Das Schaf, von Brockes

Von allen Tieren in dem Tierreich wird fast kein einziges gefunden,
In welchem, zu des Menschen Besten, so gar viel Nützliches verbunden,
Als in den sanft und frommen Schasen. Es nützt von dem, was an ihm ist,
Ein jedes Glied und alle Teile: das Fleisch, die Milch, die Haut, die Klauen,
Die Wolle, die Gedärme, Knochen, die Hörner, ja sogar der Mist.
Es speist und tränket uns das Schaf, es kleidet uns. Die Länder bauen,
Verspüren durch dies holde Tier, zumal durch seine Fruchtbarkeit,
Verschiednen Segen, werden reich, und auf verschiedne Art erfreut.
Es zeigt die alt' und neue Zeit, wie mancher Nutz aus Schafen sprieße,
Und scheint daher das Sprichwort wahr: es hab' ein Schäfchen güldne Füße.
Ja, wenn ich es recht überlege, so scheint an diesem Tier allein
Sein Körperlichs nicht nur zu Nutzen, es scheint sogar des Geistes Wesen
Zu einem Sinnbild holder Sanftmuth und der Geduld für uns erlesen,
Und dies Tier ein belehrend Tier, ein Bild der Frömmigkeit, zu sein.
Wer etwa meint, dies sei zu viel, der darf nur Hirtenlieder lesen;
Man wird befinden, dass sogar durch Bilder von der Schäferei
Man froh und gleichsam ruhig werde, und inniglich gerühret sei.
So lasst uns denn in diesem Tier des Schöpfers Huld besonders sehen,
Ihm danken, und in unsrer Lust des Gebers Lieb und Macht erhöhen!

Brockes.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2