II. Die Hanse und das Ausland von 1377-1418. 2. Die Hanse und Flandern
Aus: Die Blütezeit der deutschen Hanse. Band 1
Autor: Daenell, Ernst Robert Dr. (1872-1921) deutscher Historiker und Hochschullehrer, Erscheinungsjahr: 1905
Themenbereiche
Mittelalter Mecklenburg-Vorpommern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft Hamburg Hansezeit Hansestadt Rostock
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Hansebund, Hansa, Hansetag, Mittelalter, Bürgerstand, Koggen, Handel, Städtewesen, Bürgerleben,
Während von englischer Seite her das Unheil langsam gegen Flandern und die Hanse heranwuchs, hatten sich Handel und Industrie Flanderns seit dem englisch-französischen Vertrag von Bretigny 1360 fast zwei Jahrzehnte lang einer ungestörten Blüte erfreuen können. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes erreichten in diesen Jahrzehnten einen Höhepunkt der Entwicklung. Es war, wie der zeitgenössische Geschichtsschreiber Froissard in seiner Chronik hervorhebt, gesättigt mit Gold, Silber, Reichtümern und Gütern allerart. Die Prachtentfaltung der Reichen, aber auch minder wohlhabender Schichten überstieg alles Maß. Auch in der Baukunst wurde die Lust am Prunk bestimmend für den Charakter des Stils. An die Stelle der einfachen massigen Würde der altern Bauten trat das Streben nach dekorativer Wirkung und verschwenderischer Verzierung der Fassaden der bürgerlichen Monumentalbauten in immer stärkerem Maße.
Der hansische Handel mit Flandern hob sich auf der breiten, 1360 gewonnenen Grundlage außerordentlich. Auch der Verkehr der südlichen Handelsnationen nach Brügge nahm zu trotz der Störungen, die um die Mitte der sechziger Jahre die guten Beziehungen der Christen zum ägyptischen Sultan erlitten. Da die Spezereien namentlich über Alexandria in den europäischen Verkehr kamen, so zeigte sich bald in Flandern und England eine lange anhaltende Störung in der Zufuhr und eine Steigerung im Preis derselben.
Aber die inneren politischen Verhältnisse des Landes und der Städte trieben einer furchtbaren Krisis zu. Gent blieb durch seine demokratische Verfassung, in der die Weber die Herrschaft führten, und die Erinnerung an die Zeiten Jakobs van Artevelde dem Landesherrn entfremdet. Brügge dagegen mit seinem aristokratischen Regimente war seiner Gunstbezeugungen sicher. Gent erhob 1379 die Waffen, als Brügge vom Grafen für seine Willfährigkeit in Steuerfragen einen Kanalbau bewilligt erhielt, der die Blüte des Verkehrs in Gent schwer schädigen zu müssen schien. Philipp van Artevelde, ein Sohn des großen Jakob, trat Anfang 1382 an die Spitze des Aufstandes und fasste durch den Zauber seines Namens die ganze Stoßkraft der demokratischen Bewegung in seiner Hand zusammen. Vor den Toren von Brügge wurde Graf Ludwig am 3. Mai 1382 völlig geschlagen, Brügge selbst ward von den Gentern eingenommen, aber nur die Makler und reichen Bürger der Stadt und ihr Besitztum wurden ihrer Wut preisgegeben. Über die andern flämischen Gemeinden verbreitete sich der Aufstand, selbst jenseits der Grenzen Flanderns zeigten sich entsprechende Bewegungen bis Paris und bis zum Rheine hin, auch in England. Die größten Sympathien flogen dem „Ruwaard von Flandern", Philipp van Artevelde, entgegen. Der Graf war plötzlich machtlos, doch mit Erfolg rief er seinen Schwiegersohn und künftigen Erben Herzog Philipp von Burgund und durch dessen mächtigen Einfluss Frankreich um Unterstützung an. Zu spät begann England an Beistand für seine alte Bundesgenossin Gent zu denken. Am 27. November 1382 erlag das flämische Bürger- und Bauernheer bei Roosebeke den kriegsgeübten französischen Rittermassen; Artevelde selbst fiel. Es war ein Sieg, der überhaupt über das Schicksal der verwandten Bewegungen zugunsten der adelig-fürstlichen Überlegenheit entschied.
Aber nicht sogleich verlor das trotzige Gent den Mut. Franzosen und Engländer verwüsteten wieder das Land, mit englischer Hilfe brachen die Genter die Blüte der gewerbereichen Nebenbuhlerin Ypern, indem sie die von den Tucharbeitern bewohnten Vorstädte zerstörten. Jede Sicherheit der Person und des Eigentums hörte auf. Handel und Produktion stockten. Die Bewohner der Normandie aber suchten den Außenverkehr Flanderns, dessen Städte nach wie vor mit England sympathisierten, zu schädigen und gewannen leichten Raub in dem Seeverkehr vor der flandrischen Küste, besonders an den reichen hansischen Schiffen. Vergeblich forderte das Brügger Kontor von Flandern Schutz vor dem Seeraub und Entschädigung mit Berufung auf Bestimmungen seiner Privilegien. Erst als im Frühjahr 1378 23 hansische Schifte von den Normannen genommen wurden, vereinbarte Graf Ludwig mit seinem Lande die Aussendung von Schiffen zum Schutz des Seeverkehrs vor den flandrischen Küsten. Aber bei der Fortdauer des englisch-französischen Krieges führte diese Maßregel so wenig wie die wiederholten Erlasse des französischen Königs Karl VI. eine Verminderung des Unwesens herbei. Die Hanse suchte schließlich dadurch Vergeltung zu üben, dass sie die normannischen Güter vom Handel auf Schonen und in den Hansestädten ausschloss.
Schon vor dem Ausbruch des Genter Aufstandes hatte sich das Verhältnis zwischen Flandern und den hansischen Kaufleuten wieder getrübt. Wiederholt wurden vom hansischen Kontor in Brügge und auf den Hansetagen Beschwerden vorgebracht über Verletzung und Nichtbeachtung verschiedener Bestimmungen der Privilegien, Handelsverhältnisse und Rechtspflege betreffend, vorwiegend durch die Schöffen und den Rat von Brügge, gelegentlich auch durch den Landesherrn und seine Beamten. Eine Gesandtschaft des Lübecker Hansetages 1375 nach Flandern verlief völlig ergebnislos. Großes Aufsehen machte im folgenden Jahre die Gefangensetzung des Kaufmanns Johann Sudermann aus vornehmer Dortmunder Patrizierfamilie in Brügge, denn ein Hauptsatz der Privilegien war durch diese Freiheitsberaubung verletzt. Andererseits fühlte sich doch auch Graf Ludwig in seiner Hoheit durch die Weigerung der Hansen verletzt, ihn als Richter über den Umfang ihrer Privilegien anzuerkennen, die er sie beschuldigte, mannigfach überschritten zu haben. Auch besorgte er, die Hansen möchten heimlich das Land räumen und sich und ihre Güter in Sicherheit bringen. Er ließ daher am 11. März 1378, nur von Gent widersprochen, allerorten die hansischen Kaufleute, ihre Güter und Schiffe in Gewahrsam nehmen. Und wenn er auch auf Vorstellungen des Kontors die Maßregel schnell wieder aufhob, so wurde durch sie doch in der hansischen Kaufmannschaft das Gefühl der Unsicherheit ihrer Stellung erhöht. Unter diesem Drucke vollzog sich eine neue Annäherung der rheinisch- westfälischen Städtegruppe an die östlichen Hansestädte. Der Hansetag zu Lübeck im Juni 1379 gab dieser neuen Belebung des Zusammenhangsgefühls durch die Mannigfaltigkeit und Reichlichkeit seiner Besendung bemerkenswerten Ausdruck, 25 Städte waren vertreten, Dortmund und Bremen erschienen zum erstenmal auf einem Hansetage. Die Lage des Kaufmanns in Flandern war es, die wie 1358 die deutschen Städte sammelte. Aber die Versammlung konnte sich noch nicht zum Abbruche des Verkehrs mit einem Lande entschließen, von dem die Städte selbst urteilten, dass „do unsir lute me vriheit und privilegen hetten, den in keyme andren lande; das dii unsirn das miden solden, das were yn eyn vorterblich schade". Auch der Umstand, dass die englischen Privilegien gerade der Gültigkeit entbehrten, mochte sie davon zurückhalten, die flandrischen aufs Spiel zu setzen.
