Vorrede des Uebersetzers.

John Tanner's Denkwürdigkeiten, welche wir dem deutschen Publikum übergeben, erschienen zu New-York 1830, und bilden einen wichtigen Beitrag zur Kunde des Lebens der nordamerikanischen Indianer. Tanner selbst, der Sohn eines Geistlichen, welcher aus Virginien nach Kentucky wanderte, wurde in seiner frühen Jugend von Schahnis (Shawneeses) geraubt, späterhin von den Ottawahs adoptirt, lebte dreißig Jahre unter den Indianern, und wurde in Sitten, Sprache und Denkungsart selbst Indianer. Erst im reiferen Mannesalter kehrte er wieder unter civilisirte Menschen zurück, besuchte New-York, und lernte dort den geachteten Schriftsteller Edwin James kennen, welchem er, des Schreibens unkundig, seine Denkwürdigkeiten in die Feder dictirte. Ihr Titel lautet: A narrative of the captivity and adventures of John Tanner (interpreter at the saut de Sainte Marie) during thirty years residence among the Indians in the interior of North-America. Prepared for the press by EDWIN JAMES, editor of an account of Major Long's expedition from Pittsburgh to the Rocky Mountains. New York 1830.

Man sieht aus dem Texte, daß der Herausgeber sich bemüht hat, den Ton, die Färbung und den Ausdruck der Erzählung Tanners so treu als möglich wieder zu geben, und kann daher dieses Werk füglich als indianische Denkwürdigkeiten bezeichnen, da Tanner sogar seine Muttersprache unter den Rothhäuten völlig vergessen und erst, nachdem er diese verlassen hatte, nur mit großer Mühe wieder Englisch lernte. Als Beaumont und Tocqueville diesen merkwürdigen Mann im Aug. 1831 auf einem Ohiodampfboote kennen lernten, drückte er sich nur mit Mühe in seiner Muttersprache ans.


Tanners Denkwürdigkeiten sind wahrscheinlich die letzten Annalen eines Volksstammes, welcher dazu verurtheilt scheint, vielleicht schon binnen wenigen Jahrzehnten spurlos von der Erde, und, wie die Indianer selbst sagen, wie der Schnee von der Frühlingssonne, zu verschwinden. Die Nachkommen jener Urbewohner, von welchen die ersten Ansiedler, die ,,Patriarchenväter“, Wilhelm Penn und seine Begleiter, freundlich aufgenommen wurden, werden bald aufgehört haben, unter den Völkern zu zählen. Die obengenannten französischen Reisenden trafen 1831 einige in Lumpen gehüllte Indianer an, die um ein Almosen baten. Es waren die letzten Irokesen!

