Des alten Pachters Morgengruß, von Robert Burns
an seine alte Stute Grethe, als er ihr die gewöhnliche Kornricke zum Neujahrsgeschenke brachte.
Zum Neujahr wünsch' ich dir viel Glück,
Mein Tier, hier hast du deine Rick'!
Zwar bist du spathig, lahm und wirsch,
Doch war ein Tag,
Da sprangst du wie ein junger Hirsch
Flink über'n Hag.
Jetzt bist du schläfrig, matt und greis,
Und dein alt Fell wie Maslieb weiß;
Doch warst du scheckig, schmuck und glatt,
Ein netter Grauer;
Wer einmal Tags gespornt dich hat,
Dem wurd' es sauer.
Du warst ein Pferd vom ersten Rang,
Stark, kräftig, wohlgebaut und schlank;
Kein bess'rer Schenkel konnte traben
Auf Straß' und Rain;
Du flogest über jeden Graben
Wie'n Vögelein.
'S ist neunundzwauzig Jahr nun her,
Da warst du meines Schwähers Mähr;
Er gab mir dich zum Brautschatz drein
Von funfzig Mark;
'S war wenig, doch mit Ehren sein,
Und du warst stark.
Als ich zuerst um Hannchen freit',
Liefst du noch an der Mutter Seit',
Zwar eine neckische, schlaue Brut,
Doch niemals zerrisch;
Viel eher ruhig, zahm und gut
Und pudelnärrisch.
Wie stattlich ging den Tag dein Schritt,
Als meine holde Braut dich ritt,
Die gar so lieb und ungeziert
Zu Pferde war!
Ganz Kyle hab' ich umsonst durchspürt
Nach solchem Paar.
Zwar humpelst jetzt du nur mit Not
Und wackelst wie ein Salmenboot;
Den Tag warst du ein edles Tier,
Voll Lust und Leben,
Und ließ'st die andern hinter dir
Keuchen und beben.
Als wir noch Beide stark und jung,
Und Markttags säumt' die Fütterung,
Wie bäumt'st du dich und wiehert'st dann
Durch alle Straßen!
Die Städter wagten sich nicht 'ran,
Du schienst zu rasen.
Warst du gefüttert und ich voll,
Dann ging's nach Haus wie blind und toll;
Bei Hochzeitrennen um den Kranz
Gab's keinen Gleichen.
Wo du warst, musste jeder Schwanz
Besiegt dir weichen.
Der Jäger kreuzgebroch'ne Fliegen —
Auf Kurzbahn mögen sie wohl siegen;
Doch auf sechs Meilen nimmst du's auf
Und läßt sie keuchen,
Und brauchst nicht Peitsch' und Sporn zum Lauf,
Schon Gerten reichen.
Als Handpferd warst du auch so brav,
Wie jemals eins im Zug ich traf:
Oft haben wir im März vergnügt,
Wenn's grad d'ran lag,
Sechs Ruten eines Weg's gepflügt
Manch' lieben Tag.
Nie sprangst und schlugst und bäumt'st du, nein,
Du zogst den Schweif gar trotzig ein
Und warfst dich in die volle Brust
Mit aller Macht,
Bis überstürzt' die böse Krust'
Und ächzend kracht.
Hielt Frost und Schnee sich lang, und schien
Die Arbeit sich hinauszuzieh'n,
Dann gab ich dir manch' schmal Gericht
In deine Krippe;
Denn du, das wüßt' ich, schliefst drum nicht
Und hingst die Lippe.
Am Wagen ruht'st du nie im Lauf,
Die steilsten Hügel ging's hinauf;
Auch sprangst und rannt'st du nicht, um dann
Lang zu verschnaufen;
Nein, stetig ging dein Schritt hinan
In gleichem Laufen.
Nun stammt von dir mein ganz Gespann,
Vier schmucke Tier', wie's geben kann;
Und sechs hab' ich verkauft, die du
Mit Milch genährt,
Für dreizehn Pfund und 'was dazu
Das schlechtste Pferd.
Manch' Tagwerk haben wir bestellt
Im Kampfe mit der argen Welt!
Manch' schlimmen Tag dacht' ich, wir wären
Verloren nun;
Doch wurden drum wir alt mit Ehren
Und voll die Truh'n.
Denk' nicht, mein altes treues Tier,
Jetzt, seit du minder nützlich mir,
Der Hunger ende wohl dein Alter;
Nein, volles Maß
Bewahr ich dir vom letzten Malter,
Bis ich erblass'.
Wir war'n uns treu in jungen Jahren,
Wir wollen's auch mit grauen Haaren;
Und sorglich will ich deinen Strick
Im Geheg anbinden,
Da füll' den Wanst dir dudeldick,
's ist leicht zu finden.
