Die Insel Wollin und das Seebad Misdroy - 07. Bekehrung der Stadt Wollin zum Christentum und Gründung des pommerschen Bistums in Wollin. 1118 bis 1140.
Historische Skizze
Autor: Raumer, Georg Wilhelm von (1800-1856) preußischer Verwaltungsbeamter und Direktor des geheimen Staatsarchivs, Erscheinungsjahr: 1851
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Pommern, Insel Wollin, Fischerdorf Misdroy, Seebad, Handelsstadt, Oder, Ostsee, Lokalgeschichte, Landesgeschichte, Kulturgeschichte, Norddeutschland, Lebensweise, Landbau, Landwirtschaft, Ackerbau, Gutsbesitzer, Forstwirtschaft, Ackerwirtschaft, Volk, Volkswirtschaft, Gesellschaft, Produktion, Ursache und Wirkung, Bodenkultur, Inselbewohner, Ostseestrand, Badeort, Seebad
So war die Verfassung von Pommern und der Insel Wollin insbefondere, als gegen die Mitte des zwölften Jahrhunderts von Deutschland aus die Bekehrung der Pommern zum Christentum unternommen und durchgeführt wurde. Zwar waren die Dänen-Christen, allein ihre Herrschaft, die sich nur durch Seemacht geltend machen konnte, erstreckte sich nur auf einzelne Punkte der Küste; wichtiger war es, dass die Pommerschen Fürsten, wie bereits bemerkt ist, eine Art Oberhoheit politischer Art, die sich durch Bezahlung von Tribut und Kriegsbeistandspflicht geltend machte, der Herzoge von Polen anerkannten, denn da diese Christen waren und mit dem deutschen Reiche in Zusammenhang standen, so unterstützten sie mit ihrer ganzen Macht die von Deutschland ausgegangenen Bestrebungen zu einer Christianisierung von Pommern. Schon um das Jahr 1120, als Niels (Nicolaus), König von Schweden Osna (Usedom) belagerte, schiffte er von da nach Wollin und fand da den Herzog Boleslav von Polen jenseits der Dievenow mit einem Heerhaufen lagernd, beide belagerten die Stadt und besetzten sie, bis der Herzog Wartislav von Pommern nachgab und versprach Christ zu werden und einen Tribut zu bezahlen. Einige Jahre später, um 1122, erschien ein spanischer Mönch, Namens Bernhard, mit einem Dolmetscher, um die Pommern von der Abgötterei zu bekehren, wie jetzt Missionare aus Pommern nach China ziehen; er zog als Bettler von Polen aus quer durch die pommersche Wüste nach Julin und predigte hier, die Juliner aber hielten ihn für wahnsinnig und als er das Beil an die Julinsäule zu legen wagte, wäre er fast erschlagen worden, die Einwohner setzten ihn in einen Kahn und stießen ihn ins Haff hinaus, dennoch entkam er nach Polen und ging von da nach Bamberg, wo seine Erzählungen den heiligen Otto, Bischof von Bamberg, vermochten, das schwierige Werk der Belehrung von Pommern auf sich zu nehmen *), Bischof Otto von Bamberg machte sich zuerst im Jahre 1124 auf und zog nach Camin, wo Herzog Wartislav in seinem Schloss auf einer Höhe an der Dievenow und dem Caminer Bodden, unweit des jetzigen Domes, Residenz zu halten pflegte. Der Herzog, der, wie bereits bemerkt, für seine Person die Annahme des Christentums bereits gelobt hatte, begleitete den Bischof mit einem Gefolge der Vornehmsten des Landes zu Wasser auf der Dievenow nach Wollin, hier landeten sie am herzoglichen Schloss, dessen bei allen Pommern in geheiligtem Ansehen stehendes, bereits erwähntes Asylrecht ihnen Schutz versprach, der Bischof ließ alle sein Gerät und besonders den Altar auf dem Schiff in den Saal des Schlosses bringen. Sehr viele Einwohner von Wollin waren des Handels wegen über See und zu entfernteren Inseln (von Dänemark, Bornholm usw.) verschifft; als die Zurückgebliebenen erfuhren, dass ein ihnen verhasster christlicher Bischof angekommen sei, gerieten sie in Wut und unternahmen, ohne das Asylrecht zu verletzen, ihn dadurch zu vertreiben, dass sie das Dach des Schlosses abdeckten **), doch hätte ein nachher Bekehrter, Namens Bogdan ***), den Bischof in der Wut fast erschlagen. In der Furcht vor den Drohungen des beleidigten Herzogs aber floh das Volk durch die tiefen und kotigen Straßen, über die hölzerne Brücken gelegt waren, und über die Dievenowbrücke und lagerte sich auf dem Platz, wo vor der Stadt die Scheunen standen, dem heutigen Hagen vor Wollin.
