Die Aufgaben der deutschen Städteverwaltung
Was die Fürsorge für die Volksernährung betrifft, so bedauert der Verfasser, dass „die Produktion der Lebens- und Genussmittel und der Handel mit ihnen ganz und gar von der gemein wirtschaftlichen Grundlage losgelöst und aufs engste in den kapitalistischen, allein der Profiterzeugung dienenden Produktions- und Distributions-Mechanismus hineingezogen sind". Man erkennt fast mit Schrecken, wie weit er das Tätigkeitsfeld der Gemeindeverwaltung ausdehnen und den privaten Lebenserwerb zurückdrängen möchte. Vorläufig liegt der Gemeinde die Sorge ob für Märkte, Markthallen und Lebensmittelkontrolle. Die Bedeutung der Engrosmarkthallen wird an dem Beispiel von Berlin, die Zersplitterung des Kleinmarktverkehrs an dem Beispiel von Stuttgart erläutert. Als ideale Forderung wird aufgestellt: eine Zentralmarkthalle für den Großverkehr, Detailmarkthallen in verschiedenen Stadtvierteln, endlich allgemeines Verbot, Marktlebensmittel, einschließlich Fleisch, anderswo feilzubieten als in öffentlichen Markthallen, übrigens wird über den Misserfolg der Berliner Detailhallen in wenig verlockender Weise Bericht erstattet. Nur drei deutsche Städte haben Markthallen ohne offene Märkte; in elf Städten bestehen offene Märkte und Hallen neben einander. Überschüsse von Bedeutung erzielten nur zwei Städte, die meisten schlossen die Rechnung mit einem geringen Fehlbetrag. Mit der Einrichtung der Markthallen treten mehr und mehr an die Stelle der Produzenten die Händler, die nun den Schutz der Behörde gegen den Straßen- und Ladenhandel beanspruchen, den der Verfasser ihnen aber nicht gewähren will. Die Markthallen wirken zwar durch das höhere Standgeld preissteigernd, die Steigerung wird aber durch die gleichzeitig eintretenden Erleichterungen und Verbesserungen ausgeglichen. Die Nahrungsmittelkontrolle ist in deutschen Städten im allgemeinen rückständig, was der Verfasser auf den in den Stadtverordnetenversammlungen herrschenden Einfluss der privatkapitalistischen Interessen glaubt zurückführen zu dürfen. Nur acht Städte haben eine öffentliche Untersuchungsanstalt. Von großem Interesse sind die Erörterungen über Milchhandel, Milchversorgung: und Milchkontrolle, obwohl die Seitenhiebe auf Agrariertum und Privatbetriebe überflüssig sind; der Verfasser will die „Munizipalisierung der Milchproduktion" mit abgestuften Verkaufspreisen nach der Zahlungsfähigkeit der Abnehmer. In der mangelhaften Fleischkontrolle erkennt er die „ganze Jämmerlichkeit preußischer Selbstverwaltung“ und die „Rückständigkeit Preußens auf allen Gebieten, die nicht der Knechtung und Ausbeutung der Bewohner dienen": Über Schlacht- und Viehhöfe werden nebst scharfer Kritik lehrreiche Mitteilungen gemacht. Im Wasserversorgungswesen bekämpft der Verfasser die Überschusswirtschaft, aber zugleich die Entlastung der Hausbesitzer; er will unmittelbare Lieferung des Wassers an die Verbraucher zu einem Einheitspreise, der mit der Leistungsfähigkeit der Zahlenden abnimmt, gänzliche Befreiung der untersten Schichten von Wassergeld, Aufhebung aller Rabatte, Festsetzung keines niedrigeren Wasserpreises für die Industrie als für den Haushalt. So utopisch diese Forderungen klingen, so vortrefflich sind die nun folgenden tatsächlichen Darlegungen über das öffentliche Badewesen, die öffentlichen Pflanzungen und Spielplätze, nicht weniger die Kapitel über Krankenanstalten, Genesungshäuser, Desinfektionswesen und sonstige Bekämpfung der Infektion; die Apotheken will der Verfasser allmählich zu kommunalen Anstalten machen, die von Beamten verwaltet werden.
