Auf der großen Treppe zum Oberland auf Helgoland. (Siehe das Bild auf Seite 625.)

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1895
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Nordseeinsel, Helgoland, Leuchtturm, Badegäste, Oberland, Unterland
Seitdem die kleine Nordseeinsel Helgoland wieder in deutschen Besitz gekommen ist, hat sie entschieden in jeder Hinsicht gewonnen. Nicht allein, dass die Zahl der Badegäste jährlich wächst, nein, es wird diesen auch mehr Bequemlichkeit und Unterhaltung geboten, als früher. Am Strande, dem sogenannten Unterland, erhebt sich die neue, gut eingerichtete Schwimm- und Badeanstalt, welche besonders an stürmischen Tagen, wenn die Überfahrt nach der Badedüne nicht ratsam ist, stark besucht wird; und an Stelle des früheren Strandpavillons hat man ein neues Kurhaus errichtet, das für die Vereinigung der Gäste den willkommenen Mittelpunkt abgibt. Der Verkehr mit dem Oberlande, jener roten 68 Meter hoch aus dem Meere aufsteigenden Klippe, welche nebst dem flachen vorgelagerten Strande die ganze Insel ausmacht, wird durch eine breite, bequeme Treppe von 190 Stufen vermittelt. Die ganz Bequemen befördert der daneben angebrachte Fahrstuhl mühelos auf die Höhe.

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Unser Bild auf S. 625 versetzt den Beschauer auf den mittleren Absatz der Treppe; man sieht von dort herab auf die kleinen Logierhäuschen des Unterlandes, das Meer mit den Fischerbooten und einen am Horizont hinziehenden Dampfer; gerade im Mittelgründe steigt der durch Dampfkraft bewegte Aufzug empor. Aus der großen Treppe herrscht tagsüber reges Leben. Wer oben im Dorfe wohnt, muss des Badens und der Unterhaltung wegen hinab; wer unten logiert, steigt hinauf, um auf dein Falm längs der Klippen oder in der Kartoffelallee, die das Oberland in der Mitte durchschneidet, einen Spaziergang zu machen bis zum Leuchtturm oder zum Nathurnstak, von wo aus man großartige Aussichten auf das ewig bewegte, nach allen Seiten sich endlos dehnende Meer hat. Von den deutscherseits auf dem Oberlande angebrachten Festungswerken gewahrt man fast nichts, da sie unterirdisch angelegt sind; dagegen trifft man häufig genug Leute von der Besatzung an, die aus 60 Mann Marineartillerie besteht. Einen scharfen Gegensatz zu den lebhaft umherschwärmenden Badegästen bilden die Helgoländer, die am Strande, auf der Treppe oder am Falm tagelang herumfaulenzen, falls sie nicht als Lotsen, Fischer oder Schiffer gerade in Anspruch genommen sind, wo sie dann auch wieder Tage und Nächte hindurch angestrengt tätig sein können. Übrigens haben diese biederen Insulaner gar nichts Urwüchsiges mehr, sondern verstehen sich auf das Fremdengeschäft wie ein moderner Gastwirt.

Auf der großen Treppe zum Oberland auf Helgoland

Auf der großen Treppe zum Oberland auf Helgoland