Rostock, Anfang April 1859
Aus: Preußisches Handelsarchiv. Wochenschrift für Handel, Gewerbe und Verkehrsanstalten.
Autor: Herausgeber: Saint-Pierre u. Moser, Erscheinungsjahr: 1859
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Warnemünde, Wirtschaftsachrichten, Handel, Gewerbe, Verkehr und öffentliche Arbeiten
Für die nähere Verbindung der Stadt Rostock mit ihrem Hafen Warnemünde sind im verflossenen Jahre einige längst als höchst notwendig anerkannte Projekte zur Ausführung angenommen, und werden dadurch Hindernisse für den hiesigen Handel und besonders für die Schifffahrt beseitigt, welche bei den, ohnehin denselben wenig begünstigenden, hiesigen Einrichtungen von Jahr zu Jahr fühlbarere Nachteile zu bringen drohten. Diese Hindernisse bestehen in der mangelhaften Tiefe des Fahrwassers der Warnow zwischen Rostock und Warnemünde sowohl, wie auch besonders in zeitweisen Versandungen der Mündung des Warnemünder Hafens; dadurch werden sehr häufig, und besonders in den ungünstigsten Jahreszeiten, die größeren Schiffe, d. h. solche über 150 Normallasten, gezwungen, einen Teil ihrer Ladungen auf der Reede zu löschen resp. zu laden; der größte Teil der Ladung muss aber selbst bei kleineren Schiffen durch Leichter zwischen Rostock und Warnemünde befördert werden, da die Tiefe des Fahrwassers auf der Warnow nur höchstens 9 Fuß, im Seegatt 15 Fuß betragt. Die bisherigen Baggereinrichtungen sind nicht genügend gewesen, um eine gründliche Besserung dieser Übelstände zu bewerkstelligen, und ist daher von Seiten der Stadt, welcher die Beschaffung aller Baggerarbeiten und Hafenbauten auf alleinige Kosten obliegt, die Anschaffung eines zweiten Baggers beschlossen, dessen Bau in nächster Zeit in Angriff genommen wird.
Wie zu Wasser, war auch bisher zu Lande die Verbindung mit dem Hafen Warnemünde auf einem seit Jahrhunderten unverbesserten Wege, der nur unter den günstigsten Witterungsverhältnissen passierbar war. Nicht selten waren auf diese Weise im Winter, wenn die Kommunikation zu Wasser unmöglich war, die Bewohner Warnemündes für Tage, ja Wochen, von einer Verbindung mit der Stadt abgeschnitten, was denselben um so empfindlicher werden musste, da das eigentümliche Abhängigkeitsverhältnis dieses Orts von der Stadt Rostock den Betrieb jeglichen Handwerks oder kaufmännischen Gewerbes dort verbietet, so dass selbst Bäcker, Schlächter etc. daselbst nicht ansässig sein dürfen. Nicht minder störend wirkten diese Hindernisse auf den Handel, da dadurch die Vorteile, welche unser Hafen zur Winterzeit insofern bietet, als derselbe nur in den allerseltensten Fällen durch Eis geschlossen wird, teilweise gelähmt wurden; die Beförderung der Ladungen von im Winter in Warnemünde einkommenden oder von dort abgehenden Schiffen war bisher mit so großen Kosten verbunden, dass nur unter besonderen Verhältnissen, und oft zum Nachteil der Beteiligten, entweder ein Aufeisen des Flusses, oder die noch seltener mögliche Beförderung zu Lande unternommen werden konnte.
Im verflossenen Jahre wurde nun der Bau einer Chaussee von Rostock nach Warnemünde von Seiten der Stadt genehmigt und auch von der Großherzoglichen Regierung durch Landtagsbeschluss die Landeshilfe von 21.000 Rthlr. pro Meile bewilligt. Dieser Bau ist nun auch bereits im Sommer begonnen und soll im nächsten Jahre vollendet sein. Die Strecke beträgt ca. 2 Meilen. Schon jetzt ist, besonders bei zeitig eintretendem Winter, Warnemünde der Zufluchtsort einer Menge der nach benachbarten Häfen bestimmten Schiffe, wie in diesem Winter besonders auch eine Anzahl größerer Preußischer Schiffe, deren Destination Stralsund, Barth, Greifswald war, hier Winterlage hielten. Bei besserer Vertiefung des hiesigen Fahrwassers wird der Schutz unseres Hafens in der Winterzeit gewiss mehr und mehr auch von größeren Schiffen gesucht werden, da gerade die genannten Häfen oft bei zeitigem Frost geschlossen sind, während nur ein langer, sehr strenger Winter den Eingang in den Warnemünder Hafen zu hindern pflegt; die nahen Wohnorte der Mannschaften Preußischer Schiffe machen in der Regel auch den Transport Ersterer wenig teurer, als von dem Heimatsorte des Schiffes.
Bei dem früh eintretenden Winter liefen fünfzehn größere Preußische Schiffe hier ein, welche meistens die Zeit der Winterlage dort blieben.