Dieses so betrübende Resultat wurde vorzüglich durch folgende Ursachen herbeigeführt: die Ungerechtigkeit und Habsucht der Weißen; die Trägheit und geringe Civilisationsfähigkeit der Indianer; die Einführung berauschender Getränke, und durch die Blattern. Was den ersten Punkt anbelangt, so haben die Nordamerikaner von englischer Abkunft, namentlich in früheren Zeiten sich gegen die Indianer so schwer versündigt, daß Jefferson einst in tiefer Bewegung ausrief: ,,Mich schaudert, und es bangt mich um mein Volk, wenn ich bedenke, daß ihm einst vergolten werden könnte, was es an den Indianern Böses verübt hat.“ Erst in neuerer Zeit hat man in Washington angefangen, den Rothhäuten gegenüber eine mildere Praxis zu befolgen. Da die Anwesenheit derselben in dem Lande zwischen dem atlantischen Oceane und dem Mississippi den weißen Bewohnern der Union eine Last ist, so haben dieselben Alles aufgeboten, um die ihnen unbequemen Nachbarn zur Auswanderung auf das rechte Ufer des Vaters des Gewässers zu bewegen. Die Centralregierung hat ihnen dort einen fruchtbaren Erdstrich zu Ihrer ausschließlichen Verfügung eingeräumt, dessen Flächeninhalt sich auf mehr als hundert Millionen Morgen beläuft; sie bezahlt ihnen die Ländereien diesseits des Mississippi, sobald sie dieselben verlassen, und sorgt dafür, daß jedem Stamme einige Prediger und Handwerker beigegeben werden, welche die Indianer mit den Grundbegriffen des Evangeliums, und mit Gewerben und Ackerbau bekannt machen sollen. Nach amtlichen Berichten von 1837 belief sich die Anzahl der auf die Westseite des Mississippi hinübergeschafften Indianer schon auf 332,000, welche 60,000 Krieger stellen konnten; auf der Ostseite des genannten Stroms waren etwa noch 49,000 zurückgeblieben. Von diesen letzteren sind seitdem manche Tausende gleichfalls nach Westen gezogen, da sie von den Weißen auf einen immer engeren Raum zusammengedrängt wurden. Aus der Botschaft, mit welcher der Präsident Van Buren den Congreß von 1838 eröffnete, ersehen wir, daß außer den Seminolen in Florida (gegen welche die vereinigten Staaten nun schon seit Jahren einen Vernichtungskrieg führen) und einigen Krihks und Tschaktas im Süden, nur noch die Horde der Whandots, die sechs Stämme in New-York, die Menomonies, Mandanen und Stockbridges in Wisconsin, und die Miamis in Illinois diesseits des Mississippi übrig waren, und mit alle diesen sind seitdem wahrscheinlich auch Verträge über den Abzug nach den westlichen Prairien geschlossen worden. Die Tschaktas und Tschirokis, so wie andere Völker, welche zuerst dorthin wanderten, sollen, der Versicherung Van Burens zufolge, zum größten Theile das Jägerleben aufgegeben haben und Landbauer geworden seyn. ,,Der Fortschritt in ihrer Lage zum Bessern war rasch, und man ist der Ansicht, daß sie jetzt für den Genuß der Vortheile einer einfachen (republikanischen) Regierungsform, die ihnen vorgelegt wurde und ihre Sanction erhielt, herangereift sind.“ -

Man hat viel über die Grausamkeit der Weißen gegen die Indianer deklamirt und mit vollem Rechte dagegen geeifert, sehr häufig aber auch vergessen, daß nicht diese Grausamkeit und Herzlosigkeit allein an dem traurigen Schicksale der rothen Leute schuld ist. Wer Tanners Denkwürdigkeiten aufmerksam liest, dem wird es begreiflich werden, daß Indianer und Weiße unmöglich lange beisammen leben können; der wird finden, daß jene, auch ohne Berührung mit den Europäern, im Fortgange der Zeit, wenn auch langsamer, an Zahl immer mehr hätten abnehmen müssen. Ueberhaupt waren die nordamerikanischen Stämme, die ackerbautreibenden in Mexico ausgenommen, nie sehr zahlreich.

