Badenweiler - im Oberrheinkreis des Großherzogstums Baden

Badenweiler, 1425' ü. M., am Fuß des Blauen (3589'), im Oberrheinkreise des Grossherzogtums Baden, eine Stunde östlich von der Eisenbahnstation Müllheim, wo der „Markgräfler“ wächst, enthält eine indifferente Quelle von 19 bis 22“ R., welche als Bad wie zum Trinken ziemlich häufig benutzt wird; von Pfäfers, mit dem man sie verglichen hat, unterscheidet sie sich nicht nur durch die Qualität ihrer Bestandtheile (erdige Salze), sondern noch vielmehr durch die um acht Grade mindere Temperatur. Merkwürdig aber ist Badenweiler durch die im Jahre 1784 aufgefundenen Ruinen eines großartigen Römerbades, das in seiner ganzen Ausdehnung auf 354' Länge angegeben wird. Die Badebecken sind noch wohl erhalten und aus den Einrichtungen scheint hervorzugehen, dass man sich bei ihrem Gebrauche keiner künstlichen Erwärmung bedient habe. Es ist die Frage, ob sich mit Wahrscheinlichkeit nachweisen lässt, dass die Benutzer dieser Bäder wirklich in einer so niedrigen Temperatur, als Badenweiler jetzt zeigt, badeten, oder ob man nicht vielmehr auf eine Abkühlung der Thermen schließen soll. Nächst diesen interessanten Ruinen ist die Aussicht von den ansehnlichen Trümmern des alten Schlosses auf das Rheintal und die Vogesen berühmt, ausgedehnter von Schloss Bürgeln, zwei Stunden südlich, noch grossartiger aher, besonders auf Schwarzwald, Vogesen, Jura und Alpen, von dem im Süden und Westen von keinem vorliegenden Berge bedeckten Hochblauen, den man in zwei Stunden bequem ersteigt.

Vortreffliche Dienste leistet Badenweiler:


1) beim chronischen Bronchialkatarrh;

2) beim chronischen Magenkatarrh;

3) bei anämischen Zuständen jeder Art, und insofern bei Ausschlägen, Stockungen, gichtischen und rheumatischen Beschwerden.

Die Badeeinrichtungen in dieser „Perle des Breisgaus“ sind unvollkommen, die Molken aber vortrefflich. Wahrlich, wer unter dem Geräusch des modernen Reiselebens das Bedürfnis nach stillem Naturgenuss, nach Sammlung und Vertiefung auf einem schönen Fleckchen Erde mit erneuter Stärke in sich erwachen fühlt, dem bieten die Thäler des württembergischen wie des badischen Schwarzwaldes, ausserhalb der Eisenbahn gelegen und doch von dieser sowohl als mit der Post sehr leicht zu erreichen, mannigfache Befriedigung. Denn „unter'm Schattendach denkt die Seele nach, wird auch fröhlich und gesund dabei.“

An einer der schönstgelegenen, ruhigsten und heitersten Stellen des Weilerthales, in Oberweiler hat Frau Henriette Venedey, Gattin Jakob Venedey's, ein Rast- und Pflegehaus errichtet, in welchem bequeme und gesunde Wohnungen, gute Beköstigung und Bedienung für 5 Franken Pension per Tag geboten werden: dieselben warmen Quellen wie in Badenweiler; gutes kaltes Wasser; milde Temperatur, geschützt gegen Nord- und Ostwinde; die Nähe von Badenweiler (auf 10 Minuten) mit seiner Geselligkeit nebst den herrlichen Ausflügen; die Stille des Dörfchens Oberweiler; im Sommer Wasser-, Milch- und Molkenkur; im Herbst Traubenkur; — Ruhe und Erholung für Kranke, Genesende und Gesunde.

„Insbesondere vortheilhaft wird die Kur in Badenweiler denjenigen sein, bei welchen der chronische Lungenkatarrh durch die nachteiligen Einflüsse der Bodenbeschaffenheit ihrer Wohnorte entstanden ist“: so Professor Wolff in seiner lehrreichen Skizze und Kritik „Badenweiler“ (Deutsche Klinik 1862, No. 48 und 49). Er hebt den äußerst vorteilhaften Eindruck auf das Gedeihen der Kinder hervor. Dann kommt er auf seine Betrachtungen über die diätetische Pflege in den Bädern von 1857 zurück, die leider die durch ihre Veröffentlichung beabsichtigte Wirkung, den alten Schlendrian zu brechen, nicht gehabt haben. „Denn die Luft allein tut es nicht; soll sie in den Bungen den letzten Akt der Blutbereitung regelrecht vollbringen, so muss sie in diesen ein gesundes Blut vorfinden, wie es nur durch entsprechende Nahrung und ungestörte Verdauung beschafft werden kann.“