Einleitung in die Geschichte des Ursprungs der deutschen Hanse
Aus: Urkundliche Geschichte des Ursprungs der deutschen Hanse. Bd 1
Autor: Sartorius, Georg Friedrich Freiherr von (1765-1828) deutscher Historiker und Professor an der Universität Göttingen, Erscheinungsjahr: 1830
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hanse, Hansa, Norddeutschland, Städtebund, Handelsmacht, Ostsee, Nordsee,
Ein bestimmtes Anfangsjahr des Vereins der niederdeutschen Kaufleute und Städte anzugeben, welcher späterhin die deutsche Hanse genannt ward, ist untunlich, indem die zuerst hier oder da Zusammentretenden auf einen engen Kreis sich beschränkten, den zunächst sie drängenden Bedürfnissen abzuhelfen bemüht waren, eine Verbindung in größerer Ausdehnung zuvörderst aber nicht beabsichtigten, mehrere Vereine der Art endlich von geringerem Umfange, fast gleichzeitig, durch gleiche Bedürfnisse veranlasst, entstanden. Alle diese ältesten besonderen Vereine sind kaum noch auszumitteln, obwohl die uns überlieferten auf früher vorhandene hinweisen; auch ist nicht immer urkundlich darzutun, wie diese unter einander sich wiederum verbanden, andere sich ihnen angeschlossen haben.
Gewiss dachten die zuerst zusammentretenden niederdeutschen Kaufleute in der Fremde, die durch Sitte, Sprache und die Verfolgung gemeinschaftlicher Zwecke einander verwandt waren, nicht an eine Handelsverbindung, welche den Verkehr im Norden, auf der Ost- und Nordsee beherrschen sollte; eben so wenig aber haben die sich zuerst mit einander verbindenden Städte geahnt, dass daraus ein Bund hervorgehen würde, welcher der Macht der Könige und Völker im Norden die Spitze zu bieten vermöchte.
Das gemeinschaftlich gefühlte Bedürfnis bei den niederdeutschen Kaufleuten in der Fremde, wie bei den Städten daheim, hat zunächst zu einzelnen Verbindungen in engeren Kreisen geführt; diese haben im Verlaufe der Zeit sich erweitert, getrieben durch gleiche Bedürfnisse schlossen sich andere an, als die goldenen Früchte der ersten kaufmännischen Vereine in dem Auslande sich zeigten, und immer neue Städte im Nordosten entstanden, sie und die früher vorhandenen aber mit größeren Freiheiten begabt wurden. Nicht durch einen Zauberschlag, nicht zufolge einer Idee, sondern aus dem lebhaft gefühlten gleichmäßigen Bedürfnisse, ist in und mit der Zeit aus kaum bemerkten Anfängen eine Verbindung hervorgegangen, welche den Handel und die städtischen Freiheiten im Norden Deutschlands schirmte: ein Erfolg, der um so erfreulicher war, da, bei der gelähmten kaiserlichen und Reichsgewalt, Niemand sonst sich zeigte, welcher diese Segnungen dem fleißigen Bürger, dem fahrenden Manne, den freien Gemeinen hätte gewähren können, da, ohne diese Vereine, vielmehr die Städte und ihre Bürger in die Gewalt fremder Mächte geraten sein würden, oder, ihrer Freiheiten beraubt, der Gewalt einheimischer Herren nicht würden haben entgehen können. Aus so unvollkommenen Anfängen ging endlich eine Verbindung hervor, deren Wirkungen nicht auf Deutschland beschränkt blieben, vielmehr erstreckten sie sich über den gesamten Norden von Europa. Der Bund hat eine weltgeschichtliche Bedeutung gewonnen, dieser Verein von Städten und Kaufleuten hat im Mittelalter so große Wirkungen hervorgebracht, dass er als eine der bedeutenderen Stufen in der Gesittung unsers Weltteils betrachtet werden muss.
