Rostock 1807 - Einwohner - Wintervergnügungen, Bälle und Maskeraden
Aus: Bemerkungen aus dem Gebiete der Heilkunde und Anthropologie in Rostock. Bd 1. Medizinische und anthropologische Bemerkungen über Rostock und seine Bewohner
Autor: Nolde, Adolf Friedrich Dr. (1764-1813) Professor der Medizin, Erscheinungsjahr: 1807
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Wintervergnügungen, Maskeraden, Bälle, Tanz, Kaisersaal, Gesellschaften, Kartenspiel, Musik, Quadrillen, ERfrischungen, Butterbrot, Kuchen, Tee, Wein, Punsch, Zugluft, Tänzerinnen, Frauenzimmer,
Zu den hiesigen Wintervergnügungen gehören noch die Bälle und Maskeraden, von denen ich also ebenfalls etwas sagen muss. Seit einigen Jahren hat man sich in Absicht der ersteren etwas einschränken müssen, weil man den geräumigen Kaisersaal in dem hiesigen Rathaus nicht mehr dazu hergeben wollte. Dies hat aber im Ganzen eine sehr wichtige Folge gehabt. Die Gesellschaft ist dadurch überhaupt nicht nur kleiner geworden, sondern auch die ehedem sehr langen Kolonnen bei den englischen Tänzen, die oft aus fünfzig, sechzig und mehreren Paaren bestanden, sind auf eine beträchtlich geringere Anzahl herabgesetzt worden: und dies ist in der Tat sehr gut, weil man nun ein Vergnügen genießen kann, was vordem in eine wirkliche Strapaze ausartete; obgleich jetzt freilich das Zusammendrängen der Gesellschaft in einen engen Raum die Luft in den Zimmern mehr, als sonst, verdirbt. Indessen werden jetzt schon Anstalten zu einem größeren Tanzsaal getroffen, und mit seiner Einweihung werden denn wahrscheinlich auch die langen Kolonnen wieder eingeführt werden.*)
*) Dies ist in der Folge wirklich geschehen; aber die Tanzliebhaber scheinen sich in der Zeit vermindert zu haben, und mehr auf die Seite der Spieler getreten zu sein.
Die Gesellschaft, welche sich zu den hiesigen Bällen versammelt, besteht aus einer doppelten Klasse. Ein Teil setzt sich in dem Tanzsaal selbst, oder in den Nebenzimmern zum Kartenspiel hin, um ja keine Gelegenheit, wo man diesem Vergnügen ein Opfer bringen kann, vorbei gehen zu lassen. Der andere Teil findet seine Unterhaltung im Tanz, und besteht besonders seit einigen Jahren fast nur aus unverheirateten Personen. Ehedem pflegten auch die Verheirateten an diesem Vergnügen Teil zu nehmen; und ich glaube, dass das sehr gut war. Damals wurde noch die Menuet nicht so ganz zurückgesetzt, man tanzte auch nicht nach einer gar zu raschen Musik, und die Jugend war gewissermaßen unter einer beständigen Aufsicht. Jetzt, da alles, was zu gesetzten Jahren gekommen ist, sich nicht mehr um den Tanz bekümmert, sondern nur dem leidigen Hang zum Kartenspiel folgt, fällt das letztere beinahe ganz weg; auch wechseln Menuets und andere ruhigere Tänze um so weniger mit den schnelleren und angreifenderen ab, da man sie fast gar nicht mehr lernt, sondern damit zufrieden ist, wenn man nur nach dem Takt der Musik hüpfen und springen kann. Die Walzer vertreten nunmehr die Stelle der Menuet, und die Quadrillen und Anglaisen tanzt man mit den jeden Winter neu eingeführten Pas.