*) S. Giesebrecht wend. Gesch. im zweiten Bande, wo alles ausführlich erzählt wird, was der heilige Otto in Pommern verrichtete.
**) Ganz ähnlich suchten einst die Griechen, nach dem Thucydides, Geflüchtete dadurch aus einem Tempel zu vertreiben, dass sie ihn abdeckten.
***) Der Sage nach ein Vorfahr der auf der Insel Wollin von alten Zeiten ansässigen Familie Budahn.
Die Vornehmeren der Stadt, von denen Cesternit, Tredegras, Knips, Jesse und Golias namentlich genannt werden, schoben die Schuld dieses Beginnens gegen den Herzog auf den Pöbel und erklärten zugleich, sie könnten den Bischof jetzt in die Stadt nicht einlassen, da aber Stettin die älteste und angesehenste Stadt in ganz Pommern, auch, weil der Haupttempel sich da befinde, gleichsam die Mutter aller übrigen Städte sei, so wollten sie, wenn Stettin das Christentum annehme, deren Autorität folgen. Dies bewog den Bischof, im Geleite eines vornehmen Wolliners, Namens Nedamir, über das Haff nach Stettin zu segeln und dies erst zu bekehren; im Winter kehrte er über das Haff nach Wollin zurück, nun mussten die Bewohner ihn aufnehmen, der heilige Otto blieb zwei -Monate da und er bekehrte und taufte auch das Landvolk umher, aus der Insel Wollin und den benachbarten Castellaneien zusammen über 20.000 Menschen. Die Legende will, der in der Stadt gelegene Sumpf, in dem die Gontine mit der heiligen Lanze stand, sei plötzlich trocken geworden. Diese Gontine wurde zerstört und auf deren Stelle eine dem heiligen Adalbert [jetzt St. Georg] gewidmete Kirche gebaut. Diese Stadtkirche war indessen einfach genug, nur von Holz mit einem Rohrdach und über dem Altar war statt des Gewölbes eine Leinwand ausgespannt. Gleichzeitig fasste Herzog Wartislav auf Ermahnen des Bischofs und mit Zustimmung der vornehmeren Pommern, die sich schon dem Christentum zugewendet hatten, den Beschluss, in Wollin, als einer berühmten Seestadt und die gleichsam in der Mitte von Pommern gelegen sei, auch zur Beugung des hartnäckigen Sinnes der Einwohner ein Bistum anzulegen und es sollte dazu vor den Toren Wollins auf einer Höhe eine dem heiligen Petrus *) gewidmete Kirche erbaut werden, wozu der Bischof auch schon den Altar weihte **).
Von Wollin zog der heilige Otto nach Dodona, einem berühmten Heiligtum der Pommern zu Dadow bei Treptow an der Rega, um es zu zerstören, und von da nach Colberg, von wo er über Polen nach Bamberg zurückging. Kaum aber hatte der Bischof das Land verlassen, als auch die Wolliner vom Christentum wieder abfielen. Diese Nachricht und der Wunsch, des heiligen Otto, auch die Bewohner der vorpommerschen Castellaneibezirke Demmin, Wolgast, Usedom u. s. w. zu bekehren, vermochte ihn, im Jahre 1128 eine zweite Reise zu unternehmen; auf einem Landtage zu Usedom, den Herzog Wartislav abhielt, und auf dem auch die angesehensten Geschlechter des pommerschen Adels aus den Castellaneien rechts der Swine ***) erschienen, wurde die Annahme des Christentums beschlossen, und darauf die heidnischen Tempel zu Gützkow und Wolgast zerstört; Bischof Otto wandte sich dann nach Stettin und fuhr von da zu Wasser nach Wollin, wo er gut aufgenommen wurde, ****) und von hier ging er zu Lande mitten durch Pommern nach Polen, dessen Herzog Boleslaus diese Missionsreisen des Bischofs besonders unterstützt und dadurch die Sache sehr befördert hatte, weil, wie bereits bemerkt, Herzog Wartislav von Pommern sich dem Polenherzog politisch unterordnete, Nichtsdestoweniger hatte die Bekehrung von Pommern durch deutsche Geistliche den Erfolg, dass solches sich in ein deutsches Land verwandelte, worüber unten das Nähere beigebracht werden wird.