Wenn nun die glücklichen Nachkommen einen Rückblick auf den Ursprung einer Verbindung tun wollten, der sie so Vieles verdankten, und welche sie in den Besitz eines solchen Ansehens in ganz Europa gesetzt hatten; so wussten sie doch nie mit Bestimmtheit zu sagen, welchen ihrer Altvordern sie eigentlich zu Dank verpflichtet wären. Nicht nur die späteren Schriftsteller, sondern auch die Abgeordneten auf den Hansetagen, ja des Bundes Syndizi selbst, die im sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderte angestellt und unter Anderem auch mit der Geschichte des Vereins beauftragt wurden, wichen, was den Ursprung betrifft, um Jahrhunderte von einander ab. In Wahrheit ist er auch um so vieles früher oder später zu setzen, je nachdem man ihn in den ersten zufälligen, durch das nächste Bedürfnis gebotenen, und über einen engeren Kreis sich erstreckenden Verbindungen norddeutscher Kaufleute in dem Auslande, und einiger wenigen Städte dieses nördlichen Teiles unseres Vaterlandes setzt; oder ihn erst in der Verbreitung dieser kaufmännischen Vereine über den gesamten Norden findet, die einen Mittelpunkt an den vereinten Städten gewannen; oder in der Verbindung dieser, der Seestädte etwa, oder der angeseheneren See- wie Landstädte erkennt, welche über den gesamten Norden Deutschlands verbreitet, durch ihre Abgeordneten zusammentreten, gemeinschaftliche Beschlüsse fassen und gemeinsame Zwecke verfolgen. Hält man sich endlich bei Beantwortung dieser Frage an den Namen deutsche Hanse, den die Kaufleute und Städte nachher so verherrlicht haben, und der einigen wenigen der letzteren bis auf uns, zur Erinnerung an eine große Vergangenheit, geblieben ist; so liegen auch in dieser Hinsicht Jahrhunderte dazwischen, bevor dieser Name, der zuerst nur dem Vereine deutscher, vornehmlich im Auslande verweilender Kaufleute beigelegt wurde, auf den großen Verein, der niederdeutschen Städte und Kaufleute übertragen ward, bis er zuletzt dem Städte-Bund allein verblieb, seitdem dessen Macht immer mehr sich ausgebildet hatte, alle besonderen Vereine ihm mehr unterworfen wurden, Name und Sache von mehreren fremden Mächten, zuletzt von allen, ja von Kaiser und Reich selbst stillschweigend d. h. ohne Bestätigungs-Urkunde, anerkannt wurde.
Die Geschichte der Vereine der niederdeutschen Kaufleute und Städte, bis zu ihrer mehr gemeinschaftlichen Verbindung und deren Ausbildung, umfasst den Zeitraum vom Anfange des zwölften bis zu der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts etwa bis zu dem J. 1370, in welchem die mächtigsten Städte des Vereins, die Seestädte, vor ganz Europa ihre Macht im Kampfe gegen König Waldemar von Dänemark zeigten, und einen ruhmvollen Frieden mit den Waffen in der Hand erzwangen: die Geschichte dieses Zeitraumes ist der Gegenstand des Folgenden, in welchem die Wahrheit der allgemeinen Darstellung des Entstehens und der Bildung des Vereins im Einzelnen zu erhärten sein wird.
Gewiss dachten die zuerst zusammentretenden niederdeutschen Kaufleute in der Fremde, die durch Sitte, Sprache und die Verfolgung gemeinschaftlicher Zwecke einander verwandt waren, nicht an eine Handelsverbindung, welche den Verkehr im Norden, auf der Ost- und Nordsee beherrschen sollte; eben so wenig aber haben die sich zuerst mit einander verbindenden Städte geahnt, dass daraus ein Bund hervorgehen würde, welcher der Macht der Könige und Völker im Norden die Spitze zu bieten vermöchte.
