Rostock 1807 - Von der Aufklärung in Rostock, und dem sittlichen Charakter der Einwohner - (14)
Aus: Bemerkungen aus dem Gebiete der Heilkunde und Anthropologie in Rostock. Bd 1. Medizinische und anthropologische Bemerkungen über Rostock und seine Bewohner
Autor: Nolde, Adolf Friedrich Dr. (1764-1813) Professor der Medizin, Erscheinungsjahr: 1807
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, medizinische Aufklärung, Universität, Lehrstellen, Fortschritt, Gerechtigkeit, Handelsort, Gelehrsamkeit, Entwicklung, Wissenschaft, Wahrheiten, Kenntnisse, öffentliche Autoritäten, Fortschritt, Temperament, Eigennutz und Parteilichkeit
Ich habe bisher zwar nur einige der wichtigsten Punkte, aus denen man auf den Grad der medizinischen Aufklärung unter den Einwohnern Rostocks einen Schluss machen kann, ausgehoben, und die Art und Weise bemerkbar gemacht, wie man sich in solchen Fällen gegenwärtig zu benehmen pflegt: aber schon durch diese Darstellung wird man sich veranlasst finden, den hiesigen Einwohnern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Und wenn man vollends als Arzt mit diesen und ähnlichen Verhältnissen bekannt ist, welche sich auf einen so wichtigen Gegenstand beziehen: so kann man sich mit Recht der glücklichen Fortschritte freuen, welche man bei uns seit einem Jahrzehnt gemacht hat. Als eine sehr wirksame Ursache dieser eingeführten Aufklärung sehe ich zuvörderst die Wiederherstellung der hiesigen Universität, und die Besetzung der Lehrstellen an derselben durch würdige und aufgeklärte Männer, die uns das In- und Ausland hergab, ohne Bedenken an. Man scheint dies zwar hier im Allgemeinen nicht einzusehen, und nach Verdienst zu schätzen; weil auch hier, wie beinahe an jedem Handelsort, der Kaufmann zu wenig Sinn für Wissenschaft und Gelehrsamkeit hat, und den ganzen Wert der bürgerlichen Verhältnisse nur nach dem Flor des Handels zu beurteilen pflegt: allein es lässt sich gewiss nicht leugnen, dass jene Lehrer der hiesigen Universität durch ihren Umgang mit den Einwohnern und durch gründliche Entwicklung mancher sonst noch sehr allgemeinen Vorurteile und Fehler, wo sie Veranlassung dazu fanden, eben so wohl als durch die Gelegenheit, welche sie zur Einführung einer besseren Lektüre gaben, auf das Publikum sehr viel gewirkt, und zu seiner Aufklärung über manche Gegenstände gar sehr beigetragen haben. Ihnen verdankt daher das hiesige Publikum auch gewiss einen Teil einer medizinischen Aufklärung, sofern diese auf Wahrheiten und Kenntnissen beruht, die jeder Aufgeklärte sich zu eigen zu machen sucht. Aber außer ihnen findet der Arzt noch mehr Veranlassung, in Rücksicht der medizinischen Aufklärung auf diejenigen zu wirken, mit welchen seine Verhältnisse ihn in eine so nahe Verbindung setzen. Und Rostock verdankt in dieser Hinsicht den vielen würdigen Ärzten, die es gegenwärtig, das Glück hat zu besitzen, gewiss sehr viel. Ich weiß es, dass diese selbst aufgeklärten und von Eifer zur Tätigkeit beseelten Männer, keine Gelegenheit, ihre Mitbrüder zu belehren und mit Erfolg auf sie zu wirken, unbenutzt vorbeilassen. Möchten ihrem Beispiele nur alle folgen, die in ihren Verhältnissen auf eine ähnliche Art zur Beförderung einer allgemeinem Aufklärung wirken können!