Vollends unmöglich aber war es der Hanse, während der Wirren des Krieges in Flandern Rücksichtnahme auf ihre Privilegien zu erreichen. Am 17. Mai 3380 wurden ihre wie alle fremden Kaufleute sogar vom Grafen Landes verwiesen, der dadurch seinen aufständischen Städten die Zufuhren aus dem Auslande, allerdings vergeblich, abzuschneiden bezweckte.
Die französische Eroberung, die Wiederherstellung der Herrschaft des Grafen führten freilich in erster Linie eine Bedrückung der englischen Kaufleute mit sich. Aber auch den Hansen verzieh Graf Ludwig den fortgesetzten Verkehr mit Gent nicht. Nach der Wiedereinnahme Brügges Ende 1382 wurden auch sie schweren Abgaben und Schätzungen durch den Grafen und die Stadt unterworfen. Nur Kampen verglich sich jetzt wie 1358 gesondert mit ihm und verlieh dadurch den Ansprüchen des Grafen und seiner Beamten den andern Kaufleuten gegenüber erhöhten Nachdruck. Und noch eine andere Macht sonderte sich von der Hanse ab, der deutsche Orden in Preußen und seine Städte. Vom Grafen von Flandern und vom Könige von Frankreich erlangte er Schutzversprechen für seine Untertanen und Rückgabe arrestierter Güter.
Als Graf Ludwig Anfang 1384 starb und sein Schwiegersohn Herzog Philipp die Regierung übernahm, konnte man von der Macht des neuen Herrschers eine schnelle und völlige Befriedung des unglücklichen Landes wohl erwarten. Am 18. Dezember 1385 unterwarf sich endlich, sehr zum Missvergnügen der englischen Regierung, auch Gent, ohne eine Einbuße in seinen Privilegien zu erleiden.
Geduldig hatten die Städte auch mit dem burgundischen Herrscher alsbald Verhandlungen über die Bewilligung ihrer Entschädigungsforderungen und die Anerkennung ihrer Privilegien geführt. Aber die langwierige Tagfahrt zu Dordrecht und Antwerpen im Mai und Juni 1387 brachte doch in dem Hauptpunkte, der wegen Gefangensetzung und Vergewaltigung ihrer Kaufleute von ihnen geforderten besonderen moralischen Genugtuung, der augenfälligen Wiederherstellung des geschädigten hansischen Ansehens, keine Verständigung mit den Boten der Lede Flanderns und des Herzogs. Da endlich traten die Hansestädte dem Gedanken der Verlegung ihres Stapels und Kontors aus Brügge nahe und setzten sich wie 1358 deswegen in Verbindung mit Holland.
Graf Albrecht von Holland hatte schon seit geraumer Zeit seine Aufmerksamkeit der Lage der Hanse in Flandern zugewandt. Schon 1379 hatte er die Klagen hansischer Boten über die Aufkündigung des Privilegs von 1363 mit dem Hinweise beantwortet, dass er zu allem Entgegenkommen bereit sei, wenn die Hanse sich zur Gründung einer festen Niederlassung in seinem Lande verstehe. Im Frühjahr 1383, als die Aussichten in Flandern am trübsten waren, hatte er bei der Hanse um die Verlegung ihres Stapels nach Dordrecht werben lassen. Aber erst 1387 ergriff die Hanse die dargebotene Hand. Das Privileg von 1363 wurde bis zum 1. Mai 1389 für wieder gültig erklärt, auch die Wiederverleihung des großen Freibriefs von 1358 in Aussicht gestellt. Als Flandern die letzte Frist für die Bewilligung der hansischen Forderungen unbeachtet verstreichen ließ und die zahlreich beschickte Versammlung zu Lübeck im Mai 1388 vergeblich auf das Erscheinen der geforderten flandrischen Gesandtschaft gewartet hatte, fiel die Entscheidung. Der Hansetag erließ, fast wörtlich übereinstimmend mit der vor dreißig Jahren gegen Flandern erlassenen Ordonnanz, ein Verbot des Verkehrs mit Flandern, Mecheln und Antwerpen, über die der hansische Kaufmann außerdem ebenfalls nachdrückliche Klagen über Verunrechtungen vorzubringen hatte.
Bis Himmelfahrt müssen alle hansischen Kaufleute mit ihren Gütern das gesperrte Gebiet räumen. Kein Mitglied der Hanse darf über die Maas, d. h. Dordrecht, hinaus nach Westen zur See und zu Land dasselbe besuchen, sein Gut an Bewohner von Flandern, Mecheln und Antwerpen verkaufen oder an Leute, die es ihnen zuführen würden. Nach Himmelfahrt ist den hansischen Kaufleuten der Tuchkauf dort verboten und außerhalb Flanderns der Ankauf von in Flandern, Mecheln und Antwerpen angefertigten Tuchen. Die Einfuhr dieser durch Nichthansen in Hansestädte soll konfisziert werden. Von den Häfen der Niederlande, Englands, Schottlands, Norwegens, wo die Hansen ihre Güter absetzen, sollen sie Bescheinigungen der dortigen hansischen Alterleute, wo solche sind, sonst der betreffenden Stadt darüber beibringen. Nichthansischen Kaufleuten und Schiftern aber soll die Ausfuhr aus Hansestädten nur gegen genügende Bürgschaft, dass sie sie nicht den Flämingern zuführen, gestattet sein. Hansische Übertreter dieser Ordonnanz dürfen von jeder Hansestadt deswegen an Person und Gütern belangt werden, Hansestädte, die von ihr abfallen, sollen auf ewig aus der Hanse ausgeschlossen sein. Ein Jahr später ward auf Antrag des Dordrechter Kontors diese Ordonnanz in etlichen Punkten eingehender und genauer formuliert, in andern wurden Ausnahmen festgestellt. Insbesondere wurde dem deutschen Orden gestattet, weiße Tuche von Mecheln, deren er zur Tracht der Ordensbrüder bedurfte, zu kaufen und Bernstein den Flämingern zu verkaufen; Baiensalz, Poitouwein und englische Wolle, die in Bergen op Zoom von den Hansen gekauft werden darf, sind befreit von dem Handelsverbot, nur dürfen sie nicht den Flämingern zugeführt werden. Den Handel mit Tuchen von St. Omer darf das Kontor gestatten, wenn die Stadt sich mit ihm über vorgefallene Zerwürfnisse vergleicht.
Somit war die Überzeugung von der Notwendigkeit eines neuen Handelskrieges mit Flandern im Frühjahr 1388 endlich Allgemeingut der Hansestädte geworden — „unde was des landes to Vlanderen grot vorderf". Vielleicht stand es nicht außer Zusammenhang hiermit, dass die preußischen und wendischen Städte im August und September 1388 so schnell auf den Abschluss des Vertrags mit England eingingen, obwohl er für sie keineswegs vorteilhaft war.