Gegen 654 Schiffe im Jahre 1857 stellt sich die Zahl der hier angekommenen Schiffe nur dadurch weniger ungünstig, dass eine ungewöhnliche Menge hiesiger Schiffe aus Mangel an vorteilhafter Beschäftigung den heimatlichen Hafen suchte. Der allgemeine Stillstand des Handels musste notwendig im vorigen Jahre auf die Verkehrsmittel den drückendsten Einfluss haben, der auf die hiesigen Verhältnisse von um so trüberer Wirkung war, als das Kapital eines großen Teils des hiesigen Handels- und Handwerkerstandes während der letzten Jahre der Beteiligung in der Reederei zugewendet ist. Das Resultat dieser Unternehmungen war auch für die hiesigen Schiffe, welche auf Frachtfahrten von fremden Ländern fast ausschließlich angewiesen sind, da der einheimische Handel nur einen kleinen Teil derselben beschäftigt, wenig gewinnbringend, und ein großer Teil derselben kam mit Verlust oder mit geringem Verdienst zurück. Unser von Winterlage ballenden Schiffen angefüllter Hafen gibt den treffendsten Beweis für die Stockung aller Handelstätigkeit, denn noch nie hat derselbe eine so große Anzahl ruhender Schiffe beherbergt, wie in diesem Winter. Fast zwei Dritteile der hiesigen Handelsflotte, selbst die größten, kaum vor einem Jahre neu erbauten Schiffe lagen unbeschäftigt — ein Kapital von mindestens 3—4 Millionen Thaler repräsentierend — unfähig, die geringste Rente zu produzieren. Wie in anderen Ländern große industrielle und finanzielle Unternehmungen das während der für Handel und Industrie erfolgreichen Jahre erworbene Kapital übermäßig in Ausbruch nehmen, so ist es hier in unseren kleineren Verhältnissen die Reederei, welche das Interesse fast des ganzen Landes für sich gewann, ohne aber Gottlob! an jener Überspannung zu leiden, und ohne die schlimmen Folgen nach sich zu ziehen, durch welche das Übermaß der Handels- und Gewerbetätigkeit die Krisis des vorigen Jahres schuf. Wohl fällt es jetzt dem Kaufmann und Handwerker schwer, die Renten aus solchen Kapitalien zu entbehren, fühlbarer ist aber noch die fast totale Unmöglichkeit des Flüssigmachens dieser Kapitalien, da der hiesigen Bank nach ihren Statuten eine Beleihung von Schiffsanteilen nicht zusteht. Die Reederei eines Schiffes ist hier der Regel nach in Sechzigstel Parte eingeteilt, und wird über den gereedeten Anteil eine vom Korrespondent-Reeder und Schiffer ausgestellte Eigentumsakte geliefert, deren Zession nur durch Umschreibung in dem Schiffsbuche des Korrespondent-Reeders rechtliche Gültigkeit erlangt. In Folge der vorjährigen Krisis sah sich der Rat der Stadt Rostock schon veranlasst, aus städtischen Mitteln eine Vorschusskasse auf Schiffsparte für den Zeitraum eines Jahres zu gründen, welche indessen nur den kleineren Reedern in Rostock zu nützen bezweckte, da die höchste Summe des Vorschusses an einen Einzelnen nicht 5.000 Rthlr. übersteigen sollte.
Wie zu Wasser, war auch bisher zu Lande die Verbindung mit dem Hafen Warnemünde auf einem seit Jahrhunderten unverbesserten Wege, der nur unter den günstigsten Witterungsverhältnissen passierbar war. Nicht selten waren auf diese Weise im Winter, wenn die Kommunikation zu Wasser unmöglich war, die Bewohner Warnemündes für Tage, ja Wochen, von einer Verbindung mit der Stadt abgeschnitten, was denselben um so empfindlicher werden musste, da das eigentümliche Abhängigkeitsverhältnis dieses Orts von der Stadt Rostock den Betrieb jeglichen Handwerks oder kaufmännischen Gewerbes dort verbietet, so dass selbst Bäcker, Schlächter etc. daselbst nicht ansässig sein dürfen. Nicht minder störend wirkten diese Hindernisse auf den Handel, da dadurch die Vorteile, welche unser Hafen zur Winterzeit insofern bietet, als derselbe nur in den allerseltensten Fällen durch Eis geschlossen wird, teilweise gelähmt wurden; die Beförderung der Ladungen von im Winter in Warnemünde einkommenden oder von dort abgehenden Schiffen war bisher mit so großen Kosten verbunden, dass nur unter besonderen Verhältnissen, und oft zum Nachteil der Beteiligten, entweder ein Aufeisen des Flusses, oder die noch seltener mögliche Beförderung zu Lande unternommen werden konnte.
