Vorwort

Ob es gelungen, in gegenwärtigem Werke alles Wissenswerthe über den mineralischen Reichthum Brasiliens zu erschöpfen, ist schwer zu beurtheilen und kann mit Recht in Zweifel gezogen werden, wenn man insbesondere die Ausdehnung dieses Reichs, welche beinahe der von Europa gleich kommt, in Erwägung zieht, und das Wenige, was in dieser Schrift gesagt worden, mit dem Vielen, was man in dieser Beziehung über Europa, ja nur über Deutschland geschrieben hat, vergleichen will. Dennoch gilt die Versicherung, daß alles darin aufgenommen worden, was von jeher, sowohl durch schriftliche als mündliche Traditionen über mineralische Gegenstände, bekannt geworden ist.

Aus dem Gesagten kann daher der Schluß gezogen werden, daß der mineralische, besonders aber was den Staat mehr interessirt, der metallische Reichthum Brasiliens, entweder noch nicht vollkommen gekannt ist, oder daß Brasilien im Ganzen genommen (mit Ausnahme des Goldes, Eisens und der Edelsteine) arm an diesen Gegenständen sey.


Ersteres hat sehr viel für sich; denn da ein so großes Land kaum mit 4 Millionen Menschen bevölkert ist, so daß in der volkreichsten Provinz (die von Minas Geraes) nur 28 auf eine Quadrat-Meile gerechnet werden können, von denen überdem 2/3 Sclaven sind, außerdem aber auch ungeheure Wüsten vorhanden sind, die noch von keinem civilisirten Menschen betreten wurden; so kann man wohl mit Recht vermuthen, daß daselbst noch Manches im Schoos der Erde ungekannt im Verborgenen ruhe; macht man doch gegenwärtig noch so manche Entdeckungen in Deutschland, wo man sie für unmöglich halten sollte. Bedenkt man dagegen, wie sehr seit 130 Jahren ein größter Theil Brasiliens nach Gold und Edelsteinen durchsucht wurde, daß es eine Periode gab, in welcher Achtzig tausend Menschen darnach wühlten, die ganze Berge durchlöcherten oder durch Wasser abschwemmten und die Flußbetten bis zu ihren ersten Grundtiefen ausgruben; so muß man sich wundern, daß bei solchen Zerstörungen und Nachforschungen nicht häufigere Spuren auch anderer Metalle vorgekommen sind. Man könnte zwar einwenden, daß solche wahrscheinlich unbeachtet blieben, theils aus Geringschätzung, theils aus Unkenntniß! Diesem widerspricht aber nicht nur der natürliche Beobachtungs-, sondern auch Speculations-Geist des Brasilianischen Bergmanns, denn kein mineralischer Gegenstand wird von demselben unbeachtet gelassen, besonders wenn er metallischen Glanz oder besondere Farben und Gestalten hat, da er in jeder ihm neuen Erscheinung einen verborgenen Schatz gefunden zu haben glaubt, und diesen so lange sorgfaltig bewahrt, bis er seine Versuche damit angestellt hat. Zuerst zerkleinert und verwäscht er denselben auf Gold, ist es damit nichts, so bringt er ihn in eine Schmiedeesse und versucht Silber daraus zu schmelzen. Gelingt ihm auch dieses nicht, so nimmt er gelegentlich eine Portion davon mit nach der Stadt und läßt sie von Goldschmieden probiren, oder er zeigt sie Apothekern und Doctoren und anderen Personen, die im Rufe der Vielwisserei stehen (sogenannte Curiosos). Diese geben dem Dinge jedenfalls einen Namen, er mag nun recht oder unrecht seyn, und setzen unter dem Beistande einiger alten Hülfsbücher, mit anscheinender Gelehrsamkeit alle Vortheile auseinander, welche aus diesem Gegenstande zu ziehen sind. Nun wird die Entdeckung ausposaunt und der Mineiro speculirt auf hundert Dinge, die er dadurch zu erlangen hofft; er überläuft damit den Gouverneur der Provinz oder die Staatsminister in Bio de Janeiro, und sucht Protectionen bei anderen hohen Personen, er macht die übertriebensten Vorstellungen von dem ungeheuren Reichthum der Entdeckung, schmale Trümmer wachsen in seiner Beschreibung zu mächtigen Gängen, kleine Lager und Nester zu großen Massen und Bergen an, und nicht selten wird ihm unbedingt geglaubt und er empfängt den verlangten Lohn für seine Entdeckung. Orden, Civilstellen, Gage als Major oder Adjudant bei der Miliz, Privilegien, die ihm von Staats- oder Gemeinde-Lasten befreien u. s. w.; alles dieses kommt nach der Reihe zur Sprache, wenn das Eine oder das Andere abgeschlagen wird, und die Erfüllung seiner Wünsche bleibt nicht aus, sobald er nur recht unverschämt und beharrlich seine Forderungen betreibt. Wenn er auch zehnmal abgewiesen worden ist, so macht er doch den eilften Versuch, er versäumt keine Audienz bei dem respectiven Minister, oder wie ehemals bei dem Könige oder Kaiser, und fährt damit so lange fort, bis man endlich, um den Menschen nur loszuwerden, ihm seine Bitte gewährt. Nach Jahren, wenn der Entdecker vielleicht längst todt ist, erinnert sich irgend ein Minister wieder dieses Gegenstandes, läßt genauere Untersuchungen anstellen und findet sich alsdann gewöhnlich getäuscht.