Da die Städte veranschlagten, dass ihre Maßregeln im Laufe von zwei bis drei Jahren erwünschten Erfolg haben würden, wollten sie sich zur Stapelhaltung in Dordrecht nicht für längere Zeit verpflichten. Holland aber versuchte weitere Vorteile aus der Störung des flandrischen Handelslebens zu ziehen. Am 22. Oktober 1388 gestattete Graf Albrecht auch den Kaufleuten von Italien, Spanien, Portugal, Katalonien, also der gesamten südländischen Kaufmannschaft, die dem Brügger Markte die eine Hälfte seines Glanzes verlieh, die Benutzung des hansischen Privilegs von 1363. Im Jahre 1390 verlieh er den Kaufleuten aus Portugal und Algarve auf Bitte Middelburgs dort freien Verkehr und Stapelrecht. Er machte den kühnen, aber vergeblichen Versuch, sein Land und seine Stadt Dordrecht zum Mittelpunkte des Welthandels, des Austausches zwischen südlicher und nördlicher Zone auf Kosten Brügges und Flanderns zu machen. Und die Hanse beförderte diese Politik durch den Erlass gegen den Ankauf von Südfrüchten und westlichen Gütern, außer wenn sie von den Italienern selbst auf den Dordrechter Stapel gebracht würden. Am 7. Mai 1389 aber bewilligte Graf Albrecht dem deutschen Kaufmanne höchst vorteilhafte, wenn auch widerrufliche Freiheiten für unbestimmte Zeit, indem er die Freibriefe von 1358 und 1363 durch Herübernahme einer Anzahl Vergünstigungen aus dem flandrischen Privileg von 1360 und Zufügung neuer vermehrte.*) Es war das deutsche Kontor zu Brügge, das eigenmächtig diese Zugeständnisse sich errang, da die wendischen und die preußischen Städte über eine Gesandtschaft nach Holland, die demselben Zwecke dienen sollte, sich nicht einigen konnten, vermutlich aber nur deshalb zögerten, um noch einmal Flandern die Gelegenheit zum Entgegenkommen zu bieten. Das Vorgehen des Kaufmanns überraschte sie, und wenn sie auch die unerwartet günstigen Erwerbungen gern gutheißen durften, konnten die preußischen doch ihren Unmut nicht unterdrücken und verlangten, dass künftighin dergleichen nicht mehr ohne Befragung und Mitwirkung der Städte geschehe.
*) Hans. UB. IV n. 965, vgl. n. 980 den Gedanken Utrechts und seines Bischofs, durch ein diesem nachgebildetes Privileg den hansischen Verkehr auch zu sich zu lenken.
Jedoch der Aufenthalt des hansischen Stapels auf holländischem Boden konnte dem Handel der Holländer das Eindringen in die Ostsee erleichtern. Dieser Gefahr suchte die Hanse durch ein Verbot jeder Handelsgesellschaft hansischer Kaufleute mit holländischen zu begegnen, der gemeinsame Besitz von Schiffen blieb dagegen gestattet. Vor allen Dingen aber überwachten Kaufmann und Städte mit eifriger Sorge die Ausführung des Verkehrsverbots. Dieses ward jedoch häufig genug übertreten und zwar, wie es hieß, zumeist von den preußischen Städten und vom Orden, auf dessen besondere Bedürfnisse, den Bezug mechelnscher Laken, den Absatz des Bernsteins, in der hansischen Verkehrsordonnanz ohnehin schon Rücksicht genommen war.
Die Zwitterstellung des Ordens trat mit besonderer Deutlichkeit in dieser Frage hervor; auf der einen Seite der Zusammenhang mit der Hanse durch die großen Städte seines Landes, durch den Anschluss und die Förderung, die die Hanse ihm und seinem eigenen Handel in dem Mitgenuss an ihren Privilegien gewährte; auf der andern Seite ein fürstliches Solidaritätsgefühl und eine Reihe nichtwirtschaftlicher Interessen, die ihn mit den Herrschaften der andern Länder und Völker verband. So erklärt es sich, dass die flandrischen Städte, die durch die Verlegung des hansischen Stapels in das Nachbarland doch beunruhigt wurden, und der Herzog, der gern die Gelegenheit ergriff, die Interessen seiner neuen Untertanen zu unterstützen, wiederholt den Orden um Befürwortung weiterer Verhandlungen bei der Hanse ersuchten. Und der Hochmeister willfahrte ihrer Bitte und bat die Hanse verschiedentlich um baldige Aussöhnung mit Flandern. Da waren es seine Städte, deren Bewegungsfreiheit in der hansischen Gemeinschaft er seiner besonderen Zwecke wegen zu wiederholten Malen Zügel angelegt hatte, die sich entschieden auf den hansischen Standpunkt stellten. Der Meister musste einlenken. Er gestand dem Herzoge die unlösbare Interessengemeinschaft zwischen seinen und den wendischen Städten ein und bat ihn, es ihm und den Seinen nicht zu verübeln, wenn sie auch fernerhin an der Seite ihrer wendischen Hansegenossinnen ihren Vorteil wahrnähmen, denn es würde ihnen Schaden bringen, wenn sie sich von der Gemeinschaft der Städte absonderten.
Die Hanse hatte ungefähr richtig gerechnet, wenn sie ihren Stapelaufenthalt in Dordrecht auf drei Jahre veranschlagte. Fest hielt sie an den zu Dordrecht 1387 gestellten Bedingungen und unterbreitete dieselben bis ins einzelne fixiert einer glänzenden flandrischen Gesandtschaft zu Lübeck im Herbste 1389, wo wir außer den wendischen, preußischen und livländischen Städten auch Braunschweig, Dortmund und sogar Köln um Lübeck geschart finden.*) Noch sträubten sich die Fläminger, so lebhaft sich auch das Bedürfnis nach Wiederherstellung der Handelsverbindungen mit dem Osten im Lande selbst geltend machte, namentlich seitdem ein Stillstand zwischen England und Frankreich 1389 auch das erschöpfte Flandern zur Ruhe kommen ließ. Jedoch im Sommer 1391 rief eine flandrische Gesandtschaft die Vermittlung des hansischen Kaufmanns in Dordrecht an. Daraufhin schlugen die preußischen Städte Lübeck eine Tagfahrt mit den Flämingern in Hamburg für den 11. November 1391 vor. Hier sammelten sich rechtzeitig die Boten der in Fragen des Handels mit Flandern tonangebenden Städte, wieder fehlten nicht Braunschweig, Dortmund und Köln. Das Nichterscheinen süderseeischer Städte beruhte wohl darin, dass zum mindesten ihre Führerin Kämpen auch diesmal dem hansischen Verkehrsverbote den Gehorsam versagt hatte. Lübeck hatte seine besten Ratspolitiker gesandt, Heinrich Westhof, der nach Jakob Pleskows Tode bald die einflussreichste Stellung errang, außerdem den später so viel genannten Jordan Pleskow, der hier zum ersten Male in hansischen Geschäften Verwendung fand. Von Flandern erschienen sechs Gesandte der Lede und drei des Herzogs. Die Versöhnung gelang, jedoch so, dass Flandern fast alle Forderungen der Hanse bewilligen musste. Die alten Privilegien sollten voll und ganz bestätigt und durch eine Anzahl Bestimmungen vermehrt werden, die aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte abgeleitet waren, zum Teil die Stellung des hansischen Kontors weiter befestigen, das Ansehen seiner Älterleute vermehren sollten. Als Schadenersatz wurden der Hanse insgesamt 11.000 Pfund Grote zugestanden;**) von rechtzeitiger Bezahlung dieser Summe und Übersendung der bestätigten Privilegien an Lübeck ward der Zeitpunkt der Rückkehr des Kontors nach Brügge abhängig gemacht. Zur Sühne der den Hausen durch die Gefangensetzung ihrer Kaufleute zugefügten Schmach verpflichteten sich die Lede, dem Kaufmanne bei seinem Einzüge in Brügge durch eine Deputation von 100 Mann öffentlich Abbitte zu leisten und Wallfahrer nach Rom, Jerusalem und St. Jago de Compostella auszusenden.