Die wichtigen Erörterungen über Stadterweiterung und Wohnungswesen beginnen mit einer Philippika gegen Hausbesitzer und Bodenspekulanten; es folgen Fluchtlinienfestsetzung, Baubeschränkungen, Enteignungsfrage, Umlegung. Das Enteignungsverfahren soll vereinfacht, die Umlegung eingeführt, aber ihr Einfluss nicht überschätzt werden. An der praktisch nicht zur Anwendung gekommenen Bestimmung des hessischen Gesetzes, dass beim Widerstreben gegen die Umlegung ein ganzer Block enteignet werden kann, nimmt der Verfasser keinen Anstoß und spottet über diejenigen, die in diesem unnötigen Eingriff ins Eigentum sozialistischen Übereifer erblicken. Die Zonenenteignung im unbebauten Gelände findet seinen Beifall, ebenso die ganze oder teilweise Inanspruchnahme der Wertsteigerung rayonfrei werdender Ländereien für die Stadtkasse. Er tadelt, dass die Festungsstädte, die ihre alte Umwallung ankaufen mussten, durch Verkauf von Baugrundstücken sich Einnahmen verschafft haben, um ihre Zahlungspflichten zu erfüllen. Die Heranziehung der Grundeigentümer zu den Straßenanlagekosten wird eingehend besprochen, ebenso die Sonderbesteuerung der Wertsteigerung von Bauland; die Bestrebungen des Oberbürgermeisters Adickes werden im Allgemeinen gerühmt. Bei der Umgestaltung bereits bebauter Stadtviertel wünscht der Verfasser eine für die Gemeinde günstigere Regelung der Grundentschädigungen und der Anliegerbeiträge, die Zonenenteignung und sonstige erleichternde Maßnahmen. Dass die Gemeinden nach der heutigen Rechtslage außer Stande sind, sich für die Kosten von Straßendurchbrüchen bei denjenigen, die den vorwiegenden Nutzen daraus ziehen, zu erholen wird mit einigem Recht getadelt; die schärfste Zurückweisung aber verdient des Verfassers Versuch, durch Einschiebung eines Wortes einem Satz aus Stubbens „Hygiene des Städtebaus" einen andern Sinn beizulegen und hieran mit der beliebten Wendung „außerordentlich charakteristisch“ die Behauptung zu knüpfen, die gegenwärtige Rechtslage werde selbst von solchen Kreisen, denen man eine fortgeschrittenere Ansicht zutrauen sollte, im vollstem Maße gebilligt. Die Steuern vom Grundbesitz werden nach der Ansicht des Verfassers in wachsenden Städten nicht von den Eigentümern getragen, sondern auf die Mieter abgewälzt, wobei auf die weniger wohlhabende Klasse der größere Teil der Lasten fällt; das wird als kein gerechtes Ziel der Steuerpolitik bezeichnet, ein anderer Weg aber wird nicht angegeben. Die Erörterungen des Verfassers über die „Bauordnung" stehen nicht ganz auf der Höhe, so sehr er auch für weiträumige, abgestufte Bauweise und Bevorzugung des kleinen Hauses eintritt. Gefährlich ist seine Anschauung über die Wohnungsfrage: er fordert kurzweg, dass die Gemeinde selbst nach Enteignung des betreffenden Landes die Wohnhäuser baue, und hält es für eine „kecke" Behauptung, dass dadurch die Privatbautätigkeit gehemmt werde. Über die Wohnungsinspektion bringt er wertvolle Erörterungen, untermischt mit herben Ausfällen, z. B. „die Wohnungspolizei ist so wenig eine staatliche Aufgabe, wie die Baupolizei, trotz der staatlichen Baupolizeiämter in Preußen und andern rückständigen Staatswesen". So sehr man die Absonderlichkeiten des Verfassers bedauern wird, so uneingeschränktes Lob verdient der tatsächliche Inhalt des reichhaltigen Werkes. Die weiteren Teile werden mit um so größerer Wertschätzung aufgenommen werden und um so segensreicher wirken, je mehr der Verfasser darauf verzichtet, die soziale Tendenz in sozialistischer Richtung zu übertreiben, gegen staatliche wie städtische Verwaltungen fortwährende Angriffe zu richten und den Stand der Hausbesitzer in heftiger Weise zu befehden.
Altenburg, Marktplatz
Arnstadt, Marktplatz
Baden-Baden, Stadtansicht
Hauptbahnhof in Altona
Bielefeld, Ansicht mit Blick auf den Johannisberg
Bielefeld, Postamt
Boitzenburg an der Elbe, Stadtansicht
Bremen, Alt-Bremer Haus
Bremen, Rathaus
Brunshaupten (Kühlungsborn), Kurhaus
Celle, Marktplatz
Darmstadt, Ludwigs-Platz und Bismarckdenkmal
Der Dom in Schwerin
Elsass, Straßbourg Kammerzellsches Haus
Erfurt, Fischmarkt mit Rathaus
Heidelberg, Alte Brücke und Schloss
Husum, Husumer Aue, Postkarte
Königswinter, Blick vom Rhein auf Drachenburg und Drachenfels
Malchin, Postamt, Tor und Kirche
Nürnberg, Albrecht Dürer Haus
Bielefeld, Rathaus und Theater
Dortmund
Münster
SH Heide, Bahnhof
SH Marne, Marktplatz
Stadttheater in Hamburg-Altona
Stolberg im Harz, Schloss mit Stadtkirche
Arnstadt in Thüringen, Alte Stadtmauer