Das gemeinschaftlich gefühlte Bedürfnis bei den niederdeutschen Kaufleuten in der Fremde, wie bei den Städten daheim, hat zunächst zu einzelnen Verbindungen in engeren Kreisen geführt; diese haben im Verlaufe der Zeit sich erweitert, getrieben durch gleiche Bedürfnisse schlossen sich andere an, als die goldenen Früchte der ersten kaufmännischen Vereine in dem Auslande sich zeigten, und immer neue Städte im Nordosten entstanden, sie und die früher vorhandenen aber mit größeren Freiheiten begabt wurden. Nicht durch einen Zauberschlag, nicht zufolge einer Idee, sondern aus dem lebhaft gefühlten gleichmäßigen Bedürfnisse, ist in und mit der Zeit aus kaum bemerkten Anfängen eine Verbindung hervorgegangen, welche den Handel und die städtischen Freiheiten im Norden Deutschlands schirmte: ein Erfolg, der um so erfreulicher war, da, bei der gelähmten kaiserlichen und Reichsgewalt, Niemand sonst sich zeigte, welcher diese Segnungen dem fleißigen Bürger, dem fahrenden Manne, den freien Gemeinen hätte gewähren können, da, ohne diese Vereine, vielmehr die Städte und ihre Bürger in die Gewalt fremder Mächte geraten sein würden, oder, ihrer Freiheiten beraubt, der Gewalt einheimischer Herren nicht würden haben entgehen können. Aus so unvollkommenen Anfängen ging endlich eine Verbindung hervor, deren Wirkungen nicht auf Deutschland beschränkt blieben, vielmehr erstreckten sie sich über den gesamten Norden von Europa. Der Bund hat eine weltgeschichtliche Bedeutung gewonnen, dieser Verein von Städten und Kaufleuten hat im Mittelalter so große Wirkungen hervorgebracht, dass er als eine der bedeutenderen Stufen in der Gesittung unsers Weltteils betrachtet werden muss.
Wenn nun die glücklichen Nachkommen einen Rückblick auf den Ursprung einer Verbindung tun wollten, der sie so Vieles verdankten, und welche sie in den Besitz eines solchen Ansehens in ganz Europa gesetzt hatten; so wussten sie doch nie mit Bestimmtheit zu sagen, welchen ihrer Altvordern sie eigentlich zu Dank verpflichtet wären. Nicht nur die späteren Schriftsteller, sondern auch die Abgeordneten auf den Hansetagen, ja des Bundes Syndizi selbst, die im sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderte angestellt und unter Anderem auch mit der Geschichte des Vereins beauftragt wurden, wichen, was den Ursprung betrifft, um Jahrhunderte von einander ab. In Wahrheit ist er auch um so vieles früher oder später zu setzen, je nachdem man ihn in den ersten zufälligen, durch das nächste Bedürfnis gebotenen, und über einen engeren Kreis sich erstreckenden Verbindungen norddeutscher Kaufleute in dem Auslande, und einiger wenigen Städte dieses nördlichen Teiles unseres Vaterlandes setzt; oder ihn erst in der Verbreitung dieser kaufmännischen Vereine über den gesamten Norden findet, die einen Mittelpunkt an den vereinten Städten gewannen; oder in der Verbindung dieser, der Seestädte etwa, oder der angeseheneren See- wie Landstädte erkennt, welche über den gesamten Norden Deutschlands verbreitet, durch ihre Abgeordneten zusammentreten, gemeinschaftliche Beschlüsse fassen und gemeinsame Zwecke verfolgen. Hält man sich endlich bei Beantwortung dieser Frage an den Namen deutsche Hanse, den die Kaufleute und Städte nachher so verherrlicht haben, und der einigen wenigen der letzteren bis auf uns, zur Erinnerung an eine große Vergangenheit, geblieben ist; so liegen auch in dieser Hinsicht Jahrhunderte dazwischen, bevor dieser Name, der zuerst nur dem Vereine deutscher, vornehmlich im Auslande verweilender Kaufleute beigelegt wurde, auf den großen Verein, der niederdeutschen Städte und Kaufleute übertragen ward, bis er zuletzt dem Städte-Bund allein verblieb, seitdem dessen Macht immer mehr sich ausgebildet hatte, alle besonderen Vereine ihm mehr unterworfen wurden, Name und Sache von mehreren fremden Mächten, zuletzt von allen, ja von Kaiser und Reich selbst stillschweigend d. h. ohne Bestätigungs-Urkunde, anerkannt wurde.
Die Geschichte der Vereine der niederdeutschen Kaufleute und Städte, bis zu ihrer mehr gemeinschaftlichen Verbindung und deren Ausbildung, umfasst den Zeitraum vom Anfange des zwölften bis zu der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts etwa bis zu dem J. 1370, in welchem die mächtigsten Städte des Vereins, die Seestädte, vor ganz Europa ihre Macht im Kampfe gegen König Waldemar von Dänemark zeigten, und einen ruhmvollen Frieden mit den Waffen in der Hand erzwangen: die Geschichte dieses Zeitraumes ist der Gegenstand des Folgenden, in welchem die Wahrheit der allgemeinen Darstellung des Entstehens und der Bildung des Vereins im Einzelnen zu erhärten sein wird.