Es ist eine Nothwendigkeit, daß, wenn ein schwaches, ungebildetes Jägervolk mit einem civilisirten, mächtigen Ackerbauvolke zusammenstößt Und mit demselben in ein und demselben Lande wohnt, entweder sich gleichfalls zum Ackerbau bequemen und das unstäte Leben aufgeben oder untergehen muß. Alle Indianerstämme auf dem Gebiete der Union, ohne eine einzige Ausnahme, waren bisher Jägervölker. Daß die, nun auch nach dem Westen gewanderten, Tschirokis in Georgien Ackerbau trieben, kann hier nicht in Betracht kommen, da sie zur Hälfte aus Mestizen bestanden, und, auf einen engen Raum beschränkt, verhungert wären, wenn sie sich nicht zum Anbau des Bodens bequemt hätten. Sie waren aber auch die einzigen, welche regelmäßig säeten und ernteten, und einen Viehstand hielten; bei allen übrigen, ohne Ausnahme, beschränkte sich der Ackerbau, wenn von diesem überhaupt die Rede sehn kann, auf den Anbau von etwas Mais und das Einernten von Sumpfreis, den die Natur wild wachsen läßt. Kein Stamm hatte sich über die niedrige Stufe des Fischer- und Jägerlebens erhoben; kein Volk hatte vor Ankunft der Europäer Heerden. Und doch waren zwei Rindvieharten vorhanden, welche die ausgedehnten, mit dem saftigsten Grase bedeckten Prairien durchschwärmten. Allein noch jetzt schmücken sich diese schönen Ebenen am Missouri und Oregon vergebens mit herrlichem Grün, vergebens wachsen Futterkräuter in üppiger Fülle empor, - der nordamerikanische Urbewohner zähmt den Bison und Moschusochsen nicht, er läßt das Rennthier im wilden Zustande, und steht daher in dieser Einsicht weit hinter Hottentotten und Lappen zurück. Und als Jäger verfährt er so unklug und bedachtlos, daß er die trächtigen Weibchen nicht einmal schont, sondern vorzugsweise diese erlegt. Daher hat sich, seit die Indianer mit dem Schießpulver bekannt geworden sind und von den Weißen Flinten erhielten, die Anzahl des Wildes von Jahr zu Jahr vermindert. Haben sie Ueberfluß an Speise, so schwelgen sie; Vorräthe werden nur selten aufbewahrt. Die Tschippeways genießen, wie wir aus Hearne’s Reise (deutsche Uebersetzung S. 82) ersehen, von den erlegten Thieren oft nur Mark, Lunge und Fett, und als der genannte Brite sie davon abhalten wollte, das Wild ohne Noth niederzuschießen, entgegneten sie stumpfsinnig: ,,es sey ganz recht, viel zu tödten, wenn Ueberfluß sey, und falls man es haben könne, müsse man nur das Leckerste genießen.“ Sie gingen nicht einmal an einem Vogelneste vorüber, ohne die Jungen zu tödten, oder die Eier zu verderben. Der Lappe hat sein Rennthier, der Hottentotte seinen Büffel, der Kaffer große Heerden und selbst Städte, der Neger sein bestimmtes Dorf, der nord-amerikanische Indianer nichts von dem Allen; er lebt nur in Stämmen und Horden zusammen. Alle Bemühungen wohldenkender Männer, ihn an feste Wohnsitze und an Ackerbau zu gewöhnen, sind beinahe ohne Ausnahmen gescheitert. In jedem Jahre verhungern Hunderte, weil sie in den Zeiten des Ueberflusses nichts aufsparen; Tausende kommen um in den Fehden, welche mit der größten Grausamkeit geführt werden, und eben so viele durch Ausschweifungen, denen sie sich im Rausche überlassen. Die Alten werden von den meisten Stämmen mit empörender Geringschätzung behandelt; man reicht ihnen, sobald sie selbst nicht mehr jagen können, immer die schlechteste Nahrung und auch diese nur kärglich; man läßt sie im strengsten Winter fast ohne Kleidung, und die Alten ertragen Alles, ohne eine Klage auszustoßen, und sehen stumpfsinnig der Stunde entgegen, wo ihre Kinder hartherzig und ohne Mitleid zu fühlen, sie im Schnee zurücklassen werden, um einsam und verlassen vor Hunger und Mangel umzukommen, wenn sie der Horde nicht weiter folgen können.

Für alles oben Gesagte wird der Leser in vorliegenden Denkwürdigkeiten den Beweis finden. Tanner ist, wie alle ungebildeten Leute, nicht selten sehr ausführlich über Kleinigkeiten, man könnte sagen, er sey episch breit; er beschreibt, was er sah und hörte, bis in die kleinsten Einzelnheiten. Aber eben deshalb giebt uns seine Erzählung ein um so treueres Bild von den inneren Zuständen jener Völker, unter welchen er so lange gelebt hat.

Welche furchtbare Verwüstungen die Blattern unter den Indianern anrichten, geht aus folgender Schilderung hervor, welche im Junius des Jahres 1838 in Neu-Orleans entworfen wurde, und die wir hier zum Schlusse mittheilen wollen, weil sich aus ihr ergiebt, in welcher furchtbar raschen Progression die rothen Leute aussterben.