Die Erfrischungen, welche auf den Bällen zu haben sind, bestehen größtenteils nur aus Butterbrot, Kuchen, Tee, Wein und Punsch; indessen fehlt es auch nicht an Gelegenheit, ein Glas kaltes Wasser, oder Gefrorenes zu erhaschen, womit manche Schöne leider nicht selten zu unbedachtsam sich zu erquicken glaubt; auch kann Zugluft, oder eine zu voreilige Entfernung aus dem Zimmer unmittelbar nach einem Tanze leicht gefährlich werden, wie ich in einigen Fällen selbst beobachtet habe. Eben so möchten unsere Bälle auch wohl zu lange dauern, da sie um fünf Uhr ihren Anfang nehmen, und selten vor Mitternacht geendigt werden; wenigstens befürchte ich doch, dass manche sehr beliebte und leidenschaftliche Tänzerin dabei für ihre Gesundheit den Kürzeren ziehen mag. Beiläufig will ich nur bemerken, dass ihre Zahl nicht gering ist, und dass man unter den Frauenzimmern weit mehr gute Tänzerinnen findet, als unter den jungen Herren. Ehedem pflegte selten eine Woche hinzugehen, dass man nicht einen Ball veranstaltete, jetzt begnügt man sich mit einer seltneren Wiederholung. Im Sommer kann mancher in Doberan Gelegenheit zum Tanzen finden; in der Stadt hingegen wird während dieser Jahreszeit kaum anders getanzt, als bei dem Scheibenschießen der hiesigen Kaufleute im August.
Eine zweite Schützenkompanie besteht aber aus den Gewerkern, die ihren Scheibenschuss ebenfalls mit einem bis an den Morgen fortdauernden Ball zu beschließen pflegen. Diese tanzen indessen außerdem auch noch zur Sommerszeit an Sonn- und Werktagen auf den Tanzsälen vor den Toren. Auf diese Jahreszeit schränkte sich sonst dieses Vergnügen bei ihnen ein; allein seit einigen Jahren haben sie auch des Winters ihre Bälle, und geben also auch hierin den Vornehmeren nichts nach. Die Gesellen, Dienstmädchen, und was sich an diese Klasse von Tanzliebhabern anschließt, tanzen bis jetzt nur noch im Sommer. In Rücksicht aller dieser verdient hier aber noch eine besondere diätetische Bemerkung ihren Platz. Die meisten von ihnen müssen zu einer bestimmten Stunde des Abends zu Hause sein, und eilen dann gewöhnlich, wenn sie noch ganz erhitzt sind, in der kühlen Abendluft nach Hause, oder fahren wohl gar, wenn sie auf der jenseits der Warnow liegenden Fähre getanzt haben, in einem Boote zurück. Dies kann nicht nur sehr leicht eine Erkältung zur Folge haben; sondern ich habe auch wirklich manche hitzige und langwierige Krankheit daraus entstehen sehen. Davor haben sich insbesondere auch die Tanzliebhaber aus den Kaufleuten und dem vornehmeren Bürgerstande zu fürchten, die bisweilen an diesem Orte in einer schon rauen Jahreszeit Bälle veranstalten, und dann spät Abends, oder in der Nacht auf demselben Wege sich nach Hause begeben. Die Maskeraden, welche in der Karnevalszeit gegeben werden, und an welchen größtenteils nur der niedrige Stand Teil nimmt, sind in dem hiesigen Schauspielhause, wo es nicht an Zugluft fehlt, und also mancher sich in einer zu dünnen Maskenkleidung nur gar zu leicht erkälten kann.
*) Dies ist in der Folge wirklich geschehen; aber die Tanzliebhaber scheinen sich in der Zeit vermindert zu haben, und mehr auf die Seite der Spieler getreten zu sein.
Die Gesellschaft, welche sich zu den hiesigen Bällen versammelt, besteht aus einer doppelten Klasse. Ein Teil setzt sich in dem Tanzsaal selbst, oder in den Nebenzimmern zum Kartenspiel hin, um ja keine Gelegenheit, wo man diesem Vergnügen ein Opfer bringen kann, vorbei gehen zu lassen. Der andere Teil findet seine Unterhaltung im Tanz, und besteht besonders seit einigen Jahren fast nur aus unverheirateten Personen. Ehedem pflegten auch die Verheirateten an diesem Vergnügen Teil zu nehmen; und ich glaube, dass das sehr gut war. Damals wurde noch die Menuet nicht so ganz zurückgesetzt, man tanzte auch nicht nach einer gar zu raschen Musik, und die Jugend war gewissermaßen unter einer beständigen Aufsicht. Jetzt, da alles, was zu gesetzten Jahren gekommen ist, sich nicht mehr um den Tanz bekümmert, sondern nur dem leidigen Hang zum Kartenspiel folgt, fällt das letztere beinahe ganz weg; auch wechseln Menuets und andere ruhigere Tänze um so weniger mit den schnelleren und angreifenderen ab, da man sie fast gar nicht mehr lernt, sondern damit zufrieden ist, wenn man nur nach dem Takt der Musik hüpfen und springen kann. Die Walzer vertreten nunmehr die Stelle der Menuet, und die Quadrillen und Anglaisen tanzt man mit den jeden Winter neu eingeführten Pas.
