Die Hansa und die norddeutsche Marine – Die Hohenzollern und die norddeutsche Marine

Autor: Schäfer, Dietrich Dr. (1845-1929) Professor der Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Erscheinungsjahr: 1869

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hanse, Hansa, Hansezeit, Hansestadt, Hansestädte, Hansebund, Handel. Städtebund, Kogge, Kaufleute, Schutzbrief, Handelsvertrag, Schutzbrief, Hansebann, Strandrecht, Bürgertum, Ostsee, Nordsee, Gewerbe, Kaisertum, Papsttum, Stapelplatz, Rostock, Lübeck, Hamburg, Wismar, Bremen, Stralsund, Greifswald, Elbing, Magdeburg, Köln, Memel, Königsberg, Brügge, Antwerpen, London, Bergen, Wisby, Nowgorod, Gilde, Kaperei, Kaperer, Barbarresken, Piraten, Seeräuber,
Inhaltsverzeichnis
  1. Fortsetzung
  2. Fortsetzung
Wenn heute die Angehörigen der rheinischen Friedrich Wilhelms-Universität und mit ihnen die Freunde der akademischen Studien sich in diesen festlichen Räumen zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Königs versammeln, so durchdringt uns alle, des bin ich gewiss, ein Gefühl besonderer Freudigkeit. Denn wem unter uns stände es nicht in frischer dankbarer Erinnerung vor der Seele, wie unser König mit der Königin und dem Kronprinzen die Stiftungsfeier unserer Universität mit Seiner Gegenwart auszeichnete, wer gedächte nicht des unvergesslichen Moments, als inmitten der Festrede von den akademischen Fahnen her und den Reihen der Kommilitonen anhebend aus dem Munde der versammelten Festgenossen der Jubelruf: Hoch dem Könige! erscholl. Solche Tage bezeugen vor der Welt, wie unser König die von Seinem in Gott ruhenden Vater zum Dienste der Wissenschaften begründeten Stiftungen hochhält, und wie die Universität zu unserem Königshause steht; sie knüpfen die persönlichen Beziehungen fester und inniger, sie geben den Gesinnungen der Treue und der gewissenhaften Pflichterfüllung höheren Schwung und Weihe.

Aber nicht allein was wir im engeren Kreise erlebt und erfahren haben stimmt uns zur Freude, sondern in nicht minderem Grade der Hinblick aus das königliche Walten in unserem großen Vaterlande. Als ich vor drei Jahren an diesem Tage die Ehre hatte, den Gefühlen der akademischen Corporation Ausdruck zu leihen, da schien es an der Zeit zu sein, uns für die bevorstehenden Prüfungen zu stärken in der Betrachtung der überkommenen Ausgaben des preußischen Staates und das Bewusstsein in uns zu befestigen, dass in dem Wechsel der Zeiten die erlauchten Hohenzollern mit ihrem Volke immer wiederum höheren Zielen nachgestrebt und größere Ausgaben erfüllt haben. Denn von allen Seiten des Landes wurden Stimmen der Zaghaftigkeit, des Mistrauens und des Parteigeistes laut, während zahlreiche Feinde sich waffneten und im Finstern schleichender Hass auf den Tag lauerte, da der Fall der Macht Preußens seinen frevelhaften Ränken Raum geben werde.

Diese Prüfung ist mit Gottes Hilfe glorreich bestanden. Der König und die Prinzen des königlichen Hauses zogen an der Spitze des treuen Heeres, „der Kraft des Vaterlandes", hinaus zum Siege. Mit diesem Siege der preußischen Waffen ward das deutsche Volk frei nun den Fesseln, in welche eine verknöcherte Kabinettspolitik sein nationales Leben schlug, und der Zersplitterung seiner Kräfte ward ein Ende gemacht. Sind auch noch nicht alle trennende Schranken gefallen, so bilden doch für die wesentlichen Zwecke der Sicherheit und der wirtschaftlichen Entwicklung die deutschen Lande bis zu den Grenzen der österreichisch-ungarischen Monarchie ein Ganzes, stark genug auswärtigen Feinden zu widerstehen und Landesverräter zu zermalmen.