*) Jetzt S. Michael. Die Namen sind unsicher f. Giesebrechi a. a. O. p. 285.
**) Dass das bei dieser Gelegenheit von einigen Pommern heimlich fortgebrachte Triglaffbild aus Wollin hergestammt habe, ist nicht erweislich. Giesebrecht a. a. O. p. 283.
***) Superiores partes, das Hinterland, Hinterpommern, wie es heißt.
****) Giesebrecht, a. a. O. p. 327.
Die Herzoge von Polen betrieben nun auch, nachdem die Missionsreisen des heiligen Otto längst vollbracht waren, dass der Papst das vom Bischof gegründete Bistum Wollin bestätigte. Es geschah dies, nachdem schon in einer päpstlichen Urkunde von, 1133 des pommerschen Bistums Erwähnung geschehen war, durch eine Urkunde Papst Innocenz II. vom Jahre 1140, und zwar wurde nunmehr die Kirche des heiligen Adalbert in der Stadt Wollin (jetzt St. Georgskirche) zum Bistumssitz bestimmt, das Bistum unmittelbar dem Papste untergeben und der Geistliche Adalbert zum ersten Bischof des vom heiligen Otto bekehrten Landes Pommern bestellt. Als dem Bistume angehörig wird in der Urkunde aufgeführt die Stadt Wollin mit dem Markte und den Wirtshäusern *) und Zubehörung, und als Sprengel werden in ziemlicher Unbestimmtheit außer Wollin die Castellaneibezirke von Stettin, Camin, Demmin und Kolberg genannt. Jede Hufe **) in ganz Pommern bis an die Leba sollte statt des Zehntens zwei Maaß Korn und 5 Pfennige geben. So entstand das pommersche Bistum, episcopalis sedes in civitate Wulinensi in ecclesia beati Alberti, wie es in der Urkunde von 1140 heißt. ***)
*) Wie schon bemerkt, wurden ansehnliche Einkünfte aus den Wirtshäusern erhoben.
**) De unoquoque arante.
***) Diese Urkunde befindet sich noch heutigen Tages im Original zu München.
*) S. Giesebrecht wend. Gesch. im zweiten Bande, wo alles ausführlich erzählt wird, was der heilige Otto in Pommern verrichtete.
**) Ganz ähnlich suchten einst die Griechen, nach dem Thucydides, Geflüchtete dadurch aus einem Tempel zu vertreiben, dass sie ihn abdeckten.
***) Der Sage nach ein Vorfahr der auf der Insel Wollin von alten Zeiten ansässigen Familie Budahn.
Die Vornehmeren der Stadt, von denen Cesternit, Tredegras, Knips, Jesse und Golias namentlich genannt werden, schoben die Schuld dieses Beginnens gegen den Herzog auf den Pöbel und erklärten zugleich, sie könnten den Bischof jetzt in die Stadt nicht einlassen, da aber Stettin die älteste und angesehenste Stadt in ganz Pommern, auch, weil der Haupttempel sich da befinde, gleichsam die Mutter aller übrigen Städte sei, so wollten sie, wenn Stettin das Christentum annehme, deren Autorität folgen. Dies bewog den Bischof, im Geleite eines vornehmen Wolliners, Namens Nedamir, über das Haff nach Stettin zu segeln und dies erst zu bekehren; im Winter kehrte er über das Haff nach Wollin zurück, nun mussten die Bewohner ihn aufnehmen, der heilige Otto blieb zwei -Monate da und er bekehrte und taufte auch das Landvolk umher, aus der Insel Wollin und den benachbarten Castellaneien zusammen über 20.000 Menschen. Die Legende will, der in der Stadt gelegene Sumpf, in dem die Gontine mit der heiligen Lanze stand, sei plötzlich trocken geworden. Diese Gontine wurde zerstört und auf deren Stelle eine dem heiligen Adalbert [jetzt St. Georg] gewidmete Kirche gebaut. Diese Stadtkirche war indessen einfach genug, nur von Holz mit einem Rohrdach und über dem Altar war statt des Gewölbes eine Leinwand ausgespannt. Gleichzeitig fasste Herzog Wartislav auf Ermahnen des Bischofs und mit Zustimmung der vornehmeren Pommern, die sich schon dem Christentum zugewendet hatten, den Beschluss, in Wollin, als einer berühmten Seestadt und die gleichsam in der Mitte von Pommern gelegen sei, auch zur Beugung des hartnäckigen Sinnes der Einwohner ein Bistum anzulegen und es sollte dazu vor den Toren Wollins auf einer Höhe eine dem heiligen Petrus *) gewidmete Kirche erbaut werden, wozu der Bischof auch schon den Altar weihte **).