Die Erfrischungen, welche auf den Bällen zu haben sind, bestehen größtenteils nur aus Butterbrot, Kuchen, Tee, Wein und Punsch; indessen fehlt es auch nicht an Gelegenheit, ein Glas kaltes Wasser, oder Gefrorenes zu erhaschen, womit manche Schöne leider nicht selten zu unbedachtsam sich zu erquicken glaubt; auch kann Zugluft, oder eine zu voreilige Entfernung aus dem Zimmer unmittelbar nach einem Tanze leicht gefährlich werden, wie ich in einigen Fällen selbst beobachtet habe. Eben so möchten unsere Bälle auch wohl zu lange dauern, da sie um fünf Uhr ihren Anfang nehmen, und selten vor Mitternacht geendigt werden; wenigstens befürchte ich doch, dass manche sehr beliebte und leidenschaftliche Tänzerin dabei für ihre Gesundheit den Kürzeren ziehen mag. Beiläufig will ich nur bemerken, dass ihre Zahl nicht gering ist, und dass man unter den Frauenzimmern weit mehr gute Tänzerinnen findet, als unter den jungen Herren. Ehedem pflegte selten eine Woche hinzugehen, dass man nicht einen Ball veranstaltete, jetzt begnügt man sich mit einer seltneren Wiederholung. Im Sommer kann mancher in Doberan Gelegenheit zum Tanzen finden; in der Stadt hingegen wird während dieser Jahreszeit kaum anders getanzt, als bei dem Scheibenschießen der hiesigen Kaufleute im August.
Eine zweite Schützenkompanie besteht aber aus den Gewerkern, die ihren Scheibenschuss ebenfalls mit einem bis an den Morgen fortdauernden Ball zu beschließen pflegen. Diese tanzen indessen außerdem auch noch zur Sommerszeit an Sonn- und Werktagen auf den Tanzsälen vor den Toren. Auf diese Jahreszeit schränkte sich sonst dieses Vergnügen bei ihnen ein; allein seit einigen Jahren haben sie auch des Winters ihre Bälle, und geben also auch hierin den Vornehmeren nichts nach. Die Gesellen, Dienstmädchen, und was sich an diese Klasse von Tanzliebhabern anschließt, tanzen bis jetzt nur noch im Sommer. In Rücksicht aller dieser verdient hier aber noch eine besondere diätetische Bemerkung ihren Platz. Die meisten von ihnen müssen zu einer bestimmten Stunde des Abends zu Hause sein, und eilen dann gewöhnlich, wenn sie noch ganz erhitzt sind, in der kühlen Abendluft nach Hause, oder fahren wohl gar, wenn sie auf der jenseits der Warnow liegenden Fähre getanzt haben, in einem Boote zurück. Dies kann nicht nur sehr leicht eine Erkältung zur Folge haben; sondern ich habe auch wirklich manche hitzige und langwierige Krankheit daraus entstehen sehen. Davor haben sich insbesondere auch die Tanzliebhaber aus den Kaufleuten und dem vornehmeren Bürgerstande zu fürchten, die bisweilen an diesem Orte in einer schon rauen Jahreszeit Bälle veranstalten, und dann spät Abends, oder in der Nacht auf demselben Wege sich nach Hause begeben. Die Maskeraden, welche in der Karnevalszeit gegeben werden, und an welchen größtenteils nur der niedrige Stand Teil nimmt, sind in dem hiesigen Schauspielhause, wo es nicht an Zugluft fehlt, und also mancher sich in einer zu dünnen Maskenkleidung nur gar zu leicht erkälten kann.