*) Auch Breslau, Krakau, Stockholm erscheinen in diesen Jahren wieder in Beziehung zur flandrischen Frage der Hanse, HR. 1. III n. 361 § 7, 362 §4.
**) Die Ersatzforderung der Städte betrug 16.627 Pfund Grote (= 74.822 M. lüb.), dazu 15.063 Pfund Grote (= 67.734 M. lüb. 1 Pfund Grote = 4 1/2 M. lüb. nach HR. 1. III n. 450), HR. 1. III n. 446. Die am Schaden beteiligten Städte waren hiernach Lübeck, Hamburg, Stralsund, Wismar, Kolberg, preußische und livländische Städte, Wisby, Bremen, außerdem und zwar mit den nächst Lübeck erheblichsten Beträgen Münster, Köln, ferner von Binnenstädten Lüneburg, Salzwedel, Dortmund, Braunschweig, Magdeburg.
Wenn sich die Rückkehr des Kaufmanns nach Brügge noch um über ein Jahr verzögerte, so war der Grund der, dass Flandern in der im Juni 1392 in Lübeck vorgelegten Privilegienfassung Einschränkungen der gemachten Zusagen vorgenommen hatte, die die Hanse zur Zurückweisung nötigten. Erst Mitte Oktober legte eine große flandrische Gesandtschaft in Lübeck die Bestätigungsurkunden der alten und der neubewilligten Rechte des Inhalts vor, wie die Städte fordern konnten. Jedoch die Ausstellung der Privilegien zeigt gegenüber den Verleihungen von 1360 charakteristische Verschiedenheiten. Diesmal war nur der neue Landesherr, Herzog Philipp von Burgund, der Verleihende, nicht mehr als ihm gleichwertige flacht zugleich auch die Lede. Zwar erklärten diese auch jetzt wie 1360, dass auf ihren besonderen Wunsch die Verleihungen erfolgt seien, im übrigen aber versprachen sie nur, dieselben zu halten und bei Privilegienverletzungen den Hansen Beihilfe zu leisten, wenn der Herzog sich gerade nicht im Lande befinde und die Hansen ihn außer Landes nicht aufsuchen wollten. Auch diese Zusage der Lede war eine erhebliche Abschwächung im Vergleich mit den von ihnen 1360 gegen die Hansen übernommenen Verpflichtungen.
Die Veränderung in der Stellung der flandrischen Städte zu ihrem neuen Herrn, die hierin zum Ausdruck kam, war begründet in der größeren Macht des burgundischen Herrschers ihnen gegen- über, aber auch in einer den Städten als selbständigen politischen Faktoren feindlichen Anschauung von landesherrlicher Machtfülle überhaupt. Diese immer vollständiger zu verwirklichen in den verschiedenen Gebieten der Niederlande, die bald sämtlich unter ihrem Szepter standen, vor allem gegenüber ihren trotzigen, auf alte Selbständigkeit pochenden Städten, war im Laufe des 15. Jahrhunderts ein Hauptstreben der burgundischen Herrscher, mit dem die Hanse über kurz oder lang ebenfalls rechnen musste. Im Jahre 1392 empfand sie offenbar jene Veränderung noch nicht und legte jenem Punkt des herzoglichen Privilegs, der von der Beihilfe der Lede sprach, mehr Bedeutung bei, als ihm in Wirklichkeit zukam. Erst Anfang Oktober 1392, also mehrere Monate später als der Friedensvertrag festgesetzt hatte, konnte der Hamburger Ratsherr Johann Hoyer in Amsterdam über den Empfang der ersten Hälfte der Entschädigungssumme der Fläminger quittieren.
Nun erst verhießen Lübeck und Hamburg den drängenden Leden die Rückkehr des Kontors zum 13. Dezember. Die Kunde hiervon rief in Brügge allgemeine Freude hervor. Am 21. geleiteten zwei der fähigsten hansischen Politiker, die Ratsherren Heinrich Westhof von Lübeck und Johann Hoyer von Hamburg, hundertfünfzig berittene hansische Kaufleute von Dordrecht nach Brügge. Am 8. Januar 1393 wurde hier die Sühne in ihrer und der flandrischen Deputierten Gegenwart vollzogen. In feierlichem Aufzuge begaben sich Vertreter der Lede in reichlicher Zahl, über hundert Personen, ins Karmeliterkloster, wo sie im Remter, dem alten Sitzungssaale des hansischen Kontors, von den Gesandten und der versammelten Kaufmannschaft der Hanse erwartet wurden. Bei offener Tür, so dass jedermann es vernehmen konnte, ließen sie den Sühnebrief vorlesen, dann wurden die übernommenen Verpflichtungen zur Genugtuung der Hansen erfüllt.
Die Hoffnung, die Graf Albrecht von Holland auf den hansischen Stapel gesetzt hatte, zerrann in nichts. So kehrte er zu seiner alten Politik zurück und kündigte dem Kaufmanne die verliehenen Freiheiten. Es gelang diesem, ihre Gültigkeit bis zum 25. Dezember 1392 verlängern zu lassen. Dann aber bemühten sich Kaufmann und Städte, da sie ihr Ziel in Flandern erreicht hatten, zunächst nicht um die Bewilligung neuer Privilegien in Holland. Den holländischen Zollpächtern aber wurde der Wegzug der hansischen Kaufleute schnell schmerzlich fühlbar. Wenn der zeitgenössische lübische Chronist zu dem Friedensschlüsse zwischen Flandern und der Hanse selbstbewusst bemerkt, dass dadurch Flandern wieder aufgenommen worden sei in die Hanse, so war doch der Gesichtswinkel, unter dem er diese Vorgänge sah, nicht so ganz unrichtig. Flandern war tatsächlich, nachdem es sich gedemütigt hatte, von der Hanse wieder zu Gnaden angenommen und hansisches Handelsgebiet geworden. Andrerseits darf jedoch nicht übersehen werden, dass jede Handelssperre der Hanse gegen eins ihrer Verkehrsgebiete eine zweischneidige Waffe war, auch ihr selbst augenblickliche Opfer und Entbehrungen auferlegte, die nicht von allen Genossinnen willig getragen wurden. Bei den Handelssperren gegen Flandern war die Einmütigkeit der Hansestädte in allem Wesentlichen gewahrt geblieben und der soeben errungene Erfolg erschien um so wichtiger und wertvoller, da ziemlich gleichzeitig den Hansestädten auch die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses zu Nowgorod gelungen war. Ratsherren von Lübeck und Hamburg waren es, die den hansischen Kaufmann in seinen alten Sitz Brügge zurückführten. Köln, Dortmund und die preußischen Städte hatten die ursprünglich beabsichtigte Beteiligung abgelehnt. Auch in dieser Tatsache prägte es sich aus, wer an dem Handel, der sich auf dem Stapel zu Brügge abspielte, der diesem und seinen Handelsgewohnheiten und Satzungen sich unterordnete, das Hauptinteresse hatte: die Städte an den innersten, einander benachbarten Winkeln der beiden deutschen Meere, die den Hauptteil des Umsatzes zwischen Flandern und der Ostsee durch die Hände ihrer Kaufleute und Schiffer, durch ihre Häfen und Tore gehen sahen, Lübeck und Hamburg.