Robert Burns.
Zum Neujahr wünsch' ich dir viel Glück,
Mein Tier, hier hast du deine Rick'!
Zwar bist du spathig, lahm und wirsch,
Doch war ein Tag,
Da sprangst du wie ein junger Hirsch
Flink über'n Hag.
Jetzt bist du schläfrig, matt und greis,
Und dein alt Fell wie Maslieb weiß;
Doch warst du scheckig, schmuck und glatt,
Ein netter Grauer;
Wer einmal Tags gespornt dich hat,
Dem wurd' es sauer.
Du warst ein Pferd vom ersten Rang,
Stark, kräftig, wohlgebaut und schlank;
Kein bess'rer Schenkel konnte traben
Auf Straß' und Rain;
Du flogest über jeden Graben
Wie'n Vögelein.
'S ist neunundzwauzig Jahr nun her,
Da warst du meines Schwähers Mähr;
Er gab mir dich zum Brautschatz drein
Von funfzig Mark;
'S war wenig, doch mit Ehren sein,
Und du warst stark.
Als ich zuerst um Hannchen freit',
Liefst du noch an der Mutter Seit',
Zwar eine neckische, schlaue Brut,
Doch niemals zerrisch;
Viel eher ruhig, zahm und gut
Und pudelnärrisch.
Wie stattlich ging den Tag dein Schritt,
Als meine holde Braut dich ritt,
Die gar so lieb und ungeziert
Zu Pferde war!
Ganz Kyle hab' ich umsonst durchspürt
Nach solchem Paar.
Zwar humpelst jetzt du nur mit Not
Und wackelst wie ein Salmenboot;
Den Tag warst du ein edles Tier,
Voll Lust und Leben,
Und ließ'st die andern hinter dir
Keuchen und beben.
Als wir noch Beide stark und jung,
Und Markttags säumt' die Fütterung,
Wie bäumt'st du dich und wiehert'st dann
Durch alle Straßen!
Die Städter wagten sich nicht 'ran,
Du schienst zu rasen.
Warst du gefüttert und ich voll,
Dann ging's nach Haus wie blind und toll;
Bei Hochzeitrennen um den Kranz
Gab's keinen Gleichen.
Wo du warst, musste jeder Schwanz
Besiegt dir weichen.
Der Jäger kreuzgebroch'ne Fliegen —
Auf Kurzbahn mögen sie wohl siegen;
Doch auf sechs Meilen nimmst du's auf
Und läßt sie keuchen,
Und brauchst nicht Peitsch' und Sporn zum Lauf,
Schon Gerten reichen.
Als Handpferd warst du auch so brav,
Wie jemals eins im Zug ich traf:
Oft haben wir im März vergnügt,
Wenn's grad d'ran lag,
Sechs Ruten eines Weg's gepflügt
Manch' lieben Tag.
Nie sprangst und schlugst und bäumt'st du, nein,
Du zogst den Schweif gar trotzig ein
Und warfst dich in die volle Brust
Mit aller Macht,
Bis überstürzt' die böse Krust'
Und ächzend kracht.
Hielt Frost und Schnee sich lang, und schien
Die Arbeit sich hinauszuzieh'n,
Dann gab ich dir manch' schmal Gericht
In deine Krippe;
Denn du, das wüßt' ich, schliefst drum nicht
Und hingst die Lippe.
Am Wagen ruht'st du nie im Lauf,
Die steilsten Hügel ging's hinauf;
Auch sprangst und rannt'st du nicht, um dann
Lang zu verschnaufen;
Nein, stetig ging dein Schritt hinan
In gleichem Laufen.
Nun stammt von dir mein ganz Gespann,
Vier schmucke Tier', wie's geben kann;
Und sechs hab' ich verkauft, die du
Mit Milch genährt,
Für dreizehn Pfund und 'was dazu
Das schlechtste Pferd.
Manch' Tagwerk haben wir bestellt
Im Kampfe mit der argen Welt!
Manch' schlimmen Tag dacht' ich, wir wären
Verloren nun;
Doch wurden drum wir alt mit Ehren
Und voll die Truh'n.
Denk' nicht, mein altes treues Tier,
Jetzt, seit du minder nützlich mir,
Der Hunger ende wohl dein Alter;
Nein, volles Maß
Bewahr ich dir vom letzten Malter,
Bis ich erblass'.
Wir war'n uns treu in jungen Jahren,
Wir wollen's auch mit grauen Haaren;
Und sorglich will ich deinen Strick
Im Geheg anbinden,
Da füll' den Wanst dir dudeldick,
's ist leicht zu finden.
Robert Burns.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2