Der Einsturz der Eisenbahnbrücke bei Demmin am 15. MAI 1900
Aus: Illustrierte Zeitung Nr. 2968. 17. Mai 1900
Autor: Redaktion: Illustrierte Zeitung, Leipzig - Berlin, Erscheinungsjahr: 1900
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Vorpommern, Eisenbahn, Stralsund - Berlin, Unglück, Personenzug, Peene, Demmin,
Am Morgen des 15. Mai 1900 ereignete sich bei Demmin in Pommern ein schlimmer Eisenbahnunfall durch den Zusammensturz der Brücke über die Peene, während eben ein Fahrzeug dieselbe passierte. Da neuerdings schwerere Lokomotiven zur Verwendung kommen, sollte die Brücke verstärkt werden. Die hierzu erforderlichen Arbeiten waren in vollem Gang, und die Züge durften nur langsam über die Brücke fahren. Auch in der Frühe des 15. Mai waren die ersten, zwischen Stralsund und Berlin verkehrenden Züge noch sicher über die Brücke gelangt; allein der Personenzug, der gegen 8:30 Uhr morgens in Demmin eintreffen soll, wurde trotz aller Vorsicht vom Unglück ereilt. Als die schwere Maschine mit dem Tender auf der Brücke war, brach diese mit donnerähnlichem Krachen zusammen. Die Lokomotive und der Tender stürzten ins Wasser, bildeten Dadurch aber gleichsam eine Art Riegel für die nachfolgenden Wagen, von denen der Postwagen und der Durchgangswagen Saßnitz-Berlin an der Böschung auf den Trümmern der Brücke in schiefer Lage nach unten gesenkt hängen blieben. Die darauffolgenden Personenwagen liefen wegen der innegehaltenen langsamen Fahrt nicht auf die gestürzten Wagen auf, so dass die wenigen Passagiere mit dem bloßen Schreck und einigen tüchtigen Stößen davonkamen, da der heftige Ruck, mit dem der Zug Halt machte, die Insassen arg durcheinanderschüttelte. Der Lokomotivführer und der Heizer wurden in das Wasser geschleudert, aus dem sie sich an das Ufer retteten; ersterer blieb unverletzt, der Heizer dagegen trug eine Kopfwunde davon, ebenso wurde ein Packmeister des Zuges verletzt. Weit schlimmer erging es jedoch den mit den Brückenarbeiten beschäftigten Leuten. Der Monteur, der gerade die Arbeiten unterhalb der Brücke besichtigte, als das Unglück oben geschah, wurden unter den Trümmern der Brücke im Wasser begraben und ertrank, ein Arbeiter wurde schwer, drei andere leichter verwundet. Die Brücke ist total zersplittert, die eisernen Tragschienen sind völlig krumm gebogen. Als die Kunde von der Katastrophe in die Stadt drang, eilten sofort mehrere Ärzte zu der Unglücksstätte, um den Verwundeten Hilfe zu bringen; ebenso wurde die Feuerwehr alarmiert, und der Regimentskommandeur sandte Soldaten zur Hilfeleistung bei den Aufräumungsarbeiten. Die Passagiere wurden in Booten über die Peene gesetzt und wanderten zu Fuß der Stadt zu. Der Verkehr der Personenzüge ist nicht unterbrochen, sondern wird durch Umsteigen an der Brücke aufrechterhalten.