,,Die Pocken haben während des Herbstes, Winters und Frühjahrs manches Opfer unter den Weißen und Tausende unter den Indianern weggerafft; doch sind sie in dem Unionsgebiete durch allgemeines Einimpfen der Kuhpocken in allen Altersperioden jetzt fast völlig verschwunden. Dagegen lauten die Nachrichten aus den verschiedenen Handelsforts an der Westgrenze von Missouri schrecklich über die Blattern unter den Indianern. Dieser Würgengel ist über die unglücklichen Söhne der Wildniß gekommen, verheerend wie noch nie zuvor, und hat die weiten Jagdgründe, wie die stillen Ansiedelungen dieser Völkerschaften, in öde, unabsehbare Leichenäcker umgewandelt. Man schätzt die Zahl der Opfer binnen wenigen Monaten auf 30,000 Köpfe, und noch immer greift die Pest um sich. Die kriegerische Stimmung, die noch kürzlich die verschiedenen Indianerstämme durchdrang und vor wenigen Monaten den Ausbruch blutiger Kriege befürchten ließ, ist gebrochen. Die starken Streiter sind nun Raub gieriger Wölfe auf der Prairie, und die wenigen Ueberbleibsel unterwerfen ihr Loos in dumpfer Verzweifelung der Barmherzigkeit der Weißen, die ihnen jedoch wenig Hülfe zu leisten vermögen. Die mächtigen Vorbereitungen zum Schutze der lwestlichen Grenzen werden übersflüsstg; ein Anderer hat die Wehr für die weißen Grenzbewohner über sich genommen, und die Todesfackel, die der Rothhaut zum weiten wüsten Grabe leuchtet, ist zum Glückssterne geworden für den vorwärtsdringenden Ansiedler und den streifenden Handelsmann des weißen Stammes. Die Blattern wurden unter die Indianer durch ein Individuum gebracht, welches sich auf dem Dampfboote St. Peters befand, das im vergangenen Sommer nach der Mündung des Yellowstone hinaufging, um die Gouvernementssendungen für die Indianer sowohl, als die Tauschwaaren der Pelzhändler hinaufzubringen. Die Blattern theilten sich mehreren Bootsleuten mit und kamen auf dem Boote völlig zum Ausbruch. Die Officiere machten den Indianern Mittheilungen davon und versuchten Alles, was in ihren Kräften stand, die Commnnication der Indianer mit dem Dampfer abzuschneiden; allein dies ist ein vergebliches Bemühen, wenn diese wissen, daß Geschenke und Tauschartikel für sie angekommen sind, und ohne zu den Waffen Zuflucht zu nehmen, würde es unmöglich gewesen seyn, sie vom Fort zu vertreiben. Ein Eilbote kam zwei Tage vor der Ankunft des Bootes mit der traurigen Nachricht vom Peckenausbruch auf dem selben hier (im Handelsfort, ungefähr 2.000 englische Meilen westlich von St. Louis gelegen) an, die sogleich den Indianern mitgetheilt wurde mit den dringendsten Ermahnungen, sich fern zu halten; aber eben so gut hätte man zu den Winden sprechen können! Nun bereuen die Uebriggebliebenen ihren Ungehorsam und sind unterwürfig, wie die armen Hunde, die in der Prairie vergebens die Spur ihres Herrn suchen. Die elenden Reste der Indianer flehen uns an, sie in ihrem Unglücke nicht zu verlassen und versprechen, wenn wir Barmherzigkeit mit ihnen haben wollen, nie mehr unsern Befehlen ungehorsam zu sehn. Die Pest brach zuerst ungefähr am 15. Juni (1837) im Dorfe der Mandans, wenige Meilen unterhalb des amerikanischen Forts Leavenworth aus und verbreitete sich von da mit beispielloser Wuth nach allen Seiten. Eben so schrecklich als die Verbreitung war der Charakter der Krankheit. Unter den entferntesten Stämmen der Assineboins starben täglich 50-100. Der Kranke beklagt sich beim Anfall über fürchterliche Schmerzen im Kopf und Rücken und in wenigen Stunden ist er todt. Augenblicklich darauf wird der Körper schwarz und schwillt beinahe zu dreifacher Dicke auf. Vergebens wurden im Fort Union Hospitäler errichtet und der ganze Arzneivorrath erschöpft. Viele Wochen lang haben unsere Arbeiter nichts gethan, als Leichname zusammengebracht, um sie in große Löcher zu begraben. Seitdem aber die Erde gefroren ist, sehen wir uns genöthigt, sie in den Fluß zu werfen. Unter den Mandans, wo die Seuche zuerst ausbrach, war die Verwüstung am schrecklichsten. Der einst so mächtige Stamm, schon vorher durch gehäufte Unglücksfälle auf 1.500 Seelen reducirt, wurde ausgerottet bis auf 30 Personen. Ihre Nachbarn, die Gros Ventres und Arickarees waren zur Zeit des Ausbruchs auf einer Jagdstreiferei begriffen, weshalb sich ihnen die Krankheit erst um einen Monat später mittheilte. Dennoch war bereits am l. Oct. der halbeStamm vertilgt, und das Uebel griff noch immer um sich. Nur sehr wenig Erkrankte erlangten die Gesundheit wieder; wenn sie aber dann alle ihre Verwandten begraben und die Krankheit mit furchtbarer Wuth ihre übrigen Stammgenossen hinwürgen sahen, war ihnen das Leben zur Last und sie machten ihrem elenden Daseyn ein Ende, indem sie sich entweder von der Felsspitze nahe an ihrer Ansiedelung herabstürzten, oder mit Messer und Gewehr Hand an sich legten. Ringsum ist die Prairie ein großer Todtenacker, auf welchem die unbeerdigten Leichen umherliegen, Pest und Verwesung auf viele Meilen ringsum versendend. Gros Ventres und Arickarees, bisher auf 4.000 Seelen sich belaufend, sind auf mehr als die Hälfte zusammengeschmolzen. Die Assineboins, 9.000 Köpfe, über ein Jagdgebiet nördlich vom Mississippi bis zum Handelsposten der Hudsonsbaycompagnie hinschwärmend, sind im wahren Sinne des Worts beinahe ausgerottet.