Aufs neue trat eine Ruhepause in dem Verhältnisse der Hanse zu Flandern ein. Die hansischen Beziehungen zum Westen belebten und vermehrten sich wieder. Auch zu Mecheln und Antwerpen gewann der hansische Handel in den nächsten Jahrzehnten ein günstiges Verhältnis.
Der hansische Handel mit Flandern hob sich auf der breiten, 1360 gewonnenen Grundlage außerordentlich. Auch der Verkehr der südlichen Handelsnationen nach Brügge nahm zu trotz der Störungen, die um die Mitte der sechziger Jahre die guten Beziehungen der Christen zum ägyptischen Sultan erlitten. Da die Spezereien namentlich über Alexandria in den europäischen Verkehr kamen, so zeigte sich bald in Flandern und England eine lange anhaltende Störung in der Zufuhr und eine Steigerung im Preis derselben.
Aber die inneren politischen Verhältnisse des Landes und der Städte trieben einer furchtbaren Krisis zu. Gent blieb durch seine demokratische Verfassung, in der die Weber die Herrschaft führten, und die Erinnerung an die Zeiten Jakobs van Artevelde dem Landesherrn entfremdet. Brügge dagegen mit seinem aristokratischen Regimente war seiner Gunstbezeugungen sicher. Gent erhob 1379 die Waffen, als Brügge vom Grafen für seine Willfährigkeit in Steuerfragen einen Kanalbau bewilligt erhielt, der die Blüte des Verkehrs in Gent schwer schädigen zu müssen schien. Philipp van Artevelde, ein Sohn des großen Jakob, trat Anfang 1382 an die Spitze des Aufstandes und fasste durch den Zauber seines Namens die ganze Stoßkraft der demokratischen Bewegung in seiner Hand zusammen. Vor den Toren von Brügge wurde Graf Ludwig am 3. Mai 1382 völlig geschlagen, Brügge selbst ward von den Gentern eingenommen, aber nur die Makler und reichen Bürger der Stadt und ihr Besitztum wurden ihrer Wut preisgegeben. Über die andern flämischen Gemeinden verbreitete sich der Aufstand, selbst jenseits der Grenzen Flanderns zeigten sich entsprechende Bewegungen bis Paris und bis zum Rheine hin, auch in England. Die größten Sympathien flogen dem „Ruwaard von Flandern", Philipp van Artevelde, entgegen. Der Graf war plötzlich machtlos, doch mit Erfolg rief er seinen Schwiegersohn und künftigen Erben Herzog Philipp von Burgund und durch dessen mächtigen Einfluss Frankreich um Unterstützung an. Zu spät begann England an Beistand für seine alte Bundesgenossin Gent zu denken. Am 27. November 1382 erlag das flämische Bürger- und Bauernheer bei Roosebeke den kriegsgeübten französischen Rittermassen; Artevelde selbst fiel. Es war ein Sieg, der überhaupt über das Schicksal der verwandten Bewegungen zugunsten der adelig-fürstlichen Überlegenheit entschied.
Aber nicht sogleich verlor das trotzige Gent den Mut. Franzosen und Engländer verwüsteten wieder das Land, mit englischer Hilfe brachen die Genter die Blüte der gewerbereichen Nebenbuhlerin Ypern, indem sie die von den Tucharbeitern bewohnten Vorstädte zerstörten. Jede Sicherheit der Person und des Eigentums hörte auf. Handel und Produktion stockten. Die Bewohner der Normandie aber suchten den Außenverkehr Flanderns, dessen Städte nach wie vor mit England sympathisierten, zu schädigen und gewannen leichten Raub in dem Seeverkehr vor der flandrischen Küste, besonders an den reichen hansischen Schiffen. Vergeblich forderte das Brügger Kontor von Flandern Schutz vor dem Seeraub und Entschädigung mit Berufung auf Bestimmungen seiner Privilegien. Erst als im Frühjahr 1378 23 hansische Schifte von den Normannen genommen wurden, vereinbarte Graf Ludwig mit seinem Lande die Aussendung von Schiffen zum Schutz des Seeverkehrs vor den flandrischen Küsten. Aber bei der Fortdauer des englisch-französischen Krieges führte diese Maßregel so wenig wie die wiederholten Erlasse des französischen Königs Karl VI. eine Verminderung des Unwesens herbei. Die Hanse suchte schließlich dadurch Vergeltung zu üben, dass sie die normannischen Güter vom Handel auf Schonen und in den Hansestädten ausschloss.
Schon vor dem Ausbruch des Genter Aufstandes hatte sich das Verhältnis zwischen Flandern und den hansischen Kaufleuten wieder getrübt. Wiederholt wurden vom hansischen Kontor in Brügge und auf den Hansetagen Beschwerden vorgebracht über Verletzung und Nichtbeachtung verschiedener Bestimmungen der Privilegien, Handelsverhältnisse und Rechtspflege betreffend, vorwiegend durch die Schöffen und den Rat von Brügge, gelegentlich auch durch den Landesherrn und seine Beamten. Eine Gesandtschaft des Lübecker Hansetages 1375 nach Flandern verlief völlig ergebnislos. Großes Aufsehen machte im folgenden Jahre die Gefangensetzung des Kaufmanns Johann Sudermann aus vornehmer Dortmunder Patrizierfamilie in Brügge, denn ein Hauptsatz der Privilegien war durch diese Freiheitsberaubung verletzt. Andererseits fühlte sich doch auch Graf Ludwig in seiner Hoheit durch die Weigerung der Hansen verletzt, ihn als Richter über den Umfang ihrer Privilegien anzuerkennen, die er sie beschuldigte, mannigfach überschritten zu haben. Auch besorgte er, die Hansen möchten heimlich das Land räumen und sich und ihre Güter in Sicherheit bringen. Er ließ daher am 11. März 1378, nur von Gent widersprochen, allerorten die hansischen Kaufleute, ihre Güter und Schiffe in Gewahrsam nehmen. Und wenn er auch auf Vorstellungen des Kontors die Maßregel schnell wieder aufhob, so wurde durch sie doch in der hansischen Kaufmannschaft das Gefühl der Unsicherheit ihrer Stellung erhöht. Unter diesem Drucke vollzog sich eine neue Annäherung der rheinisch- westfälischen Städtegruppe an die östlichen Hansestädte. Der Hansetag zu Lübeck im Juni 1379 gab dieser neuen Belebung des Zusammenhangsgefühls durch die Mannigfaltigkeit und Reichlichkeit seiner Besendung bemerkenswerten Ausdruck, 25 Städte waren vertreten, Dortmund und Bremen erschienen zum erstenmal auf einem Hansetage. Die Lage des Kaufmanns in Flandern war es, die wie 1358 die deutschen Städte sammelte. Aber die Versammlung konnte sich noch nicht zum Abbruche des Verkehrs mit einem Lande entschließen, von dem die Städte selbst urteilten, dass „do unsir lute me vriheit und privilegen hetten, den in keyme andren lande; das dii unsirn das miden solden, das were yn eyn vorterblich schade". Auch der Umstand, dass die englischen Privilegien gerade der Gültigkeit entbehrten, mochte sie davon zurückhalten, die flandrischen aufs Spiel zu setzen.
Vollends unmöglich aber war es der Hanse, während der Wirren des Krieges in Flandern Rücksichtnahme auf ihre Privilegien zu erreichen. Am 17. Mai 3380 wurden ihre wie alle fremden Kaufleute sogar vom Grafen Landes verwiesen, der dadurch seinen aufständischen Städten die Zufuhren aus dem Auslande, allerdings vergeblich, abzuschneiden bezweckte.
