Danzigs Teilnahme an dem Kriege der Hanse gegen Christian II. von Dänemark
Ein Beitrag zur hanseatisch-skandinavischen Geschichte des XVI. Jahrhunderts. Nach Urkunden des Danziger Ratsarchivs
Autor: Boeszoermeny, R. (?) Oberlehrer an der Petri-Schule in Danzig, Erscheinungsjahr: 1860
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Norddeutschland, Pommern, Preußen, Skandinavien, Schweden, Dänemark, Hamburg, Lübeck, Wismar, Rostock, Danzig, Hanse, Hansa, Handelsmacht, Seehandel, Ostsee, Kopenhagen, Sundzoll, Heeresmacht, Seekrieg, Seeräuber, Piraten, Kaperbriefe, Handel, Ostseestädte, Privilegien, Gewohnheitsrechte,
Inhaltsverzeichnis
- In der Hanse hat uns die Geschichte das Beispiel einer Handelsmacht gegeben...
- Obgleich nun zu Anfang des XVI. Jahrhunderts die noch ungeschwächte Macht der Hanse den Handel der nordischen Reiche beherrschte...
- Diese Kämpfe konnten nicht ohne Einfluss auf das Verhältnis der Hanse zu den nordischen Reichen bleiben
Vor der Betrachtung des für die Geschichte der nordischen Reiche so wichtigen Kampfes zwischen Christian II. einerseits, dem Schwedischen Reiche und den Ostseestädten andererseits, mit welchem sich die nachfolgenden Blätter beschäftigen sollen, sei es vergönnt, einige Worte über die Quellen, die dieser Arbeit zu Grunde gelegen haben, vorauszuschicken.
Durch die zuvorkommende Güte des Herrn Prof. Dr. Hirsch, des hiesigen Stadtarchivars, dem ich für die Gewährung des Zutritts zu unserm an wichtigen Urkunden so reichen Archive meinen innigen Dank abzustatten mich verpflichtet fühle, wurde mir eine genauere Einsicht in diejenigen Urkunden gestattet, welche auf die zwischen den Skandinavischen Staaten und Danzig im XVI. Jahrhundert bestehenden Verhältnisse der Politik und des Handels Bezug haben. Sie gehören in diejenige Zelt der hansisch-skandinavischen Geschichte, welche Heinrich Handelmann in seinem Buche: „Die letzten Zeiten Hansischer Übermacht im Skandinavischen Norden“ (Kiel 1853) mit ausführlicher Benutzung des Lübecker Archivs behandelt hat. Im Allgemeinen werden die Resultate, welche aus der Benutzung unseres Ratsarchivs für diese Zeit hervorgegangen sind, wenig von den Resultaten abweichen können, die schon jenes geschätzte Buch zu Tage gefördert hat. Aber im Einzelnen möchte doch ein oder das andere Verhältnis, eine oder die andere Persönlichkeit, wenn sie ausschließlich unserer Vaterstadt angehören, durch diese dem Archive derselben entnommenen Mitteilungen in einem helleren Lichte erscheinen.
Die dieser Untersuchung zu Grunde liegenden archivalischen Quellen sind zunächst Urkunden und Briefe sowohl der Könige Dänemarks, Schwedens und Polens, als auch der Proceres dieser Reiche, welche nach dem ihnen im Archive bestimmten Orte oder, wenn sie, was bei einem kleinen Teile derselben der Fall ist, noch nicht ihre bestimmte Nummer und ihren Ort gefunden haben, nach dem ihnen beigefügten Datum zitiert werden. Eine noch reichere Quelle für die Forschung gewährten die Libri Missivarum Senatus Gedanensis, enthaltend die Copleen der vom Danziger Rate an Fürsten und andere Städte erlassenen Schreiben. Aus ihnen sind besonders die an Christian II., Sten Sture, Gustav Wasa, Sigismund, sowie an Lübeck und andere Städte geschickten Briefe hervorzuheben. Leider fehlt in ihnen das ganze Jahr 1515. Von gleich großer Bedeutung sind die Acta Internuntiorum civitatis in variis reipublicae negotiis von den Jahren 1515—1523. Sie enthalten die Berichte, welche die Sendeboten des Danziger Rates von den Höfen der Fürsten oder von den beschickten Städtetagen an den Rat schrieben. Da diese Briefe aus unmittelbarer Anschauung der auswärtigen Verhältnisse und oft aus der regsten subjektiven Teilnahme der einzelnen Persönlichkeiten hervorgegangen sind, so sind sie ganz besonders im Stande, den Leser mitten in das Treiben der politischen Zustände jener Zeiten zu versetzen und ihm ein treues, wahres Bild derselben zu gewähren, welches nicht durch den vermittelnden Bericht eines Nacherzählers getrübt ist. Endlich sind benutzt worden die von dem Danziger Geschichtsschreiber Stenzel Bornbach gesammelten Rezesse von 1520—1523. Über den Wert dieser, wie auch der andern hier angeführten Quellen verweise ich auf das, was Hirsch in der Handels- und Gewerbsgeschichte Danzigs unter der Herrschaft des deutschen Ordens (Leipzig 1858) p. 69 ff. gesagt hat. Über Bornbachs Rezesse bemerke ich nur, dass sie für diese Zeit zwar vielfach nur die Abschriften der aus den Missivis bekannten Schreiben enthalten, zugleich aber auch genaue Berichte über die Preußischen Städtetage geben, welche besonders für das Verhältnis der Polnischen Krone zu Danzig während der Verwicklungen mit Dänemark von großer Wichtigkeit sind. Die Missiven und die Acta Internuntiorum sind besonders für das Jahr 1523 so ungemein reichhaltig, dass dieser Umstand ein Grund war, die Bearbeitung dieser Geschichte zu teilen und das Jahr 1523 zum Gegenstande einer besonderen Aufgabe zu machen.
