Handwerk. Der Schmied

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1929
Autor: Chr. Grüninger Gewerbeschuldirektor, Erscheinungsjahr: 1929

Exemplar in der Bibliothek ansehen/leihen
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Handwerk, Handwerker, Metallarbeiter, Schmied, Grobschmied, Waffenschmied, Plattner, Schild- und Harnischmacher, Goldschmied, Hufschmied, Wagenschmied,
Der im Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschaft in Stuttgart erschienenen illustrierten „Berufskunde für Schmiede“ entnehmen wir diesen interessanten Abschnitt. Das Buch wurde auf amtliche Veranlassung von Gewerbeschuldirektor Chr. Grüninger, Göppingen, herausgegeben, um für den Unterricht an den Berufsschulen und für das Handwerk eine brauchbare Unterlage zur Fortbildung der Schmiede zu schaffen. Der Stoff ist in leichtfasslicher Form dargeboten und durch insgesamt mehrere hundert Zeichnungen im Text und auf Tafeln erläutert.

***************************************

Dorfschmiede / Nach einer Zeichnung von Aug. Gebhard, Karlsruhe.

Als Deutschland noch auf der Stufe der Hauswirtschaft stand, war der Bauer sein eigener Schmied, wie damals der ganze Hausverbrauch „im Haus fürs Haus“ hergestellt wurde. Die Schmiede war, wie heute noch auf dem Lande der Gemeindebackofen, gemeindeeigen und stand, jedem Dorfgenossen zur Benutzung offen. Die Kunst zu schmieden war aber nicht so einfach, und so wurden schon sehr früh Knechte, die eine besondere Geschicklichkeit im Schmieden an den Tag legten, von den landwirtschaftlichen Arbeiten befreit und ausschließlich in der Schmiede beschäftigt. Wer einen Knecht erschlug, der den Schmiedeberuf ausübte, hatte doppelt so viel Wergeld zu zahlen als jemand, der einen gewöhnlichen Knecht tötete. Neben unfreien Schmieden gab es sicher bald freie Schmiede, ja man darf annehmen, dass schon ums Jahr 700 das freie Schmiedehandwerk das unfreie überwog. So ist der Schmied wohl als einer der ersten zum „Handwerker“ geworden, und das Wort „Schmied“ ist der älteste urgermanische Handwerkername, mit dem man den „kunstverständigen Mann“ bezeichnete. Er erfreute sich allgemeiner Hochachtung und Wertschätzung. Wie hoch die Schmiedekunst geschätzt wurde, geht auch daraus hervor, da der Wandalenkönig Geiserich einen kunstfertigen Schmied mit der Verleihung des Grafentitels geehrt haben soll. In der Sage ist Wieland der Schmied ein Königsohn, und Jung-Siegfried schmiedete sich selbst sein unvergleichliches Schwert. Das Schmieden galt als ehrende Beschäftigung nicht nur für den Freigeborenen, sondern auch für den Edeling und den Fürsten. Daneben haftete aber dem Schmied etwas Geheimnisvolles an, wohl daher rührend, dass das Schmieden, ehe es Hausgewerbe wurde, von Fremden als Wandergewerbe ausgeübt worden war, und diese Schmiede waren als Zauberer und Inhaber tiefer Geheimnisse angestaunt worden. Ursprünglich befand sich die Schmiede am Berg und im Walde, weil der Schmied sein Roheisen und seine Kohlen (Holzkohlen) selbst gewinnen musste. Erst später wurde die Schmiede in das Dorf, womöglich an einen Bach oder Kanal, verlegt, damit die Wasserkraft zur Herstellung des Eisens und zum Schmieden ausgenutzt werden konnte. War in einem Dorf kein Schmied, so richtete die Gemeinde eine Schmiede ein und stellte einen Schmied als Gemeindebeamten an, der ein festes Gehalt, bestehend in „Schmiedkorn“, bezog. Dabei war der Schmied wohl nebeneinander Lohnwerker, dem das Eisen vom Kunden geliefert wurde, und Preiswerker oder Handwerker, der seine Arbeit aus seinem eigenen Rohstoff fertigte. Später finden wir den Schmied, wohl den städtischen Schmied, seine Waren auf dem Markt verkaufend. Aus Urkunden des zwölften Jahrhunderts ist zu entnehmen, dass die Schmiede in hohem Ansehen standen, bekamen sie doch da und dort ganze Dörfer zu Lehen. In den Städten finden wir ums zwölfte Jahrhundert schon wohlhabende Schmiede.