Die französische Eroberung, die Wiederherstellung der Herrschaft des Grafen führten freilich in erster Linie eine Bedrückung der englischen Kaufleute mit sich. Aber auch den Hansen verzieh Graf Ludwig den fortgesetzten Verkehr mit Gent nicht. Nach der Wiedereinnahme Brügges Ende 1382 wurden auch sie schweren Abgaben und Schätzungen durch den Grafen und die Stadt unterworfen. Nur Kampen verglich sich jetzt wie 1358 gesondert mit ihm und verlieh dadurch den Ansprüchen des Grafen und seiner Beamten den andern Kaufleuten gegenüber erhöhten Nachdruck. Und noch eine andere Macht sonderte sich von der Hanse ab, der deutsche Orden in Preußen und seine Städte. Vom Grafen von Flandern und vom Könige von Frankreich erlangte er Schutzversprechen für seine Untertanen und Rückgabe arrestierter Güter.
Als Graf Ludwig Anfang 1384 starb und sein Schwiegersohn Herzog Philipp die Regierung übernahm, konnte man von der Macht des neuen Herrschers eine schnelle und völlige Befriedung des unglücklichen Landes wohl erwarten. Am 18. Dezember 1385 unterwarf sich endlich, sehr zum Missvergnügen der englischen Regierung, auch Gent, ohne eine Einbuße in seinen Privilegien zu erleiden.
Geduldig hatten die Städte auch mit dem burgundischen Herrscher alsbald Verhandlungen über die Bewilligung ihrer Entschädigungsforderungen und die Anerkennung ihrer Privilegien geführt. Aber die langwierige Tagfahrt zu Dordrecht und Antwerpen im Mai und Juni 1387 brachte doch in dem Hauptpunkte, der wegen Gefangensetzung und Vergewaltigung ihrer Kaufleute von ihnen geforderten besonderen moralischen Genugtuung, der augenfälligen Wiederherstellung des geschädigten hansischen Ansehens, keine Verständigung mit den Boten der Lede Flanderns und des Herzogs. Da endlich traten die Hansestädte dem Gedanken der Verlegung ihres Stapels und Kontors aus Brügge nahe und setzten sich wie 1358 deswegen in Verbindung mit Holland.
Graf Albrecht von Holland hatte schon seit geraumer Zeit seine Aufmerksamkeit der Lage der Hanse in Flandern zugewandt. Schon 1379 hatte er die Klagen hansischer Boten über die Aufkündigung des Privilegs von 1363 mit dem Hinweise beantwortet, dass er zu allem Entgegenkommen bereit sei, wenn die Hanse sich zur Gründung einer festen Niederlassung in seinem Lande verstehe. Im Frühjahr 1383, als die Aussichten in Flandern am trübsten waren, hatte er bei der Hanse um die Verlegung ihres Stapels nach Dordrecht werben lassen. Aber erst 1387 ergriff die Hanse die dargebotene Hand. Das Privileg von 1363 wurde bis zum 1. Mai 1389 für wieder gültig erklärt, auch die Wiederverleihung des großen Freibriefs von 1358 in Aussicht gestellt. Als Flandern die letzte Frist für die Bewilligung der hansischen Forderungen unbeachtet verstreichen ließ und die zahlreich beschickte Versammlung zu Lübeck im Mai 1388 vergeblich auf das Erscheinen der geforderten flandrischen Gesandtschaft gewartet hatte, fiel die Entscheidung. Der Hansetag erließ, fast wörtlich übereinstimmend mit der vor dreißig Jahren gegen Flandern erlassenen Ordonnanz, ein Verbot des Verkehrs mit Flandern, Mecheln und Antwerpen, über die der hansische Kaufmann außerdem ebenfalls nachdrückliche Klagen über Verunrechtungen vorzubringen hatte.
Bis Himmelfahrt müssen alle hansischen Kaufleute mit ihren Gütern das gesperrte Gebiet räumen. Kein Mitglied der Hanse darf über die Maas, d. h. Dordrecht, hinaus nach Westen zur See und zu Land dasselbe besuchen, sein Gut an Bewohner von Flandern, Mecheln und Antwerpen verkaufen oder an Leute, die es ihnen zuführen würden. Nach Himmelfahrt ist den hansischen Kaufleuten der Tuchkauf dort verboten und außerhalb Flanderns der Ankauf von in Flandern, Mecheln und Antwerpen angefertigten Tuchen. Die Einfuhr dieser durch Nichthansen in Hansestädte soll konfisziert werden. Von den Häfen der Niederlande, Englands, Schottlands, Norwegens, wo die Hansen ihre Güter absetzen, sollen sie Bescheinigungen der dortigen hansischen Alterleute, wo solche sind, sonst der betreffenden Stadt darüber beibringen. Nichthansischen Kaufleuten und Schiftern aber soll die Ausfuhr aus Hansestädten nur gegen genügende Bürgschaft, dass sie sie nicht den Flämingern zuführen, gestattet sein. Hansische Übertreter dieser Ordonnanz dürfen von jeder Hansestadt deswegen an Person und Gütern belangt werden, Hansestädte, die von ihr abfallen, sollen auf ewig aus der Hanse ausgeschlossen sein. Ein Jahr später ward auf Antrag des Dordrechter Kontors diese Ordonnanz in etlichen Punkten eingehender und genauer formuliert, in andern wurden Ausnahmen festgestellt. Insbesondere wurde dem deutschen Orden gestattet, weiße Tuche von Mecheln, deren er zur Tracht der Ordensbrüder bedurfte, zu kaufen und Bernstein den Flämingern zu verkaufen; Baiensalz, Poitouwein und englische Wolle, die in Bergen op Zoom von den Hansen gekauft werden darf, sind befreit von dem Handelsverbot, nur dürfen sie nicht den Flämingern zugeführt werden. Den Handel mit Tuchen von St. Omer darf das Kontor gestatten, wenn die Stadt sich mit ihm über vorgefallene Zerwürfnisse vergleicht.
Somit war die Überzeugung von der Notwendigkeit eines neuen Handelskrieges mit Flandern im Frühjahr 1388 endlich Allgemeingut der Hansestädte geworden — „unde was des landes to Vlanderen grot vorderf". Vielleicht stand es nicht außer Zusammenhang hiermit, dass die preußischen und wendischen Städte im August und September 1388 so schnell auf den Abschluss des Vertrags mit England eingingen, obwohl er für sie keineswegs vorteilhaft war.
Da die Städte veranschlagten, dass ihre Maßregeln im Laufe von zwei bis drei Jahren erwünschten Erfolg haben würden, wollten sie sich zur Stapelhaltung in Dordrecht nicht für längere Zeit verpflichten. Holland aber versuchte weitere Vorteile aus der Störung des flandrischen Handelslebens zu ziehen. Am 22. Oktober 1388 gestattete Graf Albrecht auch den Kaufleuten von Italien, Spanien, Portugal, Katalonien, also der gesamten südländischen Kaufmannschaft, die dem Brügger Markte die eine Hälfte seines Glanzes verlieh, die Benutzung des hansischen Privilegs von 1363. Im Jahre 1390 verlieh er den Kaufleuten aus Portugal und Algarve auf Bitte Middelburgs dort freien Verkehr und Stapelrecht. Er machte den kühnen, aber vergeblichen Versuch, sein Land und seine Stadt Dordrecht zum Mittelpunkte des Welthandels, des Austausches zwischen südlicher und nördlicher Zone auf Kosten Brügges und Flanderns zu machen. Und die Hanse beförderte diese Politik durch den Erlass gegen den Ankauf von Südfrüchten und westlichen Gütern, außer wenn sie von den Italienern selbst auf den Dordrechter Stapel gebracht würden. Am 7. Mai 1389 aber bewilligte Graf Albrecht dem deutschen Kaufmanne höchst vorteilhafte, wenn auch widerrufliche Freiheiten für unbestimmte Zeit, indem er die Freibriefe von 1358 und 1363 durch Herübernahme einer Anzahl Vergünstigungen aus dem flandrischen Privileg von 1360 und Zufügung neuer vermehrte.*) Es war das deutsche Kontor zu Brügge, das eigenmächtig diese Zugeständnisse sich errang, da die wendischen und die preußischen Städte über eine Gesandtschaft nach Holland, die demselben Zwecke dienen sollte, sich nicht einigen konnten, vermutlich aber nur deshalb zögerten, um noch einmal Flandern die Gelegenheit zum Entgegenkommen zu bieten. Das Vorgehen des Kaufmanns überraschte sie, und wenn sie auch die unerwartet günstigen Erwerbungen gern gutheißen durften, konnten die preußischen doch ihren Unmut nicht unterdrücken und verlangten, dass künftighin dergleichen nicht mehr ohne Befragung und Mitwirkung der Städte geschehe.