Sie, wie die Creek und Blackfeet, suchten dem Würgengel nach allen Seiten zu entfliehen; aber er ereilte sie unvermeidlich, wohin sie gingen. Da schien zuletzt jedes Gefühl gegenseitigen Mitleids und zärtlicher Gesinnung geschwunden. Jeder floh den Andern, Weiber und Kinder strichen in der Prairie umher nach kümmerlicher Nahrung suchend. Schrecklich sind die Nachrichten über den Zustand der Blackfeet. Ueber 1.000 Zelte derselben sind bereits ausgestorben. Sie sind die tapfersten und schlauesten unter allen Indianern; gefährlich und unversöhnlich gegen ihre Feinde, aber zuverlässig, brav und zärtlich gesinnt gegen die Ihrigen. Noch kürzlich fürchteten wir ernstlich, daß ein furchtbarer Weg mit ihnen bevorstehe, und daß sie ihre schwindenden Kräfte sämmtllch gegen die Weißen vereint-gen würden. Jeder Tag brachte Kunde von neuen Zurüstungen Und laut werdendem Rachegefühl gegen die Weißen. Aber die Blattern warfen sie nieder, den Tapfern wie den Schwachen, und wer von diesem Gift einmal befallen war, erstand nicht mehr. Es wird behauptet, daß verschiedene Kriegerhorden, die zum Angriffe des Forts ausgezogen waren, sämmtlich unterwegs starben, so daß nicht Einer davon zurückkehrte, um die Kunde seinem Stamme zu bringen. So ward im Laufe weniger Wochen ihre Macht und ihr Muth gebrochen, und nichts mehr war zu hören, als das gräßliche Todtengeheul aus dem Lager. Jeder Gedanke an Krieg verschwand, und die wenigen Ueberbleibsel sind demüthig, wie verhungerte Hunde. Keine Sprache kann ein Bild der Verwüstung entwerfen, welche der Anblick des Landes darbietet. In welcher Richtung man ausgehen mag, sieht man nichts als traurige Ruinen menschlichen Lebens. Noch auf jedem Hügel stehen Zelte, aber keine Rauchsäule steigt empor, das Daseyn menschlicher Wesen verkündend, und kein Laut, außer dem Gekrächze des Raben und dem Geheul des Wolfes, untere bricht die schreckliche Stille. Mit diesen Nachrichten ist das Gräßliche, das wir hören, noch nicht erschöpft. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß sich die Pest den Stämmen in und über den Felsengebirgen, so wie den Indianern in der Richtung nach Santa Fé und Mexico mittheilen wird. Im Buche des Schicksals aber scheint es unabänderlich geschrieben zu seyn, daß der rothe Menschenstamm ganz aus einem Lande vertilgt werde, welches er einst mit jugendlicher Kraft allein beherrschte, bis die Habsucht der Weißen, seine fernhintödtende Feuerwaffe, den entnervenden Feuertrank und das Alles verheerende Blatterngift an seine Grenze brachte. Spätern Nachrichten zufolge beläuft sich die Zahl der von den Blattern weggerafften Indianer an der Westgrenze der vereinigten Staaten auf mehr als 60,000.“
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Leben eines Jägers