In den frühesten Zeiten war der Schmied „Metallarbeiter“ schlechtweg; er verfertigte Geräte, Waffen und Schmuck. Die in den Gräbern der Vorzeit gefundenen Ringe, Gespänge, Gewandnadeln, Waffen zeigen den hohen Stand der damaligen Schmiedekunst. In der Zeit Karls des Großen hatte der Schmied nicht nur für kriegerische Zwecke, sondern auch für die Landwirtschaft zu arbeiten. Der eiserne Pflug, Sensen, Sicheln, eiserne Hacken sind in Urkunden von Klöstern der damaligen Zeit erwähnt. Im Altertum hatte der Schmied auch Schmuckgegenstände zu fertigen. Wenn diese Tätigkeit nach und nach auf den Gold- und Silberschmied überging, so eröffnete sich dem Schmied durch den Bau von Kirchen, Klöstern und Schlössern im Mittelalter ein neues Gebiet der Tätigkeit, und wahrlich, die herrlichen Beschläge, Gitter, Wetterfahnen der romanischen, der gotischen Zeit und der späteren Stilperioden legen von dem hohen Können dieser Kunstschmiede beredtes Zeugnis ab.

Mit den einfachsten Werkzeugen, Hammer und Amboss, Zange und Meißel, arbeitete einst der Schmied aus freier Hand, und die Sicherheit der Hand und des Auges, die zum Schmieden nötig ist, erhob den Schmied über den gewöhnlichen Handwerker hinaus. Er war in seinem Fach ein Künstler. Die Schmiedekunst des Mittelalters beschränkte sich auf die Ausnutzung der charakteristischen Eigenschaften des Eisens, der Schmiedbarkeit und der Schweißbarkeit. Alle Arbeiten tragen die Spuren der Werkzeuge, kleine Unebenheiten an sich; sie empfangen dadurch ihre Frische und Ursprünglichkeit.

Verhältnismäßig spät ist dem Schmied die Tätigkeit des Hufschmieds zugefallen. Wir können uns heute kaum vorstellen, dass ein unbeschlagenes Pferd als Zug- oder Reittier verwendet werden kann, und doch kannte das Altertum keine beschlagenen Pferde. Um den Huf vor rascher Abnutzung zu schützen, versuchte man ihn mit allen möglichen Hilfsmitteln zu Härten. Erst zur Zeit Kaiser Neros band man den Pferden mit Stricken oder Riemen Sandalen aus Eisen unter die Hufe. Von den Kelten wurden zur Zeit der Völkerwanderung die ersten Hufeisen verwendet. Manche Forscher weisen die Erfindung der Hufeisen allerdings den Hunnen zu. Sicher ist jedoch, dass in Keltengräbern, namentlich in Frankreich, eiserne Hufbeschläge gefunden wurden und dass auch die Alemannen den Hufbeschlag gekannt haben. Einen großen Aufschwung erlebte das Hufbeschlaggewerbe zur Zeit des Rittertums und der Kreuzzüge. Die Errungenschaften und Fortschritte der Hufbeschlagkunst gingen jedoch durch den Dreißigjährigen Krieg zum großen Teil verloren. Noch im Krieg 1870/71 war der Hufbeschlag nicht auf der Höhe; denn die Ausbildung der Hufschmiede war mangelhaft. In Deutschland hat der kalte Beschlag, der in Amerika üblich ist, keinen Eingang gefunden; vielmehr hat sich die Methode des warmen Aufpassens und Zurichtens im deutschen Heere während des Weltkrieges vorzüglich bewährt.

Schon frühe ist eine Berufsteilung im Schmiedegewerbe vor sich gegangen; es bildeten sich die einzelnen Berufe des Grobschmieds, Waffenschmieds, der Plattner, Schild- und Harnischmacher aus dem Schmiedeberuf heraus, und schließlich ist im Laufe der Zeit von dem germanischen „kunstverständigen Manne“, dem Schmied schlechthin, der Huf- und Wagenschmied übriggeblieben.

24 Der Grob- und Hufschmied und der Wagner

24 Der Grob- und Hufschmied und der Wagner

23 Der Eisenschmied

23 Der Eisenschmied

26 Der Klingen- und Messerschmied

26 Der Klingen- und Messerschmied

27 Der Waffenschmied

27 Der Waffenschmied

28 Die Kleinschmiede und Eisengießer

28 Die Kleinschmiede und Eisengießer