In der 5ten Abtheilung ist alles, was man außer Gold und Eisen von mineralischen Reichthümern entdeckt hat, angeführt worden. Die Unbedeutenheit derselben in Betracht der großen und vielen Um-wühlungen ganzer Berge und Thäler bei dem erwähnten Beobachtungs- und Speculations-Geiste des Bergmanns, liegt also so klar am Tage, daß man nicht umhin kann, Brasilien unter die metallarmen Länder zu zählen.

Bei Abfassung dieses Werkes glaubte man einen natürlichen, der Sache angemessenen Gang befolgen zu müssen, indem das Geschichtliche jedesmal mit beigefügten, nach den bisherigen Beobachtungen entworfenen und von mir verbesserten oder selbst aufgenommenen Karten voranging, und alsdann die bergmännische Verfassung in allen ihren Zweigen nachfolgte. Die Ausdehnung, womit der Auszug der bergmännischen Gesetzgebung, so wie die Weitschweifigkeit, womit der geschichtliche Theil behandelt wurde, könnte wohl von Manchem getadelt werden, allein da von ersterem Gegenstande hauptsächlich der gegenwärtige Verfall der Goldgräbereien herzuleiten ist, und letzterer besonders auf den Ursprung der Entdeckungen und die großen Schwierigkeiten, womit man zu kämpfen hatte, zurückführt, vorzüglich aber auch ein treues Charakterbild der Entdecker darstellt; so glaubte man in möglichster Auseinandersetzung selbst das Geringfügig-scheinende beibehalten zu müssen.

Schließlich muß noch bemerkt werden, daß dieses Werk schon vor mehreren Jahren ausgearbeitet wurde, allein die Herausgabe sich aus Mangel eines Verlegers verspätete, wodurch man in den Stand gesetzt wurde noch mehrere Zusätze zu machen, vorzüglich die Englische Bergwerks - Compagnie betreffend; es wird deshalb dem Verfasser zur großen Genugthuung gereichen, wenn der geneigte Leser durch die größtmöglichste Vollständigkeit der ganzen Darstellung über so manche, theils unbekannte, theils irrige Ansichten des mineralischen Reichthums Brasiliens Licht und Befriedigung findet.

Cassel, den 1. Juli 1832.

Der Verfasser.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Pluto Brasiliensis