Ein Frachtsegler auf dem Gardasee.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1900
Autor: Atlantic, Erscheinungsjahr: 1900

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Alpen, Gardasee, Wasserbecken, Segler, Schmuggler, Segelschifffahrt,
Nach dem Genfersee und dem Bodensee ist der Gardasee das größte Wasserbecken der Alpen, und was die Reize seiner Ufer anbetrifft, vielleicht der schönste, obwohl er weniger bedeckt einen Flächenraum von 366 Quadratkilometer und liegt nur 44 Meter über dem Spiegel des Adriatischen Meeres, von dem er einst ein Fjord war. Nur sein nördlicher, schmaler Teil ist in das Gebirge eingezwängt; hier sieht man wilde, kahle, fast senkrecht aus dem Wasser aufsteigende Felsen, von denen Wasserfälle herabstürzen und deren Steilwänden der Fleiß der italienischen Landbauer dort, wo es irgend möglich war, die üppigsten Zitronen- und Orangengärten abgerungen hat. Den südöstlichen Teil umrahmen anmutige, vorzüglich angebaute Hügel, zwischen denen der See sich meerähnlich ausbreitet.

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Die Schönheiten einer Dampferfahrt von Riva bis Desenzano und Peschiera sind oft geschildert worden, wenige Vergnügungsreisende aber wissen, dass auch eine stattliche Flotte von Handelsschiffen auf dem See kreuzt und den Austausch der Produkte Italiens und Österreichs vermittelt. Die Segelschifffahrt besorgen kleine, stark gebaute, zweimastige Frachtschiffe, die ziemlich massiv gebaut sind, da sie oft genug erheblichen Stürmen und einem meerähnlichen Wellengang standhalten müssen.

Die meisten sind recht alte Kasten und haben als Gallionsfigur am Bug einen Heiligen oder eine Wassernixe. Unser Bild auf S. 40 und 41 stellt solch einen Frachtsegler auf dem Gardasee dar, als er eben mit günstigem Winde die unweit der Ostküste des Sees aus dem Wasser emporragende Felseninsel Trimelone passiert, deren Gipfel die Ruine einer alten Burg der Scaliger, des Veoneser Herrschergeschlechts krönt.

Trotz der häufigen Stürme hört man von Schiffsunfällen selten! Der Wind, welcher der Segelschifffahrt Gefahr bringen kann, ist der Borea oder Suer, der aus den Hochtälern der Etsch und des Isarco wie durch einen Kanal herab auf den See niederstürmt. Aber da er stets im gleichen Strich kommt, und das plötzliche Umspringen des Windes an den Felsenecken, wie auf anderen Alpenseen, fehlt so ist die Gefahr für den kundigen Schiffer gering. Neben der legalen Segelschifffahrt gibt es zahlreiche Schmugglerschiffe, und die italienische Regierung hält auf dem Gardasee eine förmliche kleine Kriegsflotte, nämlich Torpedoboote, die den Zollwachtdienst versehen und besonders bei Nacht lautlos wie Schatten über den See kreuzen, um die mit Schmugglerware beladenen Segler abzufangen.

Maritimes, Frachtsegler die Insel Trimelone (Gardasee) passierend

Maritimes, Frachtsegler die Insel Trimelone (Gardasee) passierend