Noch stehen wir in den Anfängen unseres deutschen Bundesstaates und einer einheitlichen Gesetzgebung, deren Früchte nicht in Jahresfrist reisen. Noch schaut mancher mit wehmütigem Gefühle auf die engeren Verhältnisse zurück, welche ihm in ihrer Beschränkung selbst wert und durch lange Gewohnheit ehrwürdig geworden sind. Aber in einem Stücke besteht unter vaterlandsliebenden Männern keine Meinungsverschiedenheit. Wer ein deutsches Herz im Busen trägt, kann nicht anders als mit ausrichtiger Freude Hinblicken aus die einheitliche Vertretung der nationalen Interessen im Auslande und aus den Schutz, den die gemeinsame Flagge unserer Schifffahrt und unserem Handel gewährt. Darum glaube ich einen unserer heutigen Feier nicht unangemessenen Gegenstand zu wählen, wenn ich die Verdienste der Hohenzollern um die maritimen Interessen Deutschlands zur Sprache bringe. Ist doch der freie und sichere Verkehr wie auf dem Lande so zur See eine Grundbedingung nicht allein für den Wohlstand, sondern eben so sehr auch für die Bildung einer Nation. Ein Volk, welches die Ausfuhr seiner Erzeugnisse und die Zufuhr der Waren, die es von auswärts bezieht. Fremden preisgibt, wird nicht bloß wirtschaftlich ausgebeutet, sondern es entbehrt zugleich der wirksamsten Hebel seiner Bildung und seiner Tatkraft; es beharrt aus einer niederen Stufe oder sinkt in Stumpfsinn zurück. Seefahrende Völker haben von jeher an der Spitze der Kulturbewegung gestanden.

Das deutsche Bürgertum hatte im Mittelalter ein weites Handelsgebiet beherrscht, aber die den nationalen Ausgaben entfremdete Kaiserpolitik hatte es um die mühsam errungene Stellung gebracht, und mit dem dreißigjährigen Kriege war vollends Verarmung und Schutzlosigkeit sein Los geworden. Gerade in diesem tiefsten Verfalle des deutschen Wesens unternahm der große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die Gründung einer Marine und zeichnete auch hier die Bahn vor, aus der seine Nachfolger von der Bildung eines preußischen Staates zur Wiedergeburt des deutschen Staates fortgeschritten sind.

Trostlos in der Tat war der Zustand, in welchem Deutschland daniederlag. Die natürlichen Verkehrsadern, die Landstraßen und die Flüsse, willkürlich unterbunden durch hundertfältige Zollstätten, die Mündungen unserer Ströme alle in fremder Hand, zumal der Rhein gesperrt durch die Holländer, in Friedenszeiten von den Weltmeeren und dem Verkehr mit Indien und Amerika ausgeschlossen durch das Prohibitivsystem der Kolonialstaaten, vom Mittelmeere durch die Seeräuberei der Barbaresken, von dem Zwischenhandel in Europa durch die Schifffahrtsgesetze, in denen Ausschließung der Fremden der leitende Grundsatz war, den in höchster Schärfe England durchführte; vollends in Kriegszeiten unaufhörliche Vergewaltigung der neutralen Schifffahrt durch die Kaperschiffe und ausländischen Prisengerichte. War es da ein Wunder, dass die völlig wehr- und schutzlose deutsche Schifffahrt verkümmerte? Und so wollten es die andern Nationen. Im Jahre 1662 suchten die Hamburger darum nach, gegen eine jährliche Zahlung in den Vertrag der Generalstaaten mit Algier ausgenommen zu werden. Vergebens; denn die Hochmögenden befanden, „der Abgang und Schade des Geschäfts zu Hamburg wegen mangelnden Schutzes gereiche Holland zum Vorteil." Als aus dem letzten Hansetage 1669 Lübeck fragte, ob es nicht gut sein möchte, bei fremden Potentaten um Handelsfreiheiten nachzusuchen, antwortete Bremen, das heiße nur Geld nach bösen werfen, und es unterblieb.

