Die Winterfreuden in Russland

Autor: Herausgeber: H. B. Wagnitz und Fr. Hesekiel, Erscheinungsjahr: 1830
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Winterfreuden, Schnegestöber, Schlittenfahrten, Eis und Schnee
Aus: Hallisches patriotisches Wochenblatt auf das Jahr 1830. Zur Beförderung nützlicher Kenntnisse und wohltätiger Zwecke herausgegeben von H. B. Wagnitz und Fr. Hesekiel.
31. Jahrgang, Band 1. 1830
Der Herbst ist in Russlands nördlichen Teilen die unangenehmste, der Winter die angenehmste Jahreszeit. Da ist die Luft so rein und stärkend und erfrischend, und im Januar und Februar so hell und dünn, dass man den blauen italienischen Himmel zu sehen wähnt. Die meisten Einwohner sehen dem Winter aus diesem Grunde mit Sehnsucht entgegen.

Im schmutzigen trüben Herbstwetter konntet man nicht zu einander. Auf einmal kam der errettende Winter. Der Himmel ward klar, die Straße hart, über Seen, Moraste, Bäche und Flüsse machte er Brücken, und nun fliegen die Schlitten auf allen Straßen und Wegen, über Felder, Hügel und Sümpfe mit einer Schnelligkeit, die nicht ihres Gleichen hat. Kaum hat man sich auf den Schlitten eines russischen Fuhrmanns gesetzt, die in großer Menge vor den Toren der Städte und auf ihren Straßen halten, und man ist eine halbe Stunde davon geflogen. Die Straßen des Landes sind um diese Zeit sehr lebhaft.

Der innere Landhandel ist fast nie stärker, als in derselben. Von einem Gute zum andern, von einer Stadt zur andern, stellt man Lustfahrten an. Der Adel tut das besonders. An Schnee fehlt es dort dazu nicht leicht. Mit Ende Novembers und Dezembers fällt er gemeiniglich 3 — 4 Fuß hoch, friert wie Eis zusammen und liegt bis zum April.

Anderes Fuhrwerk sucht man daher im Winter gar nicht. Da auch die Erde eben so tief friert, so fahrt man sorglos über Seen und Ströme hinweg. Manchmal geht es auch wohl über Zäune, Mauern und dergleichen, wenn der Wind den Schnee daran gehäuft hatte, dass man sie nicht sieht.

Indessen jedem Genuss steht leicht ein Verdruss zur Seite. Auch diese Freuden werden oft in Leiden verwandelt. Der helle Himmel trübt sich, die stille kalte Luft wird stürmisch, und ein Schneegestöber kommt oft so schnell daher, dass man leicht in Gefahr gerät, auf einer großen Fläche eingetürmt zu werden, d. h. nicht mehr zu wissen, wohin es gehen müsse, und dann so in Schneetiefen zu geraten, dass alle Rettung unmöglich ist, und Kälte und Ermattung den Tod herbeiführen.

Pferdeschlitten

Pferdeschlitten

Im Schneesturm

Im Schneesturm

Russicher Bauer in Wintertracht

Russicher Bauer in Wintertracht

Personentransport im Winter

Personentransport im Winter