Die jüdische Fortpflanzung in den Augen der Welt

Aber bringen wir mit dem nachfolgenden wirklich überraschend Neues? Wie war denn bisher die Meinung über die Bevölkerungsbewegung der Juden? Leroy-Beaulieu, der bei der Beurteilung jüdischer Fragen so oft zitiert wird, hat folgendes Urteil über sie abgegeben:

„Die Juden setzen weniger Kinder in die Welt als die Umgebung, aber sie bringen mehr zur Reife. So haben sie dies schwierige Bevölkerungsproblem in einer Weise gelöst, welche für sie selbst die vorteilhafteste und für den Nationalökonomen die befriedigendste ist.“


Ähnlich haben sich schon vorher die bekannten Statistiker M. Hoffmann, Dr. W. de Neufville*), A. V. Firks**) u. a. ausgelassen. Oft finden wir auch Andrée „Zur Volkskunde der Juden“***) zitiert:
„Im allgemeinen sind die biotischen Verhältnisse der Juden derartige, dass bei ihnen eine größere Vermehrung als bei den meisten anderen Völkern stattfindet, unter denen sie leben. Und das ist eine alte Erfahrung, die mit dem Eintreten der Juden in die Geschichte beginnt. In Ägypten wuchsen die Kinder Israels, „zeugten Kinder und mehrten sich und wurden ihrer sehr viele, dass ihrer das Land voll ward.“

*) Lebensdauer u. Todesursache verschiedener Gewerbe und Stände, Frankfurt.
**) Zeitschrift d. Kgl. preuß. Statistik 1878.


Selbst die jüdischen Statistiker haben sich in allen größeren Werken über die Sachlage ausgeschwiegen. Lediglich in einigen kleinen Aufsätzen finden wir vereinzelte Andeutungen. Ruppin, der als der beste Kenner der jüdischen Statistik gilt, hat in dem Buch „Die Juden der Gegenwart“, das die wichtigsten statistischen Fragen, welche die Juden berühren, behandelt, dieses Umstandes mit keinem Wort Erwähnung getan, Hoppe, ein bekannter ernster Forscher, zitiert in seiner Arbeit „Krankheit und Sterblichkeit bei Juden und Nichtjuden“ Leroy-Beaulieu, und das Standard work der jüdischen Statistik von Nossig schreibt über die Juden im Allgemeinen:

„Der jüdische Stamm vermehrt sich außer ordentlich rasch, er vermehrt sich etwa 3,03 mal rascher als die nichtjüdischen Stämme und würde sich bei ungestörter Entwicklung in einer etwa 4,02 mal kürzeren Periode verdoppeln als jene.“ —

Einen besonders starken Einfluss auf die Anschauung seiner Zeit bis auf unsere Tage hat die Äußerung Gobineaus von dem „Nichtsterben des Judentums“ ausgelöst, und wo nach „nur das Volk entartet, in dessen Adern infolge mannigfacher Mischung und Kreuzung nicht mehr das reine Blut seiner Väter fließt“.

*) Lebensdauer u. Todesursache verschiedener Gewerbe und Stände, Frankfurt.
**) Zeitschrift d. Kgl. preuß. Statistik 1878.
***) Leipzig 1881.


Renan kommt in seinem bekannten Vortrag „über Judentum und Christentum“ zu ähnlichen Folgerungen: „Das Judentum, das in der Vergangenheit so gute Dienste geleistet; wird sich auch in der Zukunft bewähren.“

Am besten gibt Bernhard Münz die Ideen seiner jüdischen Zeitgenossen wieder, wenn er schreibt:

„Ein Volk schreitet mitten durch die ganze Geschichte der Menschheit, spiegelt sich in dem größten Teil ihrer Entwicklung wider und taucht aus allen Prüfungen und Umwälzungen der Zeit immer wieder gestählt und gefestigt empor.“

Und von dem schon zitierten Dr. A. Nossig, dem Schöpfer der jüdischen Statistik, stammt das Wort „von der Unauflöslichkeit oder mindestens Zähigkeit des jüdischen Volkes, oder Schwierigkeit und Langwierigkeit des Auflösungsprozesses“. Und an anderer Stelle: „Als ein frappantes biologisches Ergebnis dieser (Auserwählungs-) Idee tritt uns die Tatsache des Bestehens und der noch immer ungewöhnlichen Lebens- und Reproduktionskraft der Juden entgegen. Der mosaische Gedanke eines „ewigen Volkes“ scheint sich verwirklichen zu wollen.“

Heine hat in seiner sarkastischen Weise Israel ins Gedenkbuch geschrieben: „Ägyptens Mumien sind ebenso unverwüstlich wie jene Volksmumie, die über die Erde wandelt, eingewickelt in ihren alten Buchstabenwindeln, ein verhärtet Stück Weltgeschichte . . .“

Demgegenüber konnten die beiden vor kurzem erschienenen Arbeiten: Dr. Rudolf Wassermanns „Das Wolfsche Bevölkerungsgesetz und das Bevölkerungsproblem der Juden in Deutschland“ *) und Dr. Zollschans „Das Rassenproblem“ **) noch keine Umstimmung der Anschauungen hervorrufen, zumal da die erstere Arbeit bei einem Umfang von 9 Seiten das Problem nur in einigen Punkten charakterisiert.

Anderseits hat Zollschan nur die Frage der Assimilation angeschnitten, ohne das an erster Stelle stehende Problem der Bevölkerungsbewegung zu berücksichtigen.

*) Zeitschrift für Sozialwissenschaften, 1908.
**) Wien 1911 (Braumüller).

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Untergang der deutschen Juden.