Peters Lustbarkeiten

So mannigfaltig waren die wichtigen Regierungs-Angelegenheiten, die Peter jetzt beschäftigten. Doch wusste er sie trefflich mit Vergnügungen, so wie sein Geschmack sie heischte, zu mischen. Das Groteske-komische wars, was vor allem ihn belustigte. In dieser Art war die Zwergen-Hochzeit, die er, bei der Vermählungs-Feier des Herzogs von Kurland veranstaltete. In gleicher Art war auch eine Maskerade, die der Zar selbst angegeben hatte, und deren Ausführung große Vorbereitungen erforderte.

Auch Peters Spiele dienten meist zu Beförderung eines ernsten Zweckes, und so hatte auch dieses Vermummungs-Spiel die Absicht, das Patriarchat, dessen völlige Abschaffung der Zar bezweckte, in den Augen des Volks herabzuwürdigen. Eine Hauptrolle spielte daher sein Jugend-Lehrer, Sotow, ein vier und achtzig jähriger Greis, der dem Zaren in Ernst und Scherz zu Dienste stand. Ihn hatte Peter längst im Spaß zum Patriarchen und endlich gar zum Papst erklärt. In dieser Würde ward er jetzt einer jungen Witwe angetraut, und zur Feier der Hochzeit eine große Maskerade angestellt. Vier hundert Personen beiderlei Geschlechts waren dazu geladen, und je vier und vier der Geladenen mussten in verschiedener, besonders Asiatischer, Tracht und mit verschiedenen musikalischen Instrumenten erscheinen. Die vier Personen, die zur Hochzeit einluden, waren die größten Stammler, die in Russland zu finden waren. Zu den Marschällen der Hochzeit, den Schaffnern, Brautdienern und Aufwärtern wählte man steinalte, zu Läufern dickbeleibte, podagrische Personen. Der falsche Zar von Moskau stellte den König David vor. Aber statt der Harfe hielt er eine, mit einer Löwenhaut überzogene, Leier, die er drehen musste. Er, als der Vornehmste, wurde auf einem großen Schlitten gezogen, und an den vier Enden des Gerüstes, auf dem er thronte, saßen vier ungeheure Bären, die so oft, als der König David, und nach seinem Beispiele, das ganze Gefolge ihre hundertfältige wüste Musik ertönen ließen, durch scharfe Stacheln zum scheußlichsten Brummen gereizt wurden. Der Zar selbst war, wie einst bei der Maskerade in Wien, als Friesischer Bauer gekleidet, und sein Instrument war die Trommel, die er in Verbindung mit drei anderen Generalen, mit vieler Geschicklichkeit schlug. So ward unter dem Läuten aller Glocken das ungleiche Brautpaar von den Masken in die Hauptkirche vor den Altar gebracht, und von einem hundertjährigen Priester getraut, dem schon Gesicht und Gedächtnis fehlten. Man hielt ihm zwei Lichter vor die bebrillte Nase, und rief ihm in die Ohren, was er dem Brautpaare vorbeten solle. Aus der Kirche ging der Zug nach des Zaren Palast, wo die Lustbarkeiten mehrere Tage fortdauerten, und mit unter in Ausschweifungen übergingen *).


Doch ließ sich der Zar von seiner Schwester, der Prinzessin Natalia, auch mit anderen theatralischen Vorstellungen unterhalten. Natalia selbst verfertigte die Schauspiele in Russischer Sprache, wozu sie die Gegenstände bald aus der Bibel, bald aus weltlichen Chroniken entlehnte. Schauspieler und Musiker waren Russen. Der Harlekin, ein Offizier, mengte seine Possen darunter, und zuletzt trat ein Redner auf, der die Geschichte der vorgestellten Handlung erzählte, und den Zuhörern die Scheußlichkeit der Empörungen, welche meist der Gegenstand der Darstellungen gewesen waren, ans Herz legte **).

*) Weber I. S. 62.
**) Weber I. S. 228.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Leben Peters des Großen. Bd 2