Vorrede.

Das vorliegende Reisehandbuch erscheint hier zum sechstenmal*). Die rasche und starke Verbreitung, welche die ersten fünf Auflagen gefunden, und die Gunst, welche dem Buch von vielen Seiten zugewendet worden ist, waren für den Verfasser ein Sporn, diese sechste Auflage mit vermehrter Sorgfalt zu bearbeiten. Er hat zu diesem Zweck die von ihm beschriebenen Lande in neuester Zeit nach den verschiedensten Richtungen hin wiederholt durchwandert, und glaubt, dass seine Erfahrungen und Beobachtungen die Brauchbarkeit dieser neuen Auflage wesentlich erhöht haben.

Die Unabhängigkeit des Reisenden so viel als möglich zu sichern, war des Verfassers erste Aufgabe. Er wollte ihn von der kostspieligen und lästigen Begleitung der Lohnbedienten befreien, deren handwerksmässiges Führen jede eigene Bewegung, vorzugsweise die geistige hemmt; er wollte dem Reisenden, eine aus eigener Erfahrung entstandene Anleitung geben, mit möglichst geringem Zeit- und Geldaufwand dasjenige rasch zu überblicken, was besondere Aufmerksamkeit verdient, ohne ihn mit einer Unzahl bedeutungsloser Einzelheiten zu überhäufen, welche, wie der Verfasser aus eigener Erfahrung weiss, mehr verwirren, als zurecht weisen. Selbst hier noch ist für Solche, die ganz flüchtig reisen, durch ein * auf das vorzugsweise Beachtenswerthe hingedeutet.


Die Pläne werden zur Orientirung ausreichen. Der Reisende wird sich manchen Umweg ersparen, wenn er diejenigen Gebäude, welche oder in welchen er etwas sehen will, vor Antritt seiner Wanderung unterstreicht.

Spezialkarten sind auf Reisen von ganz besonderm Werth und namentlich dem Fussgänger durchaus unentbehrlich; sie ersparen eine Menge von Fragen, auf die man doch zum Theil nur ungenügende Antworten zu erhalten pflegt. Gute Spezialkarten sind in dem Wörl’schen Atlas von Südwest-Deutschland und dem Alpenland (Freiburg bei Herder, das Blatt 10 Sgr.) enthalten. Er umfasst in 48 Blättern, im Massstab von 1 : 200,000, die Gegend zwischen Coblenz, Eger, Genf und Padua. Für Mittel- und Norddeutschland ist die vortreffliche Reimann’sche Karte, in gleichem Massstab wie die Wörl’sche, zu nennen (Glogau bei Flemming, das Blatt 15 Sgr.). Die beste Karte kleinem Massstabs (1 : 800,000) ist die Stieler’sche Karte von Deutschland (Gotha bei J. Perthes, 25 Blätter 4 1/2 Thlr., einzeln das Blatt 7 1/2 Sgr.). Gute Spezialkarten von Oesterreich liefert die Landkartenhandlung von Dom. Artaria, am Graben, in Wien.

Ankunfts- und Abgangszeiten der Bahnzüge, Dampfboote und Eilwagen sind in dieser neuen Auflage gar nicht aufgenommen. Für diesen Zweck gibt es jetzt zwei vortreffliche, selbst bei Meinem Reisen ganz unentbehrliche Hülfsmittel, den monatlich erscheinenden Frankfurter Telegraphen und das alle zwei bis drei Monate herauskommende Berliner Coursbuch.

Zu Vorstudien ist Kuglers Handbuch der (allgemeinen) Kunstgeschichte zu empfehlen, ein um so dankenswertheres Buch, als keine umfassenden Vorkenntnisse darin vorausgesetzt werden. Otters Handbuch der kirchlichen Kunst-Archäologie des deutschen Mittelalters ist in der neuen (dritten) Ausgabe mit den erläuternden Kupfern und Holzschnitten eines der besten und lehrreichsten Bücher geworden. Schaubachs Deutsche Alpen, 5 Theile, jeder einzeln käuflich, sind mit bewundernswerthem Fleiss gearbeitet und enthalten eine grosse Fülle von Material, dem Wanderer unentbehrlich, der die Gebirgsgegenden Oesterreichs, Tirol, Steiermark, Kärnthen, Krain, sodann Südbayern gründlich kennen lernen will, und zu Studien in diesem Sinn ausreichende Zeit hat.

