Der weinende Trinker, von Simrock

          Gegen das zu frühe Lesen der Trauben.

Als Anno elf gekeltert war,
Schien noch die Sonne heiß und klar.


Die Sonne schien so klar und heiß,
Vor seiner Türe weint ein Greis,

Hielt in der Hand ein Glas mit Wein,
Und helle Tränen tropften drein.

,,Was weinst du, guter alter Mann?
Hat dir ein Feind zu nah getan?“

„,,Zu nah' getan hat mir kein Feind;
Ich weine, weil die Sonne scheint.““

„Wie sprichst du kindisch, unbedacht,
Wer weint denn, wenn die Sonne lacht?“

„„Auch wein' ich, weil der Wein so gut,
Gar köstlich schmeckt dies Traubenblut.““

„So bist du, Alter, nicht bei Trost.
Wer wäre gutem Wein erboßt?

Am guten Wein und Sonnenschein
Soll man von Herzen fröhlich sein.“

Darauf der Alte schluchzend spricht:
„„Das, lieber Freund, versteht ihr nicht.

Wie würd' erst dieser Wein so gut,
Wenn er noch hing in solcher Glut!

Dass wir zu früh gelesen han,
Darüber wein' ich alter Mann,““

Simrock.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2