Im höchsten Norden Norwegens - Lappland

Den nördlichsten Teil Norwegens wie Europas bildet das norwegische Lappland oder Finnmarken, der volksärmste Teil der skandinavischen Halbinsel, wo in vielen Kirchspielen kaum zehn Einwohner auf die Quadratmeile kommen. Das gesamte Finnmarken, ein gebirgiges Land mit nur einem erwähnenswerten Fluss, dem Altenelo, und einer durch zahlreiche Buchten überaus zerklüfteten Küste mit vielen vorgelegenen Inseln umfasst 1.284,8 geographische Quadratmeilen mit ungefähr 54.700 Einwohnern, welche neben nur wenigen eigentlichen Norwegern in den Städten aus Lappen und Finnen bestehen.

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Die norwegischen Lappen, welche sich selber Samer oder Sahmelads nennen, zerfallen in die Waldlappen, welche Rentiere halten und innerhalb eines bestimmten Bezirkes nomadisierend und nebenbei Jagd treibend umherziehen, und in die Fischerlappen, welche an den Ufern des Meeres und der Flüsse und Seen sesshaft geworden sind und Fischfang treiben. Die Finnen oder Kväner sind aus dem eigentlichen Finnland, wahrscheinlich in Folge der Kriege Karls XII. und der Verwüstungen der Russen in ihrer früheren Heimat im Anfang des vorigen Jahrhunderts eingewandert, haben aber ihre ursprüngliche Lebensart und Sitten, sowie die finnische Sprache beibehalten und nur die Kleidung von den Lappen angenommen. Sie treiben Ackerbau, Viehzucht und Fischfang, sind intelligent und arbeitsam. — Finnmarken wird in fünf Vogteien: Alten, Hammerfest, Tana, Varanger und Tromsö-Senjen eingeteilt, welche wieder in 24 Pfarreien und 40 Kirchspiele zerfallen. Das unwirtsame und, wie oben ausgeführt, nur schwach bevölkerte Land hat nur vier nennenswerte Handelsstädte: Tromsö, Hammerfest, Vardö und Vadsö am Varanger Fjord, während von größeren Ortschaften noch zu erwähnen sin: Altengaard, Talwig und Kaafjord. —

Die nördlichste Spitze von Finnmarken und gleichzeitig auch von ganz Europa bildet das Nordkap auf der zerklüfteten Insel Mangerö, von dem unsere zweite Illustration auf S. 616 eine Ansicht gibt, während Nordkyn die nördlichste Spitze des Festlandes bildet. Auf der das nördliche Norwegen umgebenden Inselwelt und an den Gestaden der verschiedenen Fjorde nun hausen vorzugsweise jene kleinen, gelbbräunlich gefärbten Menschen mit schiefgeschnittenen Augen, vorspringenden Backenknochen und spitzem Kinn, die Fischerlappen, und gewinnen in rauer, gefahrvoller Arbeit dem Ozean seine Beute ab.
Unsere erste Zeichnung veranschaulicht in einer größeren Gruppe den Typus dieser Fischfang treibenden Lappen, deren Ansiedelungen, kaum Dörfer zu nennen, sich über das ganze Küsten- und Inselgebiet der Finnmark und namentlich ihres östlichen Teiles erstrecken bis Vardö oder Vardöhus, der nördlichsten Festung Europas, im Osten der Finnmark und bis zu dem Varanger Fjord, wo die russische Grenze beginnt.
Vardö, dessen Hafen unser drittes Bild zeigt, ist ein kleines Städtchen, bekannt durch seinen bedeutenden Stockfischfang, welcher hier regelrecht von lappischen und finnischen Fischern betrieben wird, und dessen Ertrag von Hamburger und norwegischen Schiffern abgeholt und meist nach Deutschland, Holland, Belgien und Spanien ausgeführt wird. Es liegt zwar etwas südlicher als Hammerfest, hat aber doch ein weit kälteres Klima und seine Bevölkerung lebt vorwiegend vom Stockfischfang und der Bereitung des Lebertrans, welcher von hier in bedeutender Menge ausgeführt wird.
Die Hauptstadt der Finnmark ist Tromsö, auf der Westküste von Grotsund auf einer Felseninsel gelegen, mit gutem Hafen und ziemlich starkem Handelsverkehr, wo hauptsächlich auch die nach Spitzbergen fahrenden Schiffe ausgerüstet werden. Es ist eine reinliche, hübsch angelegte Stadt von lauter hölzernen, meist rotbemalten Häusern (siehe unsere vierte Illustration), und gastfreundlichen, umgänglichen Bewohnern verschiedener Nationalität. Hier begegnen sich Finnen, Lappen, Normänner und Schweden, Holländer, Deutsche, Dänen und Friesen.
Auf unserer fünften Zeichnung heben wir einige charakteristische Typen aus diesem hochnordischen Völkergemeng hervor, z. B. den 85jährigen Häuptling eines Stammes von Fischerlappen, ein lappländisches Brautpaar aus Hammerfest, den norwegischen Harpunierer eines spitzbergischen Walfischfängers aus Tromsö und ein Paar samojedischer Häuptlinge vom Weißen Meer in ihren Kleidern aus Robbenfell und Bärenpelz.