Mecklenburg – Rostock. Der Handel und die Bedeutsamkeit dieser Stadt in merkantilischer Hinsicht, Alter der Stadt. Merkwürdigkeiten
Aus: Deutschland und die Deutschen. Band 2
Autor: Beurmann, Eduard (1804-1883) deutscher Advokat, Journalist und Redakteur, Erscheinungsjahr: 1839
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Mecklenburg, Landesbeschreibung, Land und Leute, Sitten und Gebräuche, Hansestadt Rostock, Seehandel, Entdeckung Amerikas, Handelsstadt, Lübeck, gotischer Stil, Waldemar I. verbrannte Rostock, Pribislav II. stellte die Stadt 1170 wieder her, Borovin verlieh Rostock 1218 die Stadgerechtigkeit, sieben Tore, sieben Straßen vom Markt aus, Sieben Türen an der Marienkirche, sieben Linden im Rosengarten, sieben Brücken, sieben Glocken, sieben Türen am Rathaus, Hugo Grotius, die Zahl sieben ist das Wahrzeichen Rostocks,
Rostocks Handel ist, wenn nicht gerade in Stocken geraten, doch auch nicht auf der früheren Höhe geblieben. Die Entdeckung von Amerika entzog den Ostseehäfen den größten Teil ihrer Bedeutsamkeit; waren sie früher Mittelpunkt des Seehandels gewesen, so wurden sie jetzt sehr Nebensache. Insonderheit hat aber Rostock durch die Unbequemlichkeit seiner Reede gelitten; Warnemünde ist Seehafen, doch können hier nur Schiffe von 8—10 Fuß Tiefe einlaufen, größere müssen auf offenem Wasser, auf einer durchaus unbeschützten Reede Anker werfen, und selbst diese geringere Hafentiefe soll der Stadt jährlich bedeutende Kosten verursachen. Man kann sie als eine Handelsstadt zweiten Ranges am baltischen Meere betrachten, ein Rang, der in dem Welthandel kaum von Beachtung erscheint, wenn man bedenkt, dass Lübeck eine Handelsstadt ersten Ranges am baltischen Meere ist, Lübeck, das im Verhältnis zu andern Seestädten des Kontinents eine sehr untergeordnete Stellung einnimmt, und das einmal gar in dem „Schweriner freimütigen Abendblatt“ das „kümmerliche“ Lübeck genannt wurde, ein Epitheton, das übrigens nur in Lokalneid begründet war.
Der gotische Stil mit Türmen und Wällen, mit seinen der Straße zugewendeten Giebeln, seinen gewölbten Eingängen, seinen weiten geräumigen Hausdielen, erinnert den Beschauer an das hohe Alter der Stadt, die wenigstens mit ihrem Namen in die uralte slawische, an den Ufern der Ostsee blühende und von der Sage und den Chroniken so glänzend und prachtvoll ausgestattete Periode überragte. Allenthalben in diesen Städten gab es berühmte Götzenbilder, Grunds genug für christliche Herrscher, sich der Reichtümer derselben zu bemächtigen und den Feuerbrand der Vernichtung in friedliche Hütten und Paläste zu schleudern. Wenn nur dabei noch die Geschichte respektiert worden wäre, aber die christliche Aufklärung wollte die Barbarei bis auf den letzten Stein verderben und wurde dadurch selbst die größte Barbarei. Hat es ein Vineta — das übrigens von Gottes Hand getroffen wurde — gegeben, oder nicht? Ist diese Pracht und diese Herrlichkeit, die noch im Schoße des Meeres auf den Zinnen dieser Stadt ruhen soll, eine Entstellung der Chronik, ein Missverständnis, eine poetische Fiktion, oder ist sie Wahrheit? Wir wissen es nicht, verdanken aber zumeist diese Unkunde dem Christentum, das sich im besten Falle nicht die Mühe nahm, der heidnischen Vorzeit nachzuforschen.
Rostock, das von Waldemar I. christlich verbrannte heidnische Rostock, wurde im Jahre 1170 durch den nunmehr christlichen Obotritenfürsten Pribislav II. wiederhergestellt, und als Fürst Heinrich Borovin I. dem Orte Stadtgerechtigkeit verlieh, soll er bereits eine reindeutsche Bevölkerung ohne alle slawische Beimischung gezählt haben.
Der Rostocker Merkwürdigkeiten sind sehr wenige. Hugo Grotius, der in der Marienkirche begraben ist, kam auch nur durch einen Sturm hierher, der ihn auf der Reise von Schweden nach Holland befiel; und dass Rostock sieben Tore hat, sieben Straßen vom Markte aus, sieben Türen an der Marienkirche, sieben Glocken, sieben Brücken, sieben Türen am Rathause und sieben alte Linden im Rosengarten, interessiert höchstens die Handwerksburschen; denn die Zahl sieben ist das Wahrzeichen der Stadt, weshalb auch der Advokaten und Hofräte weit mehr sind, als sieben.
Der gotische Stil mit Türmen und Wällen, mit seinen der Straße zugewendeten Giebeln, seinen gewölbten Eingängen, seinen weiten geräumigen Hausdielen, erinnert den Beschauer an das hohe Alter der Stadt, die wenigstens mit ihrem Namen in die uralte slawische, an den Ufern der Ostsee blühende und von der Sage und den Chroniken so glänzend und prachtvoll ausgestattete Periode überragte. Allenthalben in diesen Städten gab es berühmte Götzenbilder, Grunds genug für christliche Herrscher, sich der Reichtümer derselben zu bemächtigen und den Feuerbrand der Vernichtung in friedliche Hütten und Paläste zu schleudern. Wenn nur dabei noch die Geschichte respektiert worden wäre, aber die christliche Aufklärung wollte die Barbarei bis auf den letzten Stein verderben und wurde dadurch selbst die größte Barbarei. Hat es ein Vineta — das übrigens von Gottes Hand getroffen wurde — gegeben, oder nicht? Ist diese Pracht und diese Herrlichkeit, die noch im Schoße des Meeres auf den Zinnen dieser Stadt ruhen soll, eine Entstellung der Chronik, ein Missverständnis, eine poetische Fiktion, oder ist sie Wahrheit? Wir wissen es nicht, verdanken aber zumeist diese Unkunde dem Christentum, das sich im besten Falle nicht die Mühe nahm, der heidnischen Vorzeit nachzuforschen.
Rostock, das von Waldemar I. christlich verbrannte heidnische Rostock, wurde im Jahre 1170 durch den nunmehr christlichen Obotritenfürsten Pribislav II. wiederhergestellt, und als Fürst Heinrich Borovin I. dem Orte Stadtgerechtigkeit verlieh, soll er bereits eine reindeutsche Bevölkerung ohne alle slawische Beimischung gezählt haben.
Der Rostocker Merkwürdigkeiten sind sehr wenige. Hugo Grotius, der in der Marienkirche begraben ist, kam auch nur durch einen Sturm hierher, der ihn auf der Reise von Schweden nach Holland befiel; und dass Rostock sieben Tore hat, sieben Straßen vom Markte aus, sieben Türen an der Marienkirche, sieben Glocken, sieben Brücken, sieben Türen am Rathause und sieben alte Linden im Rosengarten, interessiert höchstens die Handwerksburschen; denn die Zahl sieben ist das Wahrzeichen der Stadt, weshalb auch der Advokaten und Hofräte weit mehr sind, als sieben.