Rostock - Die St. Jacobi-Kirche - Kanzel

Aus: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. I. Band
Autor: Schlie, Friedrich Dr. (1839-1902) Professor, Archäologe, Kunsthistoriker, Museumsdirektor und Hofrat, Erscheinungsjahr: 1898
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, Amtsgerichtsbezirk Rostock, Hansestadt, Denkmäler, Bauten, Architektur, Kirchen, Kirchenmobiliar, Renaissance, Barock, Rokoko, Klassizismus, Denkmalsschutz, Geschichte, Geschichtsdenkmäler, Regionalgeschichte, Landesgeschichte, Stadtgeschichte, Kirchengeschichte, Marienkirche
Die Kanzel ist ein ungewöhnlich reich ausgestattetes, mit zwölf Marmor-Reliefs geschmücktes Renaissance-Werk von Sandstein aus dem Jahre 1582, wie die eingemeißelte Inschrift links oben, nahe am Mauerpfeiler, angibt. Die Reliefdarstellungen sind, beim Aufgang von unten her beginnend, folgende: Der König David; die Apostel Petrus und Paulus; der Traum Jakobs; Hiob als nackter bärtiger Mann mit einem korbflechtartigen Schurz; Johannes der Täufer als bärtiger langbekleideter Mann mit einem Lamm auf dem Arm; der „Same des Weibes“ als nackter Knabe, der eine Schlange mit Füßen tritt, neben der Schlange eine am Boden liegende Weltkugel mit Kreuz; die Geburt des Heilands; die Kreuzigung; die Auferstehung; die Himmelfahrt; das Gericht. Die sieben ersten Reliefs, deren Deutung sich aus den darüber stehenden Sprüchen ergibt, befinden sich an der Treppenwandung, die fünf letzten, welche sich als figurenreichere Gruppen darstellen, schmücken den Predigtstuhl der Kanzel.



Das steinerne Eingangsportal zur Kanzeltreppe ist von gleichem Stil wie die eben beschriebenen Teile. Über demselben eine Steininschrift, welche angibt, dass der am 26. Januar 1581 gestorbene Paul Havemann, 200 Gulden zu dem Gang (d. h. zur Treppe) des Predigtstuhls gegeben. Darüber eine Hausmarke. Der Schalldeckel ist aus Holz und im Barockstil der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts ausgeführt. Auf demselben eine pyramidal aufgebaute Strahlen- und Engelglorie. Zwei der Engel halten Wappen. Im Wappen links eine Schildkröte (Familie Radow); darüber die Sibrandsche Helmzier und rechts das Sibrandsche Wappen (zwei Arme, die einen Brand halten, also ein sog. redendes Wappen). Den unteren Abschluss des Deckels bildet ein für Zeit und Stil charakteristisches Lambrequin-Gehänge. Derselben Zeit gehören drei nicht ganz geschickt auf das Treppenportal gesetzte Figuren, Moses, Johannes und Jacobus, an. Das Missverhältnis dieser Barockfiguren zum Ganzen tritt besonders hervor, wenn man die sehr schöne, mit feinen farbigen Intarsien gefüllte Holztür des Portals betrachtet. Im Hauptfelde dieser Tür die Szenen der Kreuzigung und Auferstehung, letztere über ersterer. Über dem Eingangsportal, links unten an der Seite, ein Relief in Sandstein, welches in einer Renaissance-Arkade den Apostel Jacobus als Pilger mit Stab und Muschel darstellt.

Die zuletzt genannte Arbeit mag von demselben unbekannten Bildhauer sein, der die Marmor-Reliefs gemacht hat. Henricus Camerarius († 1601 s. u. S. 80) spendete für die Kanzel 300 Gulden. Vgl. Rost. Etwas 1737, S. 742. Aus einem Kontrakt vom 5. März 1719 erfahren wir, dass der Kanzeldeckel von demselben Bildhauer Dietrich Hartig ausgeführt ist, der den in St. Marien anzufertigen hatte. Er stellte den Kanzeldeckel in St. Jacobi für 150 Thlr. N 2/3 her.

Schlie, Friedrich Dr. (1839-1902) Professor, Archäologe und Kunsthistoriker, Direktor der Großherzoglich-Schwerinschen Kunstsammlungen

Schlie, Friedrich Dr. (1839-1902) Professor, Archäologe und Kunsthistoriker, Direktor der Großherzoglich-Schwerinschen Kunstsammlungen

Rostock. 077 St. Jacobi-Kirche Kanzel

Rostock. 077 St. Jacobi-Kirche Kanzel