Baden im Kanton Aargau - der älteste und bedeutendste Badeort der Schweiz

Baden im Kanton Aargau, der dritte Kurort dieses Namens par excellence. Er hat mit den vorigen gemeinschaftlich das griechische Kriterium „Therma“ (thermos, thalamus, Teplitz) und die alte Bekanntschaft der Römer. — Wenn wir von Zürich das grüne Limmatthal hinunterdampfen, wo uns die schmale Juraspalte aufnimmt, durch welche die reissende Limmat sich Bahn gebrochen hat, erreichen wir in 40 Minuten das alterthümliche Städtchen Baden: 1080' ü. M., in einem von Rebenhügeln umkränzten Thale der älteste und bedeutendste Badeort der Schweiz (20 bis 30.000 Gäste und Durchreisende bei 3.000 Einwohnern), wo bereits Julius Caesar das Castellum Thermarum errichten liess, den Tacitus angenehm und seiner heilsamen Wasser wegen besucht nennt. In der That, diese Thermopolis oder Vieus Thermarum hat eine grosse Geschichte, denn sie nahm im 14. und 15. Jahrhundert, wo sie die Zügellosigkeit des Konstanzer Konzils fortsetzen half, die Stelle des heutigen Baden-Baden ein. Die Quellen, unfern des Bahnhofes und 15 Minuten nördlich von der Stadt, Wessen Aquae Verbigenae oder Thermae Helveticae. Später kam Baden unter die Herrschaft der Alemannen und Franken, dann unter die der Grafen von Kyburg und Lenzburg, im 13. Jahrhundert endlich unter die der Herzöge von Oesterreich. Die ansehnlichen Trümmer der 1712 zerstörten Festung, der „Stein zu Baden“, wo Oesterreich seine Streitkräfte gegen die Eidgenossen vereinigte, überragenvdas Städtchen. Die umliegenden Berge bestehen aus dichtem Kalkstein, der 3030' hohe Lägerberg, der östlichste Zweig des Jura, aus Gips und Mergel.

Die überaus wasserreichen 19 Thermalquellen von 40 bis 37° R. haben salzigen Geschmack und hepatischen Geruch nach Hühnerbrühe, ihren festen Bestandteilen (33 Gran im Pfunde) entsprechend: schwefelsaurer Kalk (10,860) und salzsaures Natron (13,042), demnächst Bittersalz (2,442) Glaubersalz (2,288) und kohlensaurer Kalk (2,599); das Schwefelwasserstoffgas findet sich in verschiedenem Verhältniss vor, in sämmtlichen Quellen aber nur schwach an das Wasser gebunden.


Diese erdig-salinische Schwefeltherme — richtiger „Kochsalztherme“ — regt insonders die Haut-, Schleimhaut- und Nierenthätigkeit an. Man gebraucht sie als Getränk und Bad — Bassinbäder.'z. B. im Frei- und Verenabad, Familienkästen und Einzelbäder, z. B. im Hinterhof und Staadhof —, als Klystir und Umschlag, Dampf- und Douchebad (fallend und steigend), als Gasdampfbäder, Gasdampfdouchen und Inhalationen. Man verweilt eine bis drei, bis sechs Stunden im Bade, vor welchem und in welchem das Schröpfen
dergestalt Mode war, dass zu jedem Badhof ein besonderer „Bader“ gehörte, der alljährlich von neuem in Eid und Pflicht genommen wurde. Die kontinuierlichen Bäder rufen Emotionen mancherlei Art hervor, auf der Haut den Badeausschlag, welchem die Dauer und Temperatur anzupassen ist, wie reciprok ihn Temperatur und Dauer der Bäder bedingte. Er ist allermeist Medizinalsymptom (verschont daher Hände, Hals und Gesicht) und, wiewohl von vortheilhafter Rückwirkung auf die Krankheit, zu deren Heilung keineswegs erforderlich.

Hilfreich zeigte sich Baden:

1) in Gicht und Rheumatismus, seien es Stockungen, Verhärtungen, Geschwülste, Knoten oder Lähmungen und Verkrümmungen.

2) Gegen chronische Leiden der Brust: Heiserkeit, Husten, Schleimflüsse, Asthma.

3) Bei Stockungen im Uterinsystem mit krampfhaften Beschwerden komplizirt; selbst in der Unfruchtbarkeit hat es sich einen gleichen Ruf wie Ems erworben: nulla in orbe terrarum balnea ad foecunditatem mulierum magis sunt accommodata, schreibt 1416 Poggio Bracciolini; was gleich den Erfolgen jener „Bubenquelle“ auch anders übersetzt werden kann.

4) Bei chronischen Hautausschlägen und Geschwüren, bei Narben und im Schmerzgefühl nach Verletzungen. Ueberhaupt bietet das gesunde Klima und die pittoreske Umgebung einen zu Stärkung und Erholung geeigneten Aufenthalt.

Einen Rivalen haben die Badener Quellen in den zwei Stunden entfernten Schwefelthermen von Schinznach — eine Stunde vom Dorfe und eine halbe von der habsburgischen Stammveste, daher auch Habsburger Bad genannt — am rechten Ufer- der Aar und am Fuße des Wülpelsberges, mit geringerer Wärme (28 bis 26° R.) und weniger festen Teilen, aber reicher an Schwefelwasserstoffgas.