*) Hans. UB. IV n. 965, vgl. n. 980 den Gedanken Utrechts und seines Bischofs, durch ein diesem nachgebildetes Privileg den hansischen Verkehr auch zu sich zu lenken.
Jedoch der Aufenthalt des hansischen Stapels auf holländischem Boden konnte dem Handel der Holländer das Eindringen in die Ostsee erleichtern. Dieser Gefahr suchte die Hanse durch ein Verbot jeder Handelsgesellschaft hansischer Kaufleute mit holländischen zu begegnen, der gemeinsame Besitz von Schiffen blieb dagegen gestattet. Vor allen Dingen aber überwachten Kaufmann und Städte mit eifriger Sorge die Ausführung des Verkehrsverbots. Dieses ward jedoch häufig genug übertreten und zwar, wie es hieß, zumeist von den preußischen Städten und vom Orden, auf dessen besondere Bedürfnisse, den Bezug mechelnscher Laken, den Absatz des Bernsteins, in der hansischen Verkehrsordonnanz ohnehin schon Rücksicht genommen war.
Die Zwitterstellung des Ordens trat mit besonderer Deutlichkeit in dieser Frage hervor; auf der einen Seite der Zusammenhang mit der Hanse durch die großen Städte seines Landes, durch den Anschluss und die Förderung, die die Hanse ihm und seinem eigenen Handel in dem Mitgenuss an ihren Privilegien gewährte; auf der andern Seite ein fürstliches Solidaritätsgefühl und eine Reihe nichtwirtschaftlicher Interessen, die ihn mit den Herrschaften der andern Länder und Völker verband. So erklärt es sich, dass die flandrischen Städte, die durch die Verlegung des hansischen Stapels in das Nachbarland doch beunruhigt wurden, und der Herzog, der gern die Gelegenheit ergriff, die Interessen seiner neuen Untertanen zu unterstützen, wiederholt den Orden um Befürwortung weiterer Verhandlungen bei der Hanse ersuchten. Und der Hochmeister willfahrte ihrer Bitte und bat die Hanse verschiedentlich um baldige Aussöhnung mit Flandern. Da waren es seine Städte, deren Bewegungsfreiheit in der hansischen Gemeinschaft er seiner besonderen Zwecke wegen zu wiederholten Malen Zügel angelegt hatte, die sich entschieden auf den hansischen Standpunkt stellten. Der Meister musste einlenken. Er gestand dem Herzoge die unlösbare Interessengemeinschaft zwischen seinen und den wendischen Städten ein und bat ihn, es ihm und den Seinen nicht zu verübeln, wenn sie auch fernerhin an der Seite ihrer wendischen Hansegenossinnen ihren Vorteil wahrnähmen, denn es würde ihnen Schaden bringen, wenn sie sich von der Gemeinschaft der Städte absonderten.
Die Hanse hatte ungefähr richtig gerechnet, wenn sie ihren Stapelaufenthalt in Dordrecht auf drei Jahre veranschlagte. Fest hielt sie an den zu Dordrecht 1387 gestellten Bedingungen und unterbreitete dieselben bis ins einzelne fixiert einer glänzenden flandrischen Gesandtschaft zu Lübeck im Herbste 1389, wo wir außer den wendischen, preußischen und livländischen Städten auch Braunschweig, Dortmund und sogar Köln um Lübeck geschart finden.*) Noch sträubten sich die Fläminger, so lebhaft sich auch das Bedürfnis nach Wiederherstellung der Handelsverbindungen mit dem Osten im Lande selbst geltend machte, namentlich seitdem ein Stillstand zwischen England und Frankreich 1389 auch das erschöpfte Flandern zur Ruhe kommen ließ. Jedoch im Sommer 1391 rief eine flandrische Gesandtschaft die Vermittlung des hansischen Kaufmanns in Dordrecht an. Daraufhin schlugen die preußischen Städte Lübeck eine Tagfahrt mit den Flämingern in Hamburg für den 11. November 1391 vor. Hier sammelten sich rechtzeitig die Boten der in Fragen des Handels mit Flandern tonangebenden Städte, wieder fehlten nicht Braunschweig, Dortmund und Köln. Das Nichterscheinen süderseeischer Städte beruhte wohl darin, dass zum mindesten ihre Führerin Kämpen auch diesmal dem hansischen Verkehrsverbote den Gehorsam versagt hatte. Lübeck hatte seine besten Ratspolitiker gesandt, Heinrich Westhof, der nach Jakob Pleskows Tode bald die einflussreichste Stellung errang, außerdem den später so viel genannten Jordan Pleskow, der hier zum ersten Male in hansischen Geschäften Verwendung fand. Von Flandern erschienen sechs Gesandte der Lede und drei des Herzogs. Die Versöhnung gelang, jedoch so, dass Flandern fast alle Forderungen der Hanse bewilligen musste. Die alten Privilegien sollten voll und ganz bestätigt und durch eine Anzahl Bestimmungen vermehrt werden, die aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte abgeleitet waren, zum Teil die Stellung des hansischen Kontors weiter befestigen, das Ansehen seiner Älterleute vermehren sollten. Als Schadenersatz wurden der Hanse insgesamt 11.000 Pfund Grote zugestanden;**) von rechtzeitiger Bezahlung dieser Summe und Übersendung der bestätigten Privilegien an Lübeck ward der Zeitpunkt der Rückkehr des Kontors nach Brügge abhängig gemacht. Zur Sühne der den Hausen durch die Gefangensetzung ihrer Kaufleute zugefügten Schmach verpflichteten sich die Lede, dem Kaufmanne bei seinem Einzüge in Brügge durch eine Deputation von 100 Mann öffentlich Abbitte zu leisten und Wallfahrer nach Rom, Jerusalem und St. Jago de Compostella auszusenden.
*) Auch Breslau, Krakau, Stockholm erscheinen in diesen Jahren wieder in Beziehung zur flandrischen Frage der Hanse, HR. 1. III n. 361 § 7, 362 §4.
**) Die Ersatzforderung der Städte betrug 16.627 Pfund Grote (= 74.822 M. lüb.), dazu 15.063 Pfund Grote (= 67.734 M. lüb. 1 Pfund Grote = 4 1/2 M. lüb. nach HR. 1. III n. 450), HR. 1. III n. 446. Die am Schaden beteiligten Städte waren hiernach Lübeck, Hamburg, Stralsund, Wismar, Kolberg, preußische und livländische Städte, Wisby, Bremen, außerdem und zwar mit den nächst Lübeck erheblichsten Beträgen Münster, Köln, ferner von Binnenstädten Lüneburg, Salzwedel, Dortmund, Braunschweig, Magdeburg.
