Eine Passagierin dritter Klasse



Nun will’s mir plötzlich scheinen,
Als saß ich in der Eisenbahn
Und müßte bitter weinen.
Was hab ich nur getan?

Ich fahre in die Fremde,
Und ist in meinem Herzen doch –
Als wie in meinem Hemde –
Kein Fleck. Was will ich noch?

Ich fahre so bequem,
Und wenn ich jetzt nun lachte,
Dann weiß ich gar nicht, wem
Ich damit Schande machte.

Vor einem Bahnzusammenstoß
War’ ich doch niemals bange.
Ich war doch schon mal lange
In Regensburg. Was hab’ ich bloß?

Ich bin noch immer, Gott sei Dank,
Streng fromme Katholikin,
Und bin zwar nicht gerade schlank,
Doch ohne daß ich dick bin.

Und Mutter kann ganz ruhig sein,
Sie ist versorgt im Spittel.
Und ihre Einzige bleibt rein,
Denn Arthur weiß ein Mittel.

Und er muß einmal London sehn,
Um weiter zu studieren,
Und er darf nicht zugrunde gehn
Und die Geduld verlieren.

In meiner neuen Stellung will
Ich mir viel Geld ersparen – – –.
Wie sind die Leute all so still,
Die mit mir fahren – – –?


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Reisebriefe eines Artisten I