei scheinen also aus ihren letzten Schanzen vertrieben worden zu sein.
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Diese waren unstreitig auch die unhaltbarsten von allen, und bestanden hauptsächlich in folgenden unglücklichen Schlüssen: ein mal, weil in den verflossenen Jahrhunderten die allmählich reifende Stimme der Ärzte und Physiker über die unvermeidlichen Nachteile des Begrabens in Kirchen und auf Stadt-Kirchhöfen unter der Last der religiösen Wahns erstickte, nicht einmal vor der Mitte des 18. Jahrhunderts laut zu werden wagte, so haben die ehemaligen Ärzte und Physiker dies Begraben gebilligt; sodann, weil die ihrer Natur nach unmerklichen und durch zufällige Nebenursachen in Lage, Klima, Jahreszeit, Wetter zuweilen gemilderten pestartigen Einwirkungen dieses Begrabens auf die Gesundheit der in der Stadt lebenden nicht sogleich bei Krankheiten einzelner, oder bei allgemeinen Krankheiten, mit Händen zu greifen waren oder bei diesen Augenblick mit Händen zu greisen sind, so gab es bisher und gibt es auch jetzt keine solche unmerklich giftigen Einwirkungen; hiernächst, weil bisher diese Frage nicht in das Gebiet der medizinischen Stadtpolizei gezogen ist, so gehört sie auch bei gegenwärtiger neuer Organisation unserer Polizei, überhaupt nicht zu ihrem Bereich; endlich, weil die Einkünfte der Kirchen und einzelner Kirchenbedienten hierbei, mit dem höchsten Gesichtspunkt des Wohls Aller in Kollision kommen, so ist es doch besser, dass alle leiden als dass Einzelne Unbequemlichkeiten davon haben. Vielleicht wurde auch noch hierbei die vermeintliche Fortdauer des Glaubens an die Heiligkeit der Erde in den Kirchen und auf den Kirchhöfen angezogen, um dem beharrlichen Ungehorsam gegen die landesherrlichen Befehle einen Vorwand zu geben. Wie gesagt, alle diese und ähnliche Einwürfe gegen die unwiderleglich wahrhaft existierende Natur der pestilenziösen Sache und gegen die Schlüsse, die aus solchen augenfälligen Übeln der Menschenverstand macht, scheinen aber mit einem Male verstummt. Zwar lassen die Gegner noch unter der Hand das Gerücht zirkulieren: dass, da die Baukasse zur Zeit nicht ausreiche, diese Garten-Parzellen des Hinrichschen Kampes noch wiederum, wie bisher, auf anderweitige 6 Jahre verpachtet werden sollen; aber dieser Grund, betrachtet im Verhältnis zu der hohen Wichtigkeit der Sache, die, den Hafenbau ausgenommen, jedem anderen Bau vorgehen müsste, spottet so arg aller allgemeinen als entscheidend anerkannten politisch-adminstrativen Grundsätzen, dass es unmöglich ist, diesem Gerücht Glauben beizumessen.