Geschichte der Juden in Sachsen - 13

Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland
Autor: Levy, Alphonse (1838-1917) deutsch-jüdischer Publizist, trat für die jüdische Gleichberechtigung ein und bekämpfte den Antisemitismus, Erscheinungsjahr: 1900
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Deutschland, Juden, Judentum, Sachsen, Judenverfolgung, Mittelalter, Deutsche, Menschenrechte, Bürgerrechte, Staatsbürger, Religion, Glaubensgenossen, Heimat, Antisemitismus
Schon am 12. Mai 1725 war für Dresden ein Verbot erlassen worden, einen Juden, der nicht zur Dienerschaft des Hofjuden gehörte, zu beherbergen, sobald er nicht mit einem vom Gouverneur gestempelten Erlaubnisschein versehen war. Wiederholt hatten die Stände darauf angetragen, den Juden den Aufenthalt im Lande nur zu Messezeiten zu gestatten.*) Der inzwischen zur Regierung gelangte Churfürst Friedrich August II. legte am 4. April 1733 sämtlichen durchreisenden Juden ohne Unterschied des Alters die Entrichtung des vollen Leibzolls auf. Ausdrücklich wurde dabei bestimmt, dass auch die Weiber, Diener und Rabbiner zur Entrichtung dieses Leibzolles verpflichtet seien.**) Auf Ansuchen der Dresdener Judenschaft, als deren „Gevollmächtigter" Elias Berend Lehmann auftrat, erfolgte zwar nicht die erbetene vollständige Zurücknahme dieser Verordnung, aber der Generalbefehl vom 24. Sept. 1733 brachte doch wenigstens die Befreiung der Kinder unter 10 Jahren von diesem Leibzoll. Mit der behördlichen Anerkennung des Elias Berend Lehmann als Vertreter der israelitischen Bewohner Dresdens war dabei das Vorhandensein einer jüdischen Gemeinschaft und die Grundlage der künftigen Dresdener Religionsgemeinde festgestellt.***)

*) M. B. Lindau, Gesch. der Residenzstadt Dresden. S. 604.
**) Generalbefehl v. 4. April 1733 Cod. Aug. Tom III. p. 10.
***) Sidori, Gesch. d. Juden in Sachsen. S. 73.


Da sich die Leipziger Kaufmannschaft über die Aufnahme öffentlicher Gewerbe seitens der Juden über deren Hausieren, zeitliches Erscheinen vor den Messen und langen Aufenthalt nach ihnen beschwerte, wurden vom Churfürsten Friedrich August II. einige Gesetze (darunter das Verbot der offenen Gewölbe und das am 7. März 1687 erlassene und 1731 erneuerte, den längeren Aufenthalt betreffende Gesetzverschärft. Dem Münzjuden Levi versuchte man das Aufenthaltsrecht in Leipzig durch die Behauptung zu verkümmern, dass er devalvierte Münzsorten einwechsele und nicht alles aufgekaufte Silber zur Münze schicke. Darauf erfolgte die Resolution, es bedürfe nur der gehörigen Aufmerksamkeit der Ortsobrigkeit, damit seine (Levi Gerds) allerdings landesherrliche Erlaubnis der Münzlieferung nicht auf Warenhandel außer der Messe ausgedehnt werde *) In der 1746 erlassenen Judenordnung wurde vorgeschrieben: „Es bleibt dem fremden Juden, wie seither, so auch fernerhin die Leipziger Neujahr-, Ostern- und Michaelis-, ingleichen die Naumburger Petri-Paul-Messen zu besuchen und zu bauen unbenommen, sie sind aber auch schuldig die Erlegung des Leib-Zolls Land und General-Accise nebst anderen angeordneten aber sonst gewöhnlichen Praestandis zu prästieren".*)

*) Sidori, Gesch. d. Juden in Sachsen S. 77 und 80.

Gerechtere Ursache zur Verstimmung der Leipziger Bürgerschaft als das wahrscheinlich sehr harmlose geschäftliche Gebahren Gerd Levis bot die 1759 erfolgte Verpachtung der von dem König Friedrich II. von Preußen in Leipzig angelegten Münzstätte an den bekannten Juden Ephraim Itzig*) Die von Jahr zu Jahr erhöhte Pachtsumme soll bis auf 7 Millionen Thaler in schlechtem Gelde gestiegen sein. Als die sächsische Regierung nach dem Kriege diese Münzen widerrufen und alle vorhandenen Stücke um einen gleichmäßigen Preis einlösen ließ, sollen manche Wechsler aus der Einwechselung derselben für den geringsten Preis und durch Absonderung der besseren, welche sie einschmelzen ließen, bedeutenden Gewinn gezogen haben.***) Dies verursachte zahlreichen Leipziger Bürgern schwere Verluste, weshalb Otto Dittmann die Münzenverhältnisse des Jahres 1763 als der „Kipper- und Wipper-Zeit" ähnlich bezeichnete.

*) Juden O. von 1746 § 8 (Biener de jure regio reeipiendi Judaeos § 12 p. 60 n. 2.) Ulrich Friedr. Kopp Bruchstücke z. Erläuterung d. deutschen Gesch. u. Rechte. 1799. S. 129.
**) Pragmatische Handelsgeschichte d. St. Leipzig, Leipzig 1772 (ed. Dr. Georg Kriedr. Franz) S. 154.
***) Chronik d. St. Leipzig, ed. Ed. Sparfeld S. 414.


Nicht minder drückend als in Leipzig hatten sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts in Dresden die Verhältnisse der Juden gestaltet. Auf Antrag der Stände war am 16. August 1746 eine Judenordnung erlassen worden, durch welche der Aufenthalt und der Handel der Juden in Dresden aufs neue beschränkt wurde. Danach sollte es ihnen weder gestattet sein, eine Synagoge zu bauen, noch einen gemeinschaftlichen Ort zur Abhaltung ihrer Religionsübung zu haben. Jeder Hausvater sollte vielmehr seinen Gottesdienst in möglichster Stille in seinem Hause verrichten. Geduldet wurden nur die Juden, welche churfürstliche Konzessionen oder Kammerpässe besaßen. Auch diese hatten in Dresden allmonatlich ihre Wohnung und ihren Familienstand anzuzeigen. Bei der von den Ständen des Jahres 1749 bewilligten allgemeinen Steuererhöhung wurden auch die Juden in Dresden und Leipzig mit einem erhöhten Kopfgelde belegt. Unverkennbar war damals in der Staatsverwaltung der gute Wille vorhanden, das Loos der Juden günstiger zu gestalten, und nur dem Einfluss der Stände dürfte es zuzuschreiben sein, dass der Wille selten zur Tat wurde. Immerhin ergingen Verordnungen, welche eine bessere Behandlung der durchreisenden Juden anbahnten. Nach dem Generalbefehl vom 8. Juli 1748 sollte den Juden auf den Posten, auf der Wage, auf der Accise und von den Zollbehörden mit allem Glimpf begegnet werden. Der Verordnung vom 20. Juli 1750 zufolge durften die böhmischen, mährischen und ungarischen Juden, die nur des Einkaufes wegen die Messe besuchten, ihren Weg nach Leipzig, wo und wie sie wollten, nehmen; mit der Ware aber mussten sie auf der ordentlichen Heer- und Landstraße bleiben, auch den Leibzoll und andere Abgaben entrichten. Der Generalbefehl vom 12. Juli 1753 bezweckte, dass den Juden bei Passierung des Geleites keine „Discretions" von den Einnehmern abgefordert werden sollten, ein Missbrauch, der häufig genug vorgekommen sein mag.