Vergleichen wir aber den Grad der medizinischen Aufklärung, dessen Rostocks Einwohner sich im Allgemeinen mit Recht erfreuen können, mit dem, was ich in dem Vorhergehenden von der übrigen Aufklärung gesagt habe: so muss einem jeden sogleich der unverkennbarste Kontrast auffallen. Von den Ärzten darf man billig keinen größeren Einfluss erwarten, als den, welchen sie auf richtige Beurteilung der zu ihrer Wissenschaft gehörenden Gegenstände haben können. Wenn diese aber ohne Übertreibung in einer nicht sehr langen Zeit so viel zur medizinischen Aufklärung wirklich beigetragen haben: so könnte man hier wohl mit Recht fragen, ob auch diejenigen, die außer den Ärzten die Beförderung der übrigen Aufklärung hätten beschaffen sollen und können, ihre hierauf sich beziehenden Pflichten gewissenhaft erfüllt, und so viel getan und gewirkt haben, als sie zu leisten im Stande waren? Ich glaube, die Antwort lässt sich bald finden. Und so möchte denn wohl insbesondere den Schullehrern und Geistlichen, aber auch selbst den öffentlichen Autoritäten, sie mögen nun mittelbar oder unmittelbar zur Aufklärung beitragen können, manches zur Last fallen, was sich vielleicht nicht so ganz entschuldigen ließe.
Um indessen auch diesen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und nicht einseitig und parteiisch zu urteilen, muss ich zu ihrer Entschuldigung bemerken, dass der Vorwurf wegen der nicht beförderten wahren Aufklärung sie nicht in seinem ganzen Umfange trifft. In der eigentümlichen politischen Verfassung, so wie ich sie oben in der Kürze dargestellt habe, liegt gewiss ein sehr wichtiger Grund davon verborgen; und selbst dass wir in der medizinischen Aufklärung nicht noch größere Fortschritte gemacht, oder sie durch manche sehr notwendige und heilsame Verbesserungen nicht noch mehr dokumentiert haben, entspringt gewiss aus der nämlichen Quelle. Man wird hieraus sehen, dass es nicht überflüssig war und nicht so ganz außer dem Gebiet des Arztes lag; wenn ich die wichtigsten Punkte der hiesigen Verfassung in meiner Schrift aufstellte, um sie desto leichter mit dem Einfluss, den sie auch selbst auf die medizinischen Verhältnisse haben, vergleichen zu können. Um desto eher wird man sich davon überzeugen, dass unsere Verfassung nicht so musterhaft ist, wie es mancher sich einbildet, und dass eine ohne Revolution zu hoffende Abstellung ihrer Mängel sehr zu wünschen sein möchte.
Nicht so sehr suche ich den Grund der mangelhaften Aufklärung in dem Temperament der hiesigen Einwohner. Manches lässt sich freilich hierauf schreiben, und selbst das Zurückbleiben in dem, was zur richtigen Beurteilung der medizinischen Verhältnisse erfordert wird, mag hierin seinen Grund haben. Allein da wir doch so glücklich gewesen sind, die medizinische Aufklärung schon zu einer gewissen Höhe gebracht zu haben, auf welcher sie den hiesigen Einwohner über die anderen Verhältnisse seiner Aufklärung erhebt: so wird man mir gewiss beipflichten, wenn ich auf diese zuletzt erwähnte Ursache nicht so viel gebe, als auf die übrigen. So weit indessen der Arzt auch auf das Temperament der Einwohner zu wirken Gelegenheit hat, lässt sich von seinem Einfluss sogar eine Verminderung dieser Ursache mit der Zeit hoffen.
Wenn ich übrigens im Vorhergehenden zum Lobe der hiesigen Aufklärung in medizinischen Sachen mich mit Recht veranlasst und bereitwillig fand, auch von dem, was ich gesagt habe, mich aus Gründen überzeugt halte: so kann ich doch die Fehler nicht ganz verschweigen, die noch einer Verbesserung bedürfen, und die, wenn sie gleich nicht allgemein mehr gefunden werden sollten, mir doch hier noch einige Bemerkungen erlauben, bei denen man um so weniger Eigennutz und Parteilichkeit vorauszusetzen Ursache haben wird. Zu einer vollständigen Übersicht gehören auch diese Bemerkungen; doch glaube ich sie nur andeuten zu dürfen, ohne mich in eine weitläufige Ausführung einzulassen.
