Ein Nachruf an Stephan Molitor (1806-1873) Von Karl Rümelin

Als Schreiber dieses letzten Spätsommer den Konsul Emil Klauprecht in Stuttgart besuchte, fand er auf dem Tische desselben, unter vielen anderen amerikanischen Zeitungen, auch ein Volksblatt und wurde schmerzlich betroffen von der darin enthaltenen Todesanzeige seines alten, obengenannten Freundes. Die Absicht, demselben einen Nekrolog im „Pionier" zu geben, entstand sogleich, aber es war unmöglich, sofort diesen Vorsatz auszuführen, denn wir befanden uns auf der Reise nach Wien und es fand sich eher keine freie Stunde, als bis wir endlich im September in Würzburg Posto gefasst hatten. Aber da erreichte uns der Pionier vom August 1873 mit der Trauer-Nachricht, welche in Kürze die wesentlichen Tatsachen über Molitors Leben gaben, aber doch weitere Aufschlüsse wünschenswert erscheinen ließ. Ich beschloss also, im Anschluss an dieselbe, allenfallsige Lücken auszufüllen und Unrichtigkeiten zu berichtigen, und bemühte mich zu diesem Zwecke nähere Nachrichten über den Verstorbenen zu erforschen und solche dann im Pionier zu veröffentlichen.

Ich bezweifelte nämlich, ob es vollständig richtig sei, wie in jener Nummer des Pionier erwähnt ist, dass „Molitor auf der Universität Würzburg sich dem Studium der Jurisprudenz widmete"; und ließ also nachschlagen, wie sich die Sache verhalte. Erst jedoch, nachdem die Hauptgeschäfte des Semesters erledigt waren, und ich persönlich in der Nachsuchung mithalf, fanden wir seine Immatrikulation am 3. November 1S23. Da stand


                  „Stephan Molitor — Philosophia"

und zwar mit seiner eigenen Unterschrift beglaubigt, welche ich auch gleich wiedererkannte. Die einzige Rechtsstudie des ersten Winters war Polizeirecht und erst im zweiten folgte Staatsrecht, die Pandekten etc. Im ersten Winter hörte er hauptsächlich Weltgeschichte und trieb Algebra und andere mathematische Übungen nebenbei. Wir fanden auch einen Mitstudenten, der sich seiner erinnerte und ihn als einen schmächtigen Jüngling beschrieb; auch besonders betonte, dass er der fertigste Chor-Student auf dem Fechtboden gewesen sei und ganz gewiss eine Schmarre, welche er im Tournier mit dem geübtesten Schläger empfangen habe, bis ans Grab mit sich durchs Leben getragen haben müsse. Als unsere Erinnerung ihm nicht gleich beipflichten wollte, wurde er beinahe böse, und wir gaben nach, denn er sah mir darnach aus, als ob er nicht abgeneigt wäre, auch uns ein solches Memento auf den Weg zu geben. Ich glaubte mich auch (nach längerem Nachdenken) zu erinnern, eine Na
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Deutsche Pionier. Jahrgang 6
Molitor, Stephan (1808-1873) deutsch-amerikanischer Journalist und Pionier der deutschen Presse in Cincinnati.

Molitor, Stephan (1808-1873) deutsch-amerikanischer Journalist und Pionier der deutschen Presse in Cincinnati.

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