Fürwahr es gehörte Mut dazu, den ersten Schritt zu tun, um für die deutsche Schifffahrt freieren Spielraum zu erobern. Der große Kurfürst richtete von allem Anfange darauf seinen Sinn: nicht umsonst hatte er seine ersten Lehrjahre in Holland zugebracht. Kraft der Erbverträge und der geleisteten Erbhuldigung sollte ihm das erledigte Herzogtum Pommern zufallen: es erfüllte ihn der Gedanke, damit der Mark Brandenburg den Oderstrom zu öffnen und Stettin zu einem Hafenplatze ersten Ranges zu erheben. Aber die Schweden hatten auf das Land Beschlag gelegt und forderten es als Entschädigung. Sie bestanden aus Rügen und Vorpommern nebst Stettin und den Odermündungen. Kaum dass sie das hafenarme Hinterpommern dem Kurfürsten einräumten: für das übrige vermochte er nichts als eine Abfindung im Binnenlande, die Fürstentümer Magdeburg, Halberstadt und Minden, zu erlangen. Vielen erschien dieses Äquivalent reichlich bemessen, aber wie gerne hätte Friedrich Wilhelm es für die Oder und die Seeküste hingegeben. Einmal über das andere bot er der Krone Schweden jene Fürstentümer und noch zwei Millionen Thaler obendrein, wenn sie ihm ganz Pommern überließen. Das Anerbieten des Kurfürsten ward von dem Kanzler Oxenstjerna mit herben Worten abgewiesen und bei der schließlichen Grenzregulierung das schwedische Gebiet im Osten des Stettiner Haffs noch über die Bestimmungen des Osnabrücker Friedens hinaus erbreitert.

Während diese Verhandlungen obschwebten, war Friedrich Wilhelm schon daraus bedacht, der brandenburgischen Schifffahrt den Weg zu eröffnen und das Ziel zu geben. Am 14. November 1647 schloss er mit König Christian IV von Dänemark einen Vertrag, durch welchen die den Niederländern gewährte Ermäßigung des Sundzolls auch aus die brandenburgischen Schiffe ausgedehnt ward. Im Mai 1651 kam ein weiterer Vertrag hinzu über Abtretung der dänischen Kolonie an der Küste Coromandel, des Forts Dansburg nebst der Stadt Trankebar und Gebiet, zum Zwecke der Errichtung einer ostindischen Handelscompagnie, an welcher der König von Dänemark nomine privato seine Beteiligung mit einem Kapital von wenigstens 100.000 Thalern vorbehielt.

Die widrigen Zeitumstände und die Erschöpfung seiner Finanzen nötigten den Kurfürsten, von diesem Vertrage zurückzutreten. Es vergingen fünfundzwanzig Jahre, ehe er wieder aus Unternehmungen zur See denken konnte. Es war während des 1672 von Ludwig XIV begonnenen niederländischen Kriegs. Damals bekannten die Generalstaaten dankbar, dass, als sie von aller Welt verlassen gewesen, Friedrich Wilhelm allein sich ihrer angenommen: sie beteuerten, sie und ihre Nachkummen würden ihm das nie vergessen. Aber als im Jahre 1674 die Schweden, durch französische Subsidien gedungen, in die Mark Brandenburg einfielen, während der Kurfürst mit seinen Truppen beim Reichsheere im Elsaß stand, da zeigte es sich alsbald, dass die Holländer kein höheres Gebot kannten, als das ihres Eigennutzes. Sie blieben mit ihren vertragsmäßigen Zahlungen in Rückstand: sie erklärten nicht eher, als nachdem die Brandenburger bei Fehrbellin gesiegt hatten, den Krieg an Schweden, und zwar mit Vorbehalt ungestörten Handelsverkehrs. Friedrich Wilhelm hatte, um Schweden zu schädigen, Kaperbriefe an Niederländer erteilt und die Generalstaaten ersucht, die kommittierten Räte von Seeland mit dem Prisengerichte zu betrauen: aber die Hochmögenden wiesen auf der Stelle, ohne vorherige Rücksprache mit dem Kurfürsten, die Admiralität von Seeland an, die bereits genommenen schwedischen Schiffe und die, welche etwa noch ferner ausgebracht würden, kostenfrei den Eigentümern zurückzustellen und schlossen inmitten des Kriegs einen neuen Handelsvertrag mit Schweden ab.

