CHEMNITZ. K. Sachsen Amtshauptstadt.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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CHEMNITZ. K. Sachsen Amtshauptstadt.

Schloß-K. (Benedikt.-Klst.), gegr. 1136, Erneuerung des Klst. 1499 ff., der K. 1514-1525. Vom rom. Bau rühren her das Chorquadrat, die außen platt, innen mit 1/2kr. Nischen schließenden, mit Tonnen überwölbten Nebenchöre und das südl. Qsch.; hier auch einiges Detail aus 12. Jh. Die (vermauerten) Fenster an der Hochmauer des Chors und einiges im Qsch., wo eine mit den Wohnungen der Mönche kommunizierende Empore gewesen zu sein scheint, rom. zu got. Der anschließende OFlügel des Kreuzgangs frgot. Das Lhs. spgot. von ähnlichem Habitus wie die K. in Freiberg, Annaberg, Pirna, nur schmäler in den Sschiffen (eine Folge der beibehaltenen rom. Grundmauern). Das Prinzip der einheitlichen Decke [pg 69] besonders konsequent durchgeführt; die Gurtrippen fehlen ganz. Empore nur im nördl. Ssch. Außerhalb der westl. Stirnmauer eine Vorhalle und über ihr zwei, nur bis zur Schiffshöhe ausgeführte Türme. Über der kleinen Tür des nördl. Ssch. erhebt sich in voller Höhe der Wand eine eigentümliche plastische Dekoration, bez. 1525. Sie ahmt ein Baugerüst von rohen Stämmen nach; die Äste teils gekappt, teils miteinander verschlungen; die zwischen ihnen liegenden Wandfelder mit Statuen ausgesetzt. Zuunterst Löwen; darüber, in Höhe der Türgewände, der Kaiser Lothar und die Kaiserin Richenza als Stifter; im folgenden Geschoß die Maria und 4 Heilige, im dritten die Trinität und Engel. Neben der »schönen Pforte« in Annaberg die wertvollste plastische Leistung dieser Zeit und Landschaft. Die Körperbildung hat Wucht und Würde, die Behandlung des Fleisches ist weich und breit, die Gewandung erinnert an die Würzburger und noch mehr an die Mainzer Schule; eventuell Vermittlung durch den Backofenschüler in Halle. — Im Innern die aus einem einzigen Stamm geschnitzte Gruppe der Stäupung Christi; die gegenständliche Auffassung grell naturalistisch, die künstlerische Behandlung nicht ohne Feinheit, nahe verwandt der Tulpenkanzel im Freiberger Dom. [Die schöne Sandsteinkanzel. Fr. Renss. 1538, jetzt im Museum.]

Kloster. Wenige Reste erhalten: ein Maßwerkgiebel in Backstein E. 15. Jh., dekorative Bruchstücke von einem Bau des Kf. Moritz.

Jakobi-K. 15. Jh.; vom Bau des 13. nichts erhalten. — Hallenkirche von 4 Jochen, Sschiffe mit 8Eckschluß, der Hauptchor zu einer 3sch. Anlage mit 7/10 Umgang erweitert. Turm isoliert in südwestl. Richtung. — [Heiliges Grab aus Holz geschnitzt von Georg Johann Kil 1480; es ist 2,75 m l., 1,25 m br., 3,45 m h. und baut sich zweigeschossig in Form einer Laube auf; in den 8 Nischen des niedrigen Untergeschosses je ein schlafender Wächter; im Obergeschoß der Leichnam Christi; draußen vor den 8 Bogenöffnungen (je 3 an den Langseiten und 1 an den Schmalseiten) standen auf Konsolen ebensoviel Leidtragende (Joseph von Arimathia, Nikodemus usw.); die Gesamtanordnung also vergleichbar dem Sebaldusgrab P. Vischers. Das Figürliche derb handwerksmäßig, das Architektonische mit seinen geschmeidigen Maßwerkformen in seiner Art vortrefflich. Das stark beschädigte und mehrerer Figuren beraubte Werk jetzt im Museum des Chemnitzer Geschichtsvereins; ebenda noch andere aus der Jakobi-K. stammende Kunstwerke.] [Flügelgemälde des abgebrochenen Hochaltars aus A. 16. Jh. im Museum.] Auch der an seine [pg 70] Stelle getretene Bar.-Altar entfernt; seine Gemälde, von A. F. Oeser, jetzt in der Sakristei. — 2 Abendmahlskannen 1663, Augsburger Arbeit.

Johannis-K. Erster Bau 1254, zweiter A. 16. Jh., nach Zerstörung 1547 erneuert 1565; ohne archit. Interesse. Portal mit ähnlicher Umrahmung von Astwerk wie das der Schloß-K.; im Mittel Relief mit der Auferstehung der Toten nach Hesekiel c. 37; darüber ein zweites mit dem Jüngsten Gericht. — Kanzel 1721 aus dem spgot. Altarwerk zusammengesetzt. — Taufstein, am Fuße betende Kinderfiguren (vgl. Annaberg; das Motiv erhält sich bis A. 17. Jh., s. Weißbach AH Flöha).

S. Pauli-K. 1760. Altarbau von reicher Archit., steinerne Freifiguren der beiden Johannes, Gemälde v. Ch. W. E. Dietrich.

Rathaus ursp. 1496, durch öftere Brände beschädigt; in einigen Räumen Einzelheiten aus Fr.Renss.

Wohnhäuser. Durch den Stadtbrand im 30jähr. Kriege und andere im 18. Jh. viel zerstört. Die Überreste zeigen, daß Chemnitz eine reiche Fr.Renss. der lombardischen Richtung besaß. Das Portal im Hofe der inneren Klosterstr. no 8 bez. 1542, in der Figur des guten Hirten Anklang an den Hallenser Backofenschüler (vgl. Portal der Schloß-K.). Sehr gut das Portal Markt no 15 bez. 1559.

Altertümersammlung im König-Alberts-Museum.