Johnson sagt von Wörterbüchern: „sie sind wie Uhren; die schlechteste ist besser, als keine, die beste kann nicht ganz genau gehen.“ Dasselbe möchte der Verfasser auch auf Reisehandbücher anwenden. Er ist sich bewusst, fasst ausschliesslich nach eigener Anschauung und Erfahrung gearbeitet zu haben; es ist aber unmöglich, ein solches Buch ganz fehlerfrei herzustellen, weil die beschriebenen Gegenstände selbst zu häufigen und schnellen Veränderungen unterworfen sind. Deshalb richtet der Verfasser an Reisende die Bitte, auch ferner ihn auf etwaige Irrthümer oder Auslassungen, die ihnen durch eigene Anschauung bekannt werden, aufmerksam machen zu wollen. Die vorliegende neue Auflage wird den wohlwollenden Freunden des Buches den besten Beweis liefern, wie dankenswerth ihm solche Berichtigungen sind.

Auf die Gasthöfe (vergl. S. XIV) ist ein besonderes Augenmerk gerichtet worden; nicht der kleinste Theil der Annehmlichkeiten einer Reise ist von der guten oder schlechten - Beschaffenheit derselben, den Preisen, der Bedienung u. s. w. abhängig. Neben den grossen Gasthofs-Palästen neuesten Stils sind auch gute billige kleine Häuser genannt, so weit sie dem Verfasser bekannt geworden sind. Er glaubt damit einer nicht unbedeutenden Zahl von Reisenden einen wesentlichen Dienst zu erweisen. Empfehlenswerthe Häuser sind, so weit des Verf. oder seiner Freunde Erfahrung reicht, mit einem * bezeichnet, was natürlich nicht ausschliesst, dass es unter den nicht besternten nicht ebenfalls gute Gasthöfe gibt. Wer mit Frauen reiset, wähle allemal einen der ersten Gasthöfe: ein einzelner Herr findet sich leicht allenthalben zurecht. Als Antwort auf zahlreiche Briefe von Gastwirthen, die dem Verf. im Laufe der Jahre zugekommen sind, sieht er sich zu der Erklärung veranlasst, dass seine Empfehlungen nicht zu erkaufen sind, weder direct noch indirect. Seine Aufgabe ist, ausschliesslich den Reisenden dienstbar und förderlich zu sein, andere Belange liegen ihm ganz fern. Lob und Tadel beruhen auf eigener oder der Erfahrung zuverlässiger Reisefreunde; das Urtheil gründet sich meistens auf Rechnungen, die, mit Bemerkungen versehen, in grosser Zahl dem Verfasser im Original vorliegen und ihm von den verschiedensten Seiten eingesandt worden sind. Er hat die Genugthuung, dass seine Bemerkungen nicht ohne Einfluss auf den Zustand einzelner Gasthöfe geblieben sind, dass manche den Grund des Tadels beseitigt haben. An die Gastwirthe richtet er die Warnung, so wenig durch Geschenke als etwa freie Zeche sich um die Gunst angeblicher Agenten des Verfassers zu bewerben. Er kennt keine solche, niemand hat von ihm ein Mandat zu diesem Zweck. Die beste ausdauernde Empfehlung eines Gasthofes ist nur durch Reinlichkeit, gute Verpflegung, aufmerksame Bedienung und billige Preise zu erreichen.



*) Zur bequemern Handhabung sind die Theile auch einzeln zu etwas erhöhten Preisen zu haben: Oesterreich für sich, Süd-Bayern, Salzburg, Tirol, Ober-Italien zusammen, Oesterreich, Süd- und Westdeutschland zusammen, Mittel- und Norddeutschland zusammen , so dass der Reisende im Süden nicht mehr genöthigt ist, mit der norddeutschen Abtheilung seine Taschen zu beschweren, und umgekehrt. Alles überflüssige Gepäck, seien es auch nur Zusammengeheftete Papierblätter, wird namentlich dann auf Reisen lästig, wenn man es tragen muss. Jeden einzelnen dieser Theile kann bei ihrem jetzigen Umfang wohl auch die kleinste Rocktasche bewältigen.