Friedrich Wilhelm entschädigte seinen Kommissar, Benjamin Raule von Middelburg auf Seeland, für den erlittenen Verlust, nahm ihn als Marinedirektor in seinen Dienst und berief ihn 1676 mit drei Fregatten und mehreren kleinen Fahrzeugen nach der Ostsee. Diese Flottille hielt sich wacker: Raule überbrachte dem Kurfürsten die Flaggen von drei eroberten schwedischen Kriegsschiffen, zusammen von 48 Kanonen. Im nächsten Jahre ward die kurfürstliche Marine dazu verwandt, Transporte aus Preußen zu decken, an der schwedischen Küste zu kreuzen und Stettin zu blockieren. Es waren elf Fregatten und zwei Galeeren, welche zur Eroberung der wichtigen Oderfestung wesentliche Dienste leisteten. Nun galt es die Belagerung von Stralsund, für welche der Besitz von Rügen die Basis bildete. Friedrich Wilhelm brachte an der pommerschen Küste für die Überfahrt seiner Truppen 350 Fahrzeuge zusammen, ging unter dem Schutze von zehn seiner Kriegsschiffe und zwei dänischen am 23. September 1678 bei Putbus ans Land, vertrieb die Schweden von Rügen, nahm am 27. September die Insel Dänholm, den Schlüssel des Stralsunder Hafens, und war einen Monat später Herr der Festung, an der sich fünfzig Jahre zuvor Wallensteins Übermut gebrochen hatte. Pommern war den Schweden entrissen. Noch in demselben Winter jagte Friedrich Wilhelm die Schweden aus Preußen heraus und verfolgte die Trümmer ihres Heeres bis in die Gegend von Riga.

Aber bereits hatten zuerst die Generalstaaten, dann Spanien und der Kaiser, zu Nimwegen aus Brandenburgs Unkosten mit Ludwig XIV Frieden gemacht und dabei die Bestimmung getroffen, dass für die von Frankreich gewährte Räumung spanisch-niederländischer Provinzen Schweden seine deutschen Besitzungen zurückempfangen solle. So brachten sie Friedrich Wilhelm um den Preis seiner Siege. Entrüstet über seine Bundesgenossen unterhielt der Kurfürst während der nächsten fünf Jahre gutes Einvernehmen mit Ludwig XIV von Frankreich, den er bisher nach Kräften bekämpft hatte, und fand in Bündnissen mit diesem Monarchen einen Rückhalt für weitere Unternehmungen zur See. Er fasste den Entschluss, sein Geschwader aus der Ostsee auslaufen zu lassen, um sowohl von Spanien rückständige Subsidien einzutreiben, als an der Küste von Guinea eine Handelsstation zu gründen.

Hansewappen

Hansewappen

Hanse Kogge

Hanse Kogge

Lübeck Das Holstentor

Lübeck Das Holstentor

Piraten an Bord

Piraten an Bord

Angriff der Barbaresken

Angriff der Barbaresken

Original Cover Reuters Franzosenzeit in der französischen Übersetzung.

Original Cover Reuters Franzosenzeit in der französischen Übersetzung.

Original Titelblatt der französischen Ausgabe aus dem Jahre 1880.

Original Titelblatt der französischen Ausgabe aus dem Jahre 1880.

Sklavenmarkt 1

Sklavenmarkt 1

Sklavenmarkt (2)

Sklavenmarkt (2)

Sklavenmarkt der Seeräuber

Sklavenmarkt der Seeräuber