Ob durch diese Arbeit den historischen Forschungen über unsere Vaterstadt ein wesentlicher Nutzen gewährt ist, wage ich nicht zu behaupten, wenn ich das in Anschlag bringe, was bewährtere Männer der Wissenschaft gerade auf diesem Felde geleistet haben. Wenn aber auch hier das Wort gilt: „Jahre lang schöpfen wir schon in das Sieb und brüten den Stein aus; aber der Stein wird nicht warm, aber das Sieb wird nicht voll!“ — so fördert hoffentlich auch schon die Herbeischaffung von urkundlichem Material die allgemeine Arbeit des menschlichen Geistes in der Wissenschaft, welche, wenn auch ewig, doch keine Danaidenarbeit ist.
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Der Krieg, welchen die hanseatischen Ostseestädte gegen König Christian II. von Dänemark geführt haben, ist für den Freund der historischen Wissenschaft darum von besonderen Interesse, weil er der Kampf zweier Mächte ist, von denen die eine ihre Berechtigung in dem Geiste des Mittelalters gefunden hatte, die andere, der Staatenbildung der Neuzeit angehörend, das revolutionäre Recht des Neuen dem Veralteten gegenüber geltend machte. Auf der einen Seite stehen die Städte mit ihrem partikularen Rechte besonderer Privilegien, welches als die erste Macht gegen die Gewalttätigkeiten und Räubereien des mittelalterlichen Feudalwesens anzusehen ist. Die Blüte ihrer Industrie und ihres Handels zu Land und zu Wasser erregt unsere Bewunderung, wenn wir das unruhige und veränderliche Treiben im Innern derselben, die fortwährenden Kämpfe der Faktionen betrachten, die eben jene erregte Lebendigkeit nach außen hin zu nähren scheinen. Auf der andern Seite steht der sich im Geiste der Reformation entwickelnde neuere Staat, der gegen die bestehenden partikularen Rechte die monarchische Staatsmacht repräsentiert, deren Angehörige gleiche Rechte erhalten und durch welche der besondere Wille dem allgemeinen Zwecke des Ganzen unterworfen werden soll.
Durch die zuvorkommende Güte des Herrn Prof. Dr. Hirsch, des hiesigen Stadtarchivars, dem ich für die Gewährung des Zutritts zu unserm an wichtigen Urkunden so reichen Archive meinen innigen Dank abzustatten mich verpflichtet fühle, wurde mir eine genauere Einsicht in diejenigen Urkunden gestattet, welche auf die zwischen den Skandinavischen Staaten und Danzig im XVI. Jahrhundert bestehenden Verhältnisse der Politik und des Handels Bezug haben. Sie gehören in diejenige Zelt der hansisch-skandinavischen Geschichte, welche Heinrich Handelmann in seinem Buche: „Die letzten Zeiten Hansischer Übermacht im Skandinavischen Norden“ (Kiel 1853) mit ausführlicher Benutzung des Lübecker Archivs behandelt hat. Im Allgemeinen werden die Resultate, welche aus der Benutzung unseres Ratsarchivs für diese Zeit hervorgegangen sind, wenig von den Resultaten abweichen können, die schon jenes geschätzte Buch zu Tage gefördert hat. Aber im Einzelnen möchte doch ein oder das andere Verhältnis, eine oder die andere Persönlichkeit, wenn sie ausschließlich unserer Vaterstadt angehören, durch diese dem Archive derselben entnommenen Mitteilungen in einem helleren Lichte erscheinen.
