Rostock 1807 - Von der Aufklärung in Rostock, und dem sittlichen Charakter der Einwohner - (09)
Aus: Bemerkungen aus dem Gebiete der Heilkunde und Anthropologie in Rostock. Bd 1. Medizinische und anthropologische Bemerkungen über Rostock und seine Bewohner
Autor: Nolde, Adolf Friedrich Dr. (1764-1813) Professor der Medizin, Erscheinungsjahr: 1807
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Mädchenschulen, Pädagogen, Erzieher, Lehrer, Bildung, Schulen, Wissen, Beschäftigung, Vielseitigkeit, Naturstudium, Geschichte, Schreiben, Rechnen, Muttersprache, Kinder, Gelehrsamkeit, Lehranstalt, Fortschritt, Unterricht, Gedächtnis,
Über den Mangel guter Schulen für heranwachsende Mädchen, hört man allgemein klagen. Knaben von gleichem Alter schickt man gewöhnlich zu den hier privatisierenden jungen Theologen, welche, teils um sich nützlich zu beschäftigen, teils aber auch um sich ein gewisses Einkommen zu sichern, bis zu ihrer Anstellung als Prediger, unter dem Namen der Kandidaten den Unterricht derselben übernehmen. Ein jeder folgt dabei derjenigen Methode, welche er für die beste hält; ohne jedoch dem alten Schlendrian gerade zu huldigen, richten sie ihren Unterricht überwiegend nach den Vorschriften der neueren Pädagogen ein. Damit kann man denn, wenn es der Lehrer selbst nur gut meint und Talente eines Erziehers hat, immer zufrieden sein. Gegen diese Methode habe ich hier auch nichts zu erinnern; nur scheint es mir, soviel ich davon weiß und darüber urteilen kann, dass man in manchen Fällen zu verschiedene und dem Alter der Kinder oft wohl nicht ganz angemessene Gegenstände treibt. Dies kann von der einen Seite zwar eine gewisse Vielseitigkeit bewirken und dazu dienen, die Kinder sowohl, als ihre Eltern, auf manche bisher noch zu wenig geachtete Gegenstände des menschlichen Wissens aufmerksam zu machen, und den ersteren dadurch Gelegenheit zur freien Wahl irgend einer Lieblings-Beschäftigung zu geben: aber auf der andern Seite gehört wieder viel dazu, wenn ein einzelner Mann so verschiedene Dinge lehren will; und wenn auch der Lehrer hierin den gerechten Forderungen der Eltern, so wie seinen eigenen Versprechungen, ein Genüge leistete, so wird dadurch bei den Kindern auch sehr leicht eine eitle Vielwisserei erzeugt, wobei ihre Kenntnisse jedoch oft sehr oberflächlich und ihre Begriffe nicht selten etwas unbestimmt bleiben. Übrigens billige ich es gewiss mit Recht, dass man außer den Gedächtnis-Übungen, welche in diesem Alter nicht zu vernachlässigen sind, auch den Verstand der Kinder zu bilden, und sie auf eine zweckmäßige Art zum Nachdenken über die ihnen vorkommenden Gegenstände zu gewöhnen sucht. Man tut sehr wohl daran, dass man sie besonders mit der Geographie, der Geschichte und den Naturstudium beschäftigt, sie im Schreiben und Rechnen übt, auch einige neue Sprachen, besonders die Muttersprache mit ihnen treibt: aber in vielen Fällen scheinen sie doch nicht die erwünschten Fortschritte in den altern Sprachen zu machen, die ihnen, wenn sie selbst Gelehrte werden wollen, nicht erlassen werden können. Vielleicht rührt dieses daher, dass unter diesen Kindern die meisten für die Handlung und Schifffahrt bestimmt werden, und die geringere Zahl, die denn doch noch in der Folge, um sich zur eigentlichen Gelehrsamkeit zu bilden, andere öffentliche Lehr-Anstalten zu besuchen pflegt, sich nach der größeren bequemen muss. Allein wer nicht früh genug einige Fortschritte in den älteren Sprachen gemacht hat, und sich zugleich mit Naturgeschichte, Geographie u. s. w. beschäftigt, pflegt jene bald zu trocken zu finden, und den angenehmer unterhaltenden Beschäftigungen nachzusetzen. Übrigens haben diese Schulen noch den Nachteil, der indessen von solchen Anstalten überhaupt nicht getrennt werden kann, dass die Kinder nur einige Stunden des Tages unter einer guten Aufsicht, die übrige Zeit hingegen sich selbst überlassen sind, dadurch aber oft zu sehr zerstreut werden, und dem Lehrer die Kultur ihres Verstandes erschweren, wenn sie auch während der Lehrstunden durch den gemeinschaftlichen Unterricht zu einem ihnen günstigen Wetteifer ermuntert werden.
In der hiesigen öffentlichen oder sogenannten lateinischen Schule machen die alten Sprachen den Hauptgegenstand des Unterrichts aus. Hoffentlich sucht man dabei nicht bloß das Gedächtnis zu üben, und eine grammatische Kenntnis der Sprache zu befördern, sondern zugleich den Geschmack zu bilden und den Verstand zu kultivieren. Indessen wird diese Anstalt überwiegend nur von solchen Eltern benutzt, die entweder sich nicht gern von ihren Kindern trennen wollen, oder nicht das Vermögen haben, sie anderwärts hinzuschicken. Wer es aber haben kann, gibt seine Kinder bald in auswärtige Privatinstitute, bald in größere öffentliche Schulanstalten, unter denen das Pädagogium zu Halle in gegenwärtigen Zeiten, und gewiss mit dem größten Rechte, am meisten geschätzt wird. Über den Einfluss einer Bildung der Knaben und Jünglinge im Ausland auf die hiesigen Kultur-Verhältnisse lässt sich noch nicht bestimmt urteilen; denn die Zeit, wo man die auswärtigen Schulanstalten zu benutzen angefangen hat, ist noch zu kurz, als dass man die Folgen davon schon übersehen könnte. Ich hoffe indessen, dass die dadurch erzeugte Bekanntschaft mit dem Ausland und seinen mannigfaltigen Vorzügen in der Geschichte der hiesigen Aufklärung eine wichtige Epoche machen wird.
In der hiesigen öffentlichen oder sogenannten lateinischen Schule machen die alten Sprachen den Hauptgegenstand des Unterrichts aus. Hoffentlich sucht man dabei nicht bloß das Gedächtnis zu üben, und eine grammatische Kenntnis der Sprache zu befördern, sondern zugleich den Geschmack zu bilden und den Verstand zu kultivieren. Indessen wird diese Anstalt überwiegend nur von solchen Eltern benutzt, die entweder sich nicht gern von ihren Kindern trennen wollen, oder nicht das Vermögen haben, sie anderwärts hinzuschicken. Wer es aber haben kann, gibt seine Kinder bald in auswärtige Privatinstitute, bald in größere öffentliche Schulanstalten, unter denen das Pädagogium zu Halle in gegenwärtigen Zeiten, und gewiss mit dem größten Rechte, am meisten geschätzt wird. Über den Einfluss einer Bildung der Knaben und Jünglinge im Ausland auf die hiesigen Kultur-Verhältnisse lässt sich noch nicht bestimmt urteilen; denn die Zeit, wo man die auswärtigen Schulanstalten zu benutzen angefangen hat, ist noch zu kurz, als dass man die Folgen davon schon übersehen könnte. Ich hoffe indessen, dass die dadurch erzeugte Bekanntschaft mit dem Ausland und seinen mannigfaltigen Vorzügen in der Geschichte der hiesigen Aufklärung eine wichtige Epoche machen wird.