Der Hopfenbau und die Bierbrauerei in Mecklenburg in früherer Zeit. Band 6. - 3. Die Bierbrauerei in Mecklenburg im Mittelalter

Aus: Archiv für Landeskunde in den Großherzogtümern Mecklenburg und Revue der Landwirtschaft.
Autor: Vom Regierungs-Bibliothekar Glöckler in Schwerin, Erscheinungsjahr: 1856
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Brauhaus, Brauer, Biersteuer, Brauereien, Malzsteuer, Bierkonsumtion, Braunbier, Weißbier, Bier
Die Bierbrauerei in ihrer heutigen Bedeutung ist eine deutsche Erfindung, welche seit dem Zeitalter Carls des Großen sich allmählich in den deutschen Ländern verbreitete

In Mecklenburg hat sich die Bierbrauerei mit der Germanisierung des Landes im 13. Jahrhunderte entwickelt. Zu den ältesten christlichen Kolonisten unseres Landes gehörten Dänen und Niedersachsen, ferner Holländer und hauptsächlich Westfalen. Viele Tatsachen deuten darauf hin, dass die Hauptmasse unserer ersten Kolonisten aus Westfalen stamme. Diese nun brachten aus ihrer Heimat eine mehr oder minder vollständige Kenntnis der Bierbrauerei und der dabei stattfindenden Verwendung des Hopfens mit ins Land.

Höchst wahrscheinlich haben die westfälischen Kolonisten, besonders im Gebiete unserer Klöster, schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Bierbrauerei betrieben. Schon im J. 1219 werden in einer Urkunde des Klosters Dargun Schenkkrüge, „tabernae“, zu Röknitz und Polchow erwähnt^).
Unzweifelhaft ist in den mecklenburgischen Seestädten gegen Ende des 13. Jahrhunderts die Bierbrauerei schon zu einer gewissen Bedeutung gelangt. Denn um das I. 1284 war die Brauerei in den wendischen Hansestädten, namentlich auch in Rostock und Wismar, schon im Stande, eine erhebliche Ausfuhr nach den nordischen Reichen zu beschaffen*). Eine der älteren Rostocker Bürgersprachen schränkt den übermäßigen Betrieb der dortigen Brauer ein.

*) Anton, Geschichte der deutschen Landwirtschaft, Th. I. S. M flg.; Vogel, Geschichte der denkwürdigsten Erfindungen, Bd. l. S. 157. 158.
**) Kindlingers Münstersche Beiträge, Bd. II. S. 56 flg,; Anton a. a. O. Bd. II. S. 286; Vogel a. a. O. S. 163. l75.
***) Mecklenburg. Urkunden, herausgegeben von Lisch. Bd. I. S. 25. 26.
****) Vergl. Willebrandts hansische Chronik, II. S. N. — Im J. 1283 reservierte sich Agnes, des König Waldemars Witwe, beim Verkauf einer Mühle zu Rostock, unter Anderem jährlich eine Last Malz. Wettken, Geschichte der Stadt Rostock, S. 14.

Zu Wismar kostete im J. 1304 die Tonne Bier nur 4 Schillinge lüb.*). Im J. 1328 vermachte ein Bürger zu Wismar den Kranken des Heiligen-Geist-Hospitals daselbst von den Auskünften von vier Hufen in Modentin jährlich 4 1/2 Mark zu Bier zu ihrer Stärkung für ewige Zeiten. Frank berichtet in seinem alten und neuen Mecklenburg, Buch VII. S. 135 über eine Urkunde des Klosters Rehna vom J. 1413: „Welchergestalt die Nonnen zu Rehna, so sonsten in ihren Conventen nur schwach Bier trunken (das daher noch Cofent heisset), auf Festtagen, sonderlich Marientagen, auch eine Tonne Wismarsches Bier abgestochen, wird man hier gleichfalls finden.“ — Der Preis der Tonne Wismarschen Bieres scheint sich im Laufe des 14. Jahrhunderts nicht wesentlich geändert zu haben; noch im J. 1384 galt die Tonne nur 4 Schill, lüb.

Außer in den Seestädten scheint die Bierbrauerei auch in einzelnen Landstädten schon während des Mittelalters sich ausgezeichnet zu haben. Besonders dürfte dies von den Stiftsstädten Bützow und Ratzeburg gelten. So wird Bier der Stadt Bützow im Laufe des 15. Jahrhunderts wiederholt in Urkunden des Klosters Doberan erwähnt. Es schenkt z. B. der Knappe Sivert v. Oertzen zu Roggow im J. 1431, da er nach Jerusalem zu pilgern gedachte, dem Kloster Doberan ein Kapital von 200 Mark lüb., von dessen Renten der Abt unter Anderem jährlich zwei Tonnen Bützowschen Bieres dem Klosterkonvent an den beiden Tagen liefern soll, an welchen dieser künftig Seelenmessen für Sivert v. Oertzen singen wird.

Von der Stadt Ratzeburg sind mehrere Biere unter eigenen Namen seit dem 16. und 17. Jahrhundert bekannt geworden, vermutlich in Folge schon älterer tüchtiger Brauerei daselbst; ebenso ist auch der später allgemein gerühmte „Knisenack“ der Stadt Güstrow mittelalterlichen Ursprungs.

Der Unterschied zwischen gutem, d. h. starken, und schwachem oder Cofent-Bier tritt in den mecklenburgischen Urkunden des Mittelalters häufig hervor, so dass in Beihalt der folgenden Tatsachen über den Bierhandel der Seestädte nicht daran zu zweifeln ist, dass in Mecklenburg schon im Mittelalter die Kunst bekannt war, ein kräftiges und dauerhaftes Lagerbier zu bereiten. Der Chronist P. Lindeberg hebt als solches in seiner Rostocker Topographie vom J. 1594 das Märzbier hervor.