Die dieser Untersuchung zu Grunde liegenden archivalischen Quellen sind zunächst Urkunden und Briefe sowohl der Könige Dänemarks, Schwedens und Polens, als auch der Proceres dieser Reiche, welche nach dem ihnen im Archive bestimmten Orte oder, wenn sie, was bei einem kleinen Teile derselben der Fall ist, noch nicht ihre bestimmte Nummer und ihren Ort gefunden haben, nach dem ihnen beigefügten Datum zitiert werden. Eine noch reichere Quelle für die Forschung gewährten die Libri Missivarum Senatus Gedanensis, enthaltend die Copleen der vom Danziger Rate an Fürsten und andere Städte erlassenen Schreiben. Aus ihnen sind besonders die an Christian II., Sten Sture, Gustav Wasa, Sigismund, sowie an Lübeck und andere Städte geschickten Briefe hervorzuheben. Leider fehlt in ihnen das ganze Jahr 1515. Von gleich großer Bedeutung sind die Acta Internuntiorum civitatis in variis reipublicae negotiis von den Jahren 1515—1523. Sie enthalten die Berichte, welche die Sendeboten des Danziger Rates von den Höfen der Fürsten oder von den beschickten Städtetagen an den Rat schrieben. Da diese Briefe aus unmittelbarer Anschauung der auswärtigen Verhältnisse und oft aus der regsten subjektiven Teilnahme der einzelnen Persönlichkeiten hervorgegangen sind, so sind sie ganz besonders im Stande, den Leser mitten in das Treiben der politischen Zustände jener Zeiten zu versetzen und ihm ein treues, wahres Bild derselben zu gewähren, welches nicht durch den vermittelnden Bericht eines Nacherzählers getrübt ist. Endlich sind benutzt worden die von dem Danziger Geschichtsschreiber Stenzel Bornbach gesammelten Rezesse von 1520—1523. Über den Wert dieser, wie auch der andern hier angeführten Quellen verweise ich auf das, was Hirsch in der Handels- und Gewerbsgeschichte Danzigs unter der Herrschaft des deutschen Ordens (Leipzig 1858) p. 69 ff. gesagt hat. Über Bornbachs Rezesse bemerke ich nur, dass sie für diese Zeit zwar vielfach nur die Abschriften der aus den Missivis bekannten Schreiben enthalten, zugleich aber auch genaue Berichte über die Preußischen Städtetage geben, welche besonders für das Verhältnis der Polnischen Krone zu Danzig während der Verwicklungen mit Dänemark von großer Wichtigkeit sind. Die Missiven und die Acta Internuntiorum sind besonders für das Jahr 1523 so ungemein reichhaltig, dass dieser Umstand ein Grund war, die Bearbeitung dieser Geschichte zu teilen und das Jahr 1523 zum Gegenstande einer besonderen Aufgabe zu machen.
Ob durch diese Arbeit den historischen Forschungen über unsere Vaterstadt ein wesentlicher Nutzen gewährt ist, wage ich nicht zu behaupten, wenn ich das in Anschlag bringe, was bewährtere Männer der Wissenschaft gerade auf diesem Felde geleistet haben. Wenn aber auch hier das Wort gilt: „Jahre lang schöpfen wir schon in das Sieb und brüten den Stein aus; aber der Stein wird nicht warm, aber das Sieb wird nicht voll!“ — so fördert hoffentlich auch schon die Herbeischaffung von urkundlichem Material die allgemeine Arbeit des menschlichen Geistes in der Wissenschaft, welche, wenn auch ewig, doch keine Danaidenarbeit ist.
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Der Krieg, welchen die hanseatischen Ostseestädte gegen König Christian II. von Dänemark geführt haben, ist für den Freund der historischen Wissenschaft darum von besonderen Interesse, weil er der Kampf zweier Mächte ist, von denen die eine ihre Berechtigung in dem Geiste des Mittelalters gefunden hatte, die andere, der Staatenbildung der Neuzeit angehörend, das revolutionäre Recht des Neuen dem Veralteten gegenüber geltend machte. Auf der einen Seite stehen die Städte mit ihrem partikularen Rechte besonderer Privilegien, welches als die erste Macht gegen die Gewalttätigkeiten und Räubereien des mittelalterlichen Feudalwesens anzusehen ist. Die Blüte ihrer Industrie und ihres Handels zu Land und zu Wasser erregt unsere Bewunderung, wenn wir das unruhige und veränderliche Treiben im Innern derselben, die fortwährenden Kämpfe der Faktionen betrachten, die eben jene erregte Lebendigkeit nach außen hin zu nähren scheinen. Auf der andern Seite steht der sich im Geiste der Reformation entwickelnde neuere Staat, der gegen die bestehenden partikularen Rechte die monarchische Staatsmacht repräsentiert, deren Angehörige gleiche Rechte erhalten und durch welche der besondere Wille dem allgemeinen Zwecke des Ganzen unterworfen werden soll.