Wenn sich die Rückkehr des Kaufmanns nach Brügge noch um über ein Jahr verzögerte, so war der Grund der, dass Flandern in der im Juni 1392 in Lübeck vorgelegten Privilegienfassung Einschränkungen der gemachten Zusagen vorgenommen hatte, die die Hanse zur Zurückweisung nötigten. Erst Mitte Oktober legte eine große flandrische Gesandtschaft in Lübeck die Bestätigungsurkunden der alten und der neubewilligten Rechte des Inhalts vor, wie die Städte fordern konnten. Jedoch die Ausstellung der Privilegien zeigt gegenüber den Verleihungen von 1360 charakteristische Verschiedenheiten. Diesmal war nur der neue Landesherr, Herzog Philipp von Burgund, der Verleihende, nicht mehr als ihm gleichwertige flacht zugleich auch die Lede. Zwar erklärten diese auch jetzt wie 1360, dass auf ihren besonderen Wunsch die Verleihungen erfolgt seien, im übrigen aber versprachen sie nur, dieselben zu halten und bei Privilegienverletzungen den Hansen Beihilfe zu leisten, wenn der Herzog sich gerade nicht im Lande befinde und die Hansen ihn außer Landes nicht aufsuchen wollten. Auch diese Zusage der Lede war eine erhebliche Abschwächung im Vergleich mit den von ihnen 1360 gegen die Hansen übernommenen Verpflichtungen.
Die Veränderung in der Stellung der flandrischen Städte zu ihrem neuen Herrn, die hierin zum Ausdruck kam, war begründet in der größeren Macht des burgundischen Herrschers ihnen gegen- über, aber auch in einer den Städten als selbständigen politischen Faktoren feindlichen Anschauung von landesherrlicher Machtfülle überhaupt. Diese immer vollständiger zu verwirklichen in den verschiedenen Gebieten der Niederlande, die bald sämtlich unter ihrem Szepter standen, vor allem gegenüber ihren trotzigen, auf alte Selbständigkeit pochenden Städten, war im Laufe des 15. Jahrhunderts ein Hauptstreben der burgundischen Herrscher, mit dem die Hanse über kurz oder lang ebenfalls rechnen musste. Im Jahre 1392 empfand sie offenbar jene Veränderung noch nicht und legte jenem Punkt des herzoglichen Privilegs, der von der Beihilfe der Lede sprach, mehr Bedeutung bei, als ihm in Wirklichkeit zukam. Erst Anfang Oktober 1392, also mehrere Monate später als der Friedensvertrag festgesetzt hatte, konnte der Hamburger Ratsherr Johann Hoyer in Amsterdam über den Empfang der ersten Hälfte der Entschädigungssumme der Fläminger quittieren.
Nun erst verhießen Lübeck und Hamburg den drängenden Leden die Rückkehr des Kontors zum 13. Dezember. Die Kunde hiervon rief in Brügge allgemeine Freude hervor. Am 21. geleiteten zwei der fähigsten hansischen Politiker, die Ratsherren Heinrich Westhof von Lübeck und Johann Hoyer von Hamburg, hundertfünfzig berittene hansische Kaufleute von Dordrecht nach Brügge. Am 8. Januar 1393 wurde hier die Sühne in ihrer und der flandrischen Deputierten Gegenwart vollzogen. In feierlichem Aufzuge begaben sich Vertreter der Lede in reichlicher Zahl, über hundert Personen, ins Karmeliterkloster, wo sie im Remter, dem alten Sitzungssaale des hansischen Kontors, von den Gesandten und der versammelten Kaufmannschaft der Hanse erwartet wurden. Bei offener Tür, so dass jedermann es vernehmen konnte, ließen sie den Sühnebrief vorlesen, dann wurden die übernommenen Verpflichtungen zur Genugtuung der Hansen erfüllt.
Die Hoffnung, die Graf Albrecht von Holland auf den hansischen Stapel gesetzt hatte, zerrann in nichts. So kehrte er zu seiner alten Politik zurück und kündigte dem Kaufmanne die verliehenen Freiheiten. Es gelang diesem, ihre Gültigkeit bis zum 25. Dezember 1392 verlängern zu lassen. Dann aber bemühten sich Kaufmann und Städte, da sie ihr Ziel in Flandern erreicht hatten, zunächst nicht um die Bewilligung neuer Privilegien in Holland. Den holländischen Zollpächtern aber wurde der Wegzug der hansischen Kaufleute schnell schmerzlich fühlbar. Wenn der zeitgenössische lübische Chronist zu dem Friedensschlüsse zwischen Flandern und der Hanse selbstbewusst bemerkt, dass dadurch Flandern wieder aufgenommen worden sei in die Hanse, so war doch der Gesichtswinkel, unter dem er diese Vorgänge sah, nicht so ganz unrichtig. Flandern war tatsächlich, nachdem es sich gedemütigt hatte, von der Hanse wieder zu Gnaden angenommen und hansisches Handelsgebiet geworden. Andrerseits darf jedoch nicht übersehen werden, dass jede Handelssperre der Hanse gegen eins ihrer Verkehrsgebiete eine zweischneidige Waffe war, auch ihr selbst augenblickliche Opfer und Entbehrungen auferlegte, die nicht von allen Genossinnen willig getragen wurden. Bei den Handelssperren gegen Flandern war die Einmütigkeit der Hansestädte in allem Wesentlichen gewahrt geblieben und der soeben errungene Erfolg erschien um so wichtiger und wertvoller, da ziemlich gleichzeitig den Hansestädten auch die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses zu Nowgorod gelungen war. Ratsherren von Lübeck und Hamburg waren es, die den hansischen Kaufmann in seinen alten Sitz Brügge zurückführten. Köln, Dortmund und die preußischen Städte hatten die ursprünglich beabsichtigte Beteiligung abgelehnt. Auch in dieser Tatsache prägte es sich aus, wer an dem Handel, der sich auf dem Stapel zu Brügge abspielte, der diesem und seinen Handelsgewohnheiten und Satzungen sich unterordnete, das Hauptinteresse hatte: die Städte an den innersten, einander benachbarten Winkeln der beiden deutschen Meere, die den Hauptteil des Umsatzes zwischen Flandern und der Ostsee durch die Hände ihrer Kaufleute und Schiffer, durch ihre Häfen und Tore gehen sahen, Lübeck und Hamburg.
Aufs neue trat eine Ruhepause in dem Verhältnisse der Hanse zu Flandern ein. Die hansischen Beziehungen zum Westen belebten und vermehrten sich wieder. Auch zu Mecheln und Antwerpen gewann der hansische Handel in den nächsten Jahrzehnten ein günstiges Verhältnis.
Hansewappen
Hanse Kogge
Lübeck Das Holstentor
Braunschweig Stadtansicht
Greifswald Stadtansicht
Goslar Stadtansicht
Elbing Stadtansicht
Berlin und Kölln
Kaiser Otto I. und Gemahlin
Lüneburg Stadtansicht
Magdeburg Stadtansicht
Rostock Stadtansicht
Stettin, das Alte Schloss
Stralsund Stadtansicht
Wismar, Stadtansicht
Hamburg, Blick auf die Unterelbe
Hamburg, Flet in der Altstadt
Bremen - Einfamilienhäuser in der Olbersstraße
Bremen - Freihafen
Danzig - Frauengasse
Die Plünderung Wisbys
Flucht an Bord einer Kogge
Hamburg - Deichstraßenfleet
Hamburg - Leitergasse
Wirtshausszene in der Hansezeit