Von Wollin zog der heilige Otto nach Dodona, einem berühmten Heiligtum der Pommern zu Dadow bei Treptow an der Rega, um es zu zerstören, und von da nach Colberg, von wo er über Polen nach Bamberg zurückging. Kaum aber hatte der Bischof das Land verlassen, als auch die Wolliner vom Christentum wieder abfielen. Diese Nachricht und der Wunsch, des heiligen Otto, auch die Bewohner der vorpommerschen Castellaneibezirke Demmin, Wolgast, Usedom u. s. w. zu bekehren, vermochte ihn, im Jahre 1128 eine zweite Reise zu unternehmen; auf einem Landtage zu Usedom, den Herzog Wartislav abhielt, und auf dem auch die angesehensten Geschlechter des pommerschen Adels aus den Castellaneien rechts der Swine ***) erschienen, wurde die Annahme des Christentums beschlossen, und darauf die heidnischen Tempel zu Gützkow und Wolgast zerstört; Bischof Otto wandte sich dann nach Stettin und fuhr von da zu Wasser nach Wollin, wo er gut aufgenommen wurde, ****) und von hier ging er zu Lande mitten durch Pommern nach Polen, dessen Herzog Boleslaus diese Missionsreisen des Bischofs besonders unterstützt und dadurch die Sache sehr befördert hatte, weil, wie bereits bemerkt, Herzog Wartislav von Pommern sich dem Polenherzog politisch unterordnete, Nichtsdestoweniger hatte die Bekehrung von Pommern durch deutsche Geistliche den Erfolg, dass solches sich in ein deutsches Land verwandelte, worüber unten das Nähere beigebracht werden wird.
*) Jetzt S. Michael. Die Namen sind unsicher f. Giesebrechi a. a. O. p. 285.
**) Dass das bei dieser Gelegenheit von einigen Pommern heimlich fortgebrachte Triglaffbild aus Wollin hergestammt habe, ist nicht erweislich. Giesebrecht a. a. O. p. 283.
***) Superiores partes, das Hinterland, Hinterpommern, wie es heißt.
****) Giesebrecht, a. a. O. p. 327.
Die Herzoge von Polen betrieben nun auch, nachdem die Missionsreisen des heiligen Otto längst vollbracht waren, dass der Papst das vom Bischof gegründete Bistum Wollin bestätigte. Es geschah dies, nachdem schon in einer päpstlichen Urkunde von, 1133 des pommerschen Bistums Erwähnung geschehen war, durch eine Urkunde Papst Innocenz II. vom Jahre 1140, und zwar wurde nunmehr die Kirche des heiligen Adalbert in der Stadt Wollin (jetzt St. Georgskirche) zum Bistumssitz bestimmt, das Bistum unmittelbar dem Papste untergeben und der Geistliche Adalbert zum ersten Bischof des vom heiligen Otto bekehrten Landes Pommern bestellt. Als dem Bistume angehörig wird in der Urkunde aufgeführt die Stadt Wollin mit dem Markte und den Wirtshäusern *) und Zubehörung, und als Sprengel werden in ziemlicher Unbestimmtheit außer Wollin die Castellaneibezirke von Stettin, Camin, Demmin und Kolberg genannt. Jede Hufe **) in ganz Pommern bis an die Leba sollte statt des Zehntens zwei Maaß Korn und 5 Pfennige geben. So entstand das pommersche Bistum, episcopalis sedes in civitate Wulinensi in ecclesia beati Alberti, wie es in der Urkunde von 1140 heißt. ***)
*) Wie schon bemerkt, wurden ansehnliche Einkünfte aus den Wirtshäusern erhoben.
**) De unoquoque arante.
***) Diese Urkunde befindet sich noch heutigen Tages im Original zu München.