Im verflossenen Jahre wurde nun der Bau einer Chaussee von Rostock nach Warnemünde von Seiten der Stadt genehmigt und auch von der Großherzoglichen Regierung durch Landtagsbeschluss die Landeshilfe von 21.000 Rthlr. pro Meile bewilligt. Dieser Bau ist nun auch bereits im Sommer begonnen und soll im nächsten Jahre vollendet sein. Die Strecke beträgt ca. 2 Meilen. Schon jetzt ist, besonders bei zeitig eintretendem Winter, Warnemünde der Zufluchtsort einer Menge der nach benachbarten Häfen bestimmten Schiffe, wie in diesem Winter besonders auch eine Anzahl größerer Preußischer Schiffe, deren Destination Stralsund, Barth, Greifswald war, hier Winterlage hielten. Bei besserer Vertiefung des hiesigen Fahrwassers wird der Schutz unseres Hafens in der Winterzeit gewiss mehr und mehr auch von größeren Schiffen gesucht werden, da gerade die genannten Häfen oft bei zeitigem Frost geschlossen sind, während nur ein langer, sehr strenger Winter den Eingang in den Warnemünder Hafen zu hindern pflegt; die nahen Wohnorte der Mannschaften Preußischer Schiffe machen in der Regel auch den Transport Ersterer wenig teurer, als von dem Heimatsorte des Schiffes.
Bei dem früh eintretenden Winter liefen fünfzehn größere Preußische Schiffe hier ein, welche meistens die Zeit der Winterlage dort blieben.
Gegen 654 Schiffe im Jahre 1857 stellt sich die Zahl der hier angekommenen Schiffe nur dadurch weniger ungünstig, dass eine ungewöhnliche Menge hiesiger Schiffe aus Mangel an vorteilhafter Beschäftigung den heimatlichen Hafen suchte. Der allgemeine Stillstand des Handels musste notwendig im vorigen Jahre auf die Verkehrsmittel den drückendsten Einfluss haben, der auf die hiesigen Verhältnisse von um so trüberer Wirkung war, als das Kapital eines großen Teils des hiesigen Handels- und Handwerkerstandes während der letzten Jahre der Beteiligung in der Reederei zugewendet ist. Das Resultat dieser Unternehmungen war auch für die hiesigen Schiffe, welche auf Frachtfahrten von fremden Ländern fast ausschließlich angewiesen sind, da der einheimische Handel nur einen kleinen Teil derselben beschäftigt, wenig gewinnbringend, und ein großer Teil derselben kam mit Verlust oder mit geringem Verdienst zurück. Unser von Winterlage ballenden Schiffen angefüllter Hafen gibt den treffendsten Beweis für die Stockung aller Handelstätigkeit, denn noch nie hat derselbe eine so große Anzahl ruhender Schiffe beherbergt, wie in diesem Winter. Fast zwei Dritteile der hiesigen Handelsflotte, selbst die größten, kaum vor einem Jahre neu erbauten Schiffe lagen unbeschäftigt — ein Kapital von mindestens 3—4 Millionen Thaler repräsentierend — unfähig, die geringste Rente zu produzieren. Wie in anderen Ländern große industrielle und finanzielle Unternehmungen das während der für Handel und Industrie erfolgreichen Jahre erworbene Kapital übermäßig in Ausbruch nehmen, so ist es hier in unseren kleineren Verhältnissen die Reederei, welche das Interesse fast des ganzen Landes für sich gewann, ohne aber Gottlob! an jener Überspannung zu leiden, und ohne die schlimmen Folgen nach sich zu ziehen, durch welche das Übermaß der Handels- und Gewerbetätigkeit die Krisis des vorigen Jahres schuf. Wohl fällt es jetzt dem Kaufmann und Handwerker schwer, die Renten aus solchen Kapitalien zu entbehren, fühlbarer ist aber noch die fast totale Unmöglichkeit des Flüssigmachens dieser Kapitalien, da der hiesigen Bank nach ihren Statuten eine Beleihung von Schiffsanteilen nicht zusteht. Die Reederei eines Schiffes ist hier der Regel nach in Sechzigstel Parte eingeteilt, und wird über den gereedeten Anteil eine vom Korrespondent-Reeder und Schiffer ausgestellte Eigentumsakte geliefert, deren Zession nur durch Umschreibung in dem Schiffsbuche des Korrespondent-Reeders rechtliche Gültigkeit erlangt. In Folge der vorjährigen Krisis sah sich der Rat der Stadt Rostock schon veranlasst, aus städtischen Mitteln eine Vorschusskasse auf Schiffsparte für den Zeitraum eines Jahres zu gründen, welche indessen nur den kleineren Reedern in Rostock zu nützen bezweckte, da die höchste Summe des Vorschusses an einen Einzelnen nicht 5.000 Rthlr. übersteigen sollte.
Rostock - Giebelhäuser bei der Nicolaikirche
Rostock - Kröpeliner Tor
Rostock, Lange Straße, Marienkirche in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Hansestadt Rostock, Unterwarnow, Pionierschiff mit Blick auf Petrikirche, 1962
Rostock - Petrikirche mit Petritor
Hansestadt Rostock, Stadthafen mit Großsegler, 1968
Rostock, Stadthafen, Segelschulschiff "Wilhelm-Pieck", 1968
Rostock, Stadthafen, 1968
Rostock-Warnemünde, Alter Strom, Eisgang 1968
Hansestadt Rostock - Stadtansicht
Rostock, Stadthafen mit Großsegler, 1968
Hansestadt Rostock, Große Wasserstraße mit Kerkhoffhaus (1470) Sommer 1968