Vergleichen wir aber den Grad der medizinischen Aufklärung, dessen Rostocks Einwohner sich im Allgemeinen mit Recht erfreuen können, mit dem, was ich in dem Vorhergehenden von der übrigen Aufklärung gesagt habe: so muss einem jeden sogleich der unverkennbarste Kontrast auffallen. Von den Ärzten darf man billig keinen größeren Einfluss erwarten, als den, welchen sie auf richtige Beurteilung der zu ihrer Wissenschaft gehörenden Gegenstände haben können. Wenn diese aber ohne Übertreibung in einer nicht sehr langen Zeit so viel zur medizinischen Aufklärung wirklich beigetragen haben: so könnte man hier wohl mit Recht fragen, ob auch diejenigen, die außer den Ärzten die Beförderung der übrigen Aufklärung hätten beschaffen sollen und können, ihre hierauf sich beziehenden Pflichten gewissenhaft erfüllt, und so viel getan und gewirkt haben, als sie zu leisten im Stande waren? Ich glaube, die Antwort lässt sich bald finden. Und so möchte denn wohl insbesondere den Schullehrern und Geistlichen, aber auch selbst den öffentlichen Autoritäten, sie mögen nun mittelbar oder unmittelbar zur Aufklärung beitragen können, manches zur Last fallen, was sich vielleicht nicht so ganz entschuldigen ließe.
Um indessen auch diesen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und nicht einseitig und parteiisch zu urteilen, muss ich zu ihrer Entschuldigung bemerken, dass der Vorwurf wegen der nicht beförderten wahren Aufklärung sie nicht in seinem ganzen Umfange trifft. In der eigentümlichen politischen Verfassung, so wie ich sie oben in der Kürze dargestellt habe, liegt gewiss ein sehr wichtiger Grund davon verborgen; und selbst dass wir in der medizinischen Aufklärung nicht noch größere Fortschritte gemacht, oder sie durch manche sehr notwendige und heilsame Verbesserungen nicht noch mehr dokumentiert haben, entspringt gewiss aus der nämlichen Quelle. Man wird hieraus sehen, dass es nicht überflüssig war und nicht so ganz außer dem Gebiet des Arztes lag; wenn ich die wichtigsten Punkte der hiesigen Verfassung in meiner Schrift aufstellte, um sie desto leichter mit dem Einfluss, den sie auch selbst auf die medizinischen Verhältnisse haben, vergleichen zu können. Um desto eher wird man sich davon überzeugen, dass unsere Verfassung nicht so musterhaft ist, wie es mancher sich einbildet, und dass eine ohne Revolution zu hoffende Abstellung ihrer Mängel sehr zu wünschen sein möchte.
Nicht so sehr suche ich den Grund der mangelhaften Aufklärung in dem Temperament der hiesigen Einwohner. Manches lässt sich freilich hierauf schreiben, und selbst das Zurückbleiben in dem, was zur richtigen Beurteilung der medizinischen Verhältnisse erfordert wird, mag hierin seinen Grund haben. Allein da wir doch so glücklich gewesen sind, die medizinische Aufklärung schon zu einer gewissen Höhe gebracht zu haben, auf welcher sie den hiesigen Einwohner über die anderen Verhältnisse seiner Aufklärung erhebt: so wird man mir gewiss beipflichten, wenn ich auf diese zuletzt erwähnte Ursache nicht so viel gebe, als auf die übrigen. So weit indessen der Arzt auch auf das Temperament der Einwohner zu wirken Gelegenheit hat, lässt sich von seinem Einfluss sogar eine Verminderung dieser Ursache mit der Zeit hoffen.
Wenn ich übrigens im Vorhergehenden zum Lobe der hiesigen Aufklärung in medizinischen Sachen mich mit Recht veranlasst und bereitwillig fand, auch von dem, was ich gesagt habe, mich aus Gründen überzeugt halte: so kann ich doch die Fehler nicht ganz verschweigen, die noch einer Verbesserung bedürfen, und die, wenn sie gleich nicht allgemein mehr gefunden werden sollten, mir doch hier noch einige Bemerkungen erlauben, bei denen man um so weniger Eigennutz und Parteilichkeit vorauszusetzen Ursache haben wird. Zu einer vollständigen Übersicht gehören auch diese Bemerkungen; doch glaube ich sie nur andeuten zu dürfen, ohne mich in eine weitläufige Ausführung einzulassen.
Rostock - Giebelhäuser bei der Nicolaikirche
Rostock, Neuer Markt mit Ladenzeile 1967
Rostock - Markt, Marienkirche und Blutstraße
Hansestadt Rostock - Stadtansicht
Rostock - Kröpeliner Tor
Hansestadt Rostock, Giebelhäuser und Marienkirche
Rostock, Lange Straße, Marienkirche in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Hansestadt Rostock, Neuer Markt (zum Zeitpunkt der Aufnahme: Erst-Thälmann-Platz) 1967