Das Rindvieh, von Brockes

Nun ist nötig, wie Erwägung, auch das Rindvieh zu beseh'n,
Welches ohne Preis und Dank unsers Schöpfers nicht gescheh'n
Noch betrachtet werden sollte; weil es recht insonderheit
Uns zu dienen und zu nähren fast vor allem Vieh bereit
Und uns zugegeben scheinet. Nach der Ordnung teilt man sie
(Außer wilden Auren, Büffeln) ein in Ochsen, Kälber, Küh'.
Dass so groß und starken Tieren ein so sanft und zahmer Geist
Uns zum Besten eingeflößt; dass sie nicht den Menschen scheuen,
Wie die Tiere, welche schädlich; sondern gleichsam sein sich freuen.
Und gesellig bei uns bleiben: dieses offenbart und weist
Mehr, als man es leider achtet, eine Vorsicht. Sie zu zähmen
Würd' uns sonst unmöglich fallen, da sie sich von selbst bequemen,
Und uns todt und lebend dienen. Sie gebrauchen schlechtes Futter,
Das von selbst im Sommer wächst, sonder Arbeit, ohne Müh',
Und, im Winter dürr, sie nähret, da sie uns doch Milch und Butter,
Käs' und Rahm in Menge geben. Man sieht Ochsen pflügen, zieh'n,
Und da sie die Erde bauen, sich allein für uns bemüh'n,
Da sie uns zur Düngung noch auch den fetten Mist gewähren,
Bis sie, wenn wir sie nun schlachten, selbst mit ihrem Fleisch uns nähren;
Welches fast von allen Speisen am gesündesten wird geschätzt,
Da es, außer dass es nahrsam, im Geschmack uns so ergötzt,
Dass man's täglich essen kann, denn es wird uns nie zuwider;
Und dass es auf viele Weise uns noch könne nützlich sein,
Auch dabei sehr lange währen, räuchert man es, salzt es ein.
Ja man braucht von diesen Tieren uns zum Nutzen alle Glieder,
Aus den Hörnern macht man Kämme, Pulverflaschen, Messerheften,
Löffel, Dosen, Schreibzeug, Büchslein, zu so mancherlei Geschäften;
Zu Tabak und andern Dingen, Knöpfen und Laternenscheiben,
Pfeifen, Röhren, dass von allen kaum die Menge zu beschreiben.
Aus den Knochen gleicherweise, woraus man noch überdem
Das beliebte Beinschwarz bringt, das den Malern so bequem.
Aus den Knorpeln und den Nerven wird der zähe Leim gemacht,
Was wird nicht aus ihren Häuten für ein Nutz herausgebracht?
Aus dem Unschlitt macht man Lichter und auch Seife. Ia das Haar
Dienet nicht den Gerbern nur, nein, zur Düngung auch sogar.
Nichts ist besser, als das Mark, für geschwächte Nerv' und Sehnen,
Sie zur Schmeidigkeit zu bringen, und sie wieder auszudehnen.
Ist denn für so vieles Gute, das uns Gott durch sie beschert,
Der, so sie für uns erschaffen, keines Dank's und Lobes wert?

Brockes.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Lust, Lob und Trost